GUARDIANS - Der Verlust. Caledonia Fan

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Clarices Namen und begann ungeduldig auf der Unterlippe zu kauen. Gleich das erste, was aufpoppte, war die Meldung