GUARDIANS - Der Verlust. Caledonia Fan

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wie aus einem Comic oder einem Fantasyfilm", meinte einer der jüngeren Schüler belustigt.

      "Oh, er hat den Namen nach der Tat. Das erste Mal habe ich kurz nach dem Saint George's Day von ihm gehört, also vor vier, fünf Wochen. Inzwischen ranken sich die wildesten Stories um ihn. Sein Name kommt davon, dass er - wie schon gesagt - Begabten ihre Fähigkeit stehlen kann. Es ist bisher viermal vorgekommen, aber das sind nur die bekannten Fälle. Die Dunkelziffer ist wohl höher. Keiner der Betroffenen hat Anzeige erstattet. Was sollte er auch als gestohlen angeben? Und solange es von der Inneren Sicherheit nicht als kriminelle Aktivität betrachtet wird, ermittelt auch keiner", erklärte Trajan.

      "Aber wenn es keine Anzeigen gibt - woher wisst ihr dann davon?"

      Der Polizist zuckte mit den Schultern. "So etwas 'schweigt' sich herum. Einer erzählt es dem anderen und irgendwann erfahren auch wir es."

      Koll, der schwarzhaarige, wortkarge Ire, hatte sich in den zurückliegenden Jahren nicht verändert. Der Zweiund­zwanzigjährige überlegte noch immer erst gründlich, bevor er sprach. Nach Trajans Worten runzelte er die Stirn. "Wie macht der Kerl das?", wollte er wissen.

      "Vielleicht hat er selbst eine Gabe, die ihn dazu befähigt? Ich habe zwar noch nie von einer solchen gehört, aber es gibt sicher eine Menge Fähigkeiten, die wir noch nicht kennen", mutmaßte der Polizist. "Wir haben auch keine Ahnung, ob er es gezielt auf bestimmte Gaben abgesehen hat. Die bisher gestohlenen waren Giftimmunität, Wasseratmung, Elektrizität erzeugen und Schwingungen spüren. Und wie gesagt, da das Ganze bislang nicht als besorgniserregend angesehen wurde, ermittelt auch niemand deswegen."

      "Soll das heißen, er kann einfach so weitermachen?!" Hennak starrte ihn so empört an, als wäre die Tatenlosigkeit der Polizei dafür verantwortlich.

      Trajan grinste.

      "Ganz ruhig, Hennak", meinte Koll. "Ich denke, es wird genau so kommen, wie Trajan gesagt hat. Irgendwann wird einer klagen, weil einem Familienmitglied oder Freund die Fähigkeit gestohlen wurde. Besonders wenn diese dafür genutzt wurde, Geld in die Haushaltskasse zu spülen. Und wenn die Polizei an ihre Grenzen stößt, dann bekommen wir den Auftrag."

      "Oder wir bekommen ihn sofort", ergänzte Trajan, "denn es ist schwierig für die Polizei. Keiner der Bestohlenen kann beweisen, dass er je über eine Gabe verfügte. Es gibt weder Zeugen des Diebstahls noch Verdächtige und nicht einen einzigen brauchbaren Anhaltspunkt. Ich bin wirklich froh, dass ich kein Ermittler bin."

      "Hast du Sadik schon davon erzählt?", wollte Yonas wissen.

      "Nein. Meinst du, ich sollte es?"

      "Ich denke schon. Dann kann er sich schon mal ein wenig darauf vorbereiten, falls wir doch ins Spiel kommen."

      "Ich rede heute Abend mit ihm." Trajan erhob sich und dehnte die Schultern. "Erst geh ich noch eine Runde laufen vor dem Abendessen. Kommt jemand mit? Niemand? Dann los, Jais, auf geht's." Er sah den ehemaligen Teampartner auffordernd an.

      Obwohl der junge Däne bereits frisch geduscht war, schnürte er widerspruchslos seine Turnschuhe fester und schloss sich Trajan an, der schon einige Meter Vorsprung hatte.

      Wie immer schlug der Polizist die Richtung zum Wald ein. Es war seine Lieblingsstrecke. Sie führte über den Weg, den die Kameraden vor sechs Jahren als Fußpfad selbst geschlagen und später mit reichlich Mühe und Schweiß ausgebaut und befestigt hatten, bis hin zum See. Dort stand die Hütte, in der La'ith lebte, und gleich daneben war dessen Bruder begraben worden.

      Trajan legte an Ahmads Grab immer eine kurze Pause ein. Jais respektierte das und er lief jedes Mal einfach weiter, um dem Kameraden ein paar Minuten des Alleinseins zu ermöglichen, obwohl dieser ihn nie darum gebeten hatte. Die Strecke führte um den See herum zum Haupttor am Ende der Nordauffahrt. Bis dahin hatte Trajan ihn eingeholt. Wenn das dem Älteren noch nicht reichte, liefen sie weiter an der Straße entlang, um über das Osttor wieder auf das Grundstück zu kommen. Von dort ging es zu den Wirtschaftsgebäuden, vorbei am Gartenhäuschen und den drei Gedenksteinen und wieder zum Haus. Meistens waren sie pünktlich zurück, so dass sie duschen konnten, bevor der Gong zum Abendessen rief.

      Erst nach dem Abendessen war Tamira wieder dazugekommen, Informationen über Clarice im Netz zu suchen. Sie forschte akribisch, doch außer der Vermissten­anzeige war nichts zu finden.

      Tiana hatte gesagt, dass zwei weitere Elternpaare die Anmeldung ihrer Kinder von der Schule zurückgezogen hatten. Einer plötzlichen Eingebung folgend wies Tamira ihren Computer an, nach allem zu suchen, was im Internet über deren Sprösslinge zu finden war. Vielleicht gab es ja da etwas Auffälliges zu entdecken oder gar einen Zusammenhang.

      Sie begann mit der ältesten Meldung. Das ist wirklich interessant, dachte sie bei sich. Der zwölfjährige Junge aus Guatemala war ebenfalls als vermisst gemeldet worden, nachdem auch er vorher spurlos verschwunden war. Am fünften Mai, drei Tage später, fand man ihn. Unverletzt. Und bei Tian-Ti, dem Mädchen aus der Mongolei, lag der Fall genauso: Eine Vermisstenanzeige, aufgegeben nach ihrem Verschwinden, und auch sie wurde drei Tage nach der Entführung gefunden.

      "Jetzt wird es aber echt mysteriös", murmelte Tamira und legte die Stirn in tiefe Falten. Romaru, dem Jungen aus Guatemala, und Tian-Ti war dasselbe widerfahren wie Clarice. Die Entschuldigung von deren Eltern hatte mehr als fadenscheinig geklungen und ihr Wahrheitsgehalt durfte mit diesen neuen Erkenntnissen getrost angezweifelt werden.

      "Beide haben eine besondere Begabung und deshalb eine Einladung erhalten, hierher an die Schule zu kommen." Mechanisch trommelten die Finger ihrer rechten Hand auf die Maustasten. Sie konnte besser nachdenken, wenn sie ihre Gedanken laut aussprach.

      "Mit wem redest du?" Die Tür war aufgegangen und Tiana kam herein. Vorsichtig stellte sie Tamira eine randvolle Tasse Tee auf den Schreibtisch.

      Die antwortete nicht, denn sie studierte aufmerksam den Kalender, den sie auf ihrem Computerbildschirm vergrößert hatte.

      "Schau dir das mal an, sie sind genauso verschwunden gewesen", murmelte sie.

      "Wer denn?"

      "Oh danke." Genießerisch sog die Ältere den Duft ihres Lieblingsgetränkes ein, bevor sie antwortete.

      "Tian-Ti und Romaru", meinte sie nach dem ersten vorsichtigen Schluck.

      "Wirklich? Genau wie Clarice?" Tiana prüfte die Daten und nickte verblüfft. "Und ebenfalls nach drei Tagen wieder da … Ob das was zu bedeuten hat?"

      "Ich gehe mal davon aus, dass die Fälle in irgendeinem Zusammenhang stehen. Ansonsten wäre es schon ein außergewöhnlicher Zufall, oder?"

      "Sieht so aus."

      Tamira nickte mit gerunzelter Stirn. "Wenn ich richtig gerechnet habe, dann wäre morgen bei Clarice der dritte Tag. Kanada liegt neun Stunden zurück, also ist dort Morgen, wenn es bei uns schon früher Abend ist. Lass uns abwarten, ob sie da wieder auftaucht. Und wenn ja, dann wissen wir ganz genau, dass die Fälle zusammenhängen, denn das kann dann kein Zufall mehr sein." Sie schwieg einen Moment und überlegte. "Du hattest noch zwei Schüler erwähnt heute Mittag, erinnerst du dich?"

      "Ja", bestätigte Tiana, "doch bei denen stand die Aufnahme an der Schule noch nicht fest. Da ist eine Absage nicht unbedingt ungewöhnlich."

      "Gut", meinte Tamira, "dann werde ich morgen gleich nach dem Frühstück versuchen, Genaueres über die beiden rauszufinden. Lass uns hier Schluss machen und abwarten, was wir morgen Abend aus Kanada

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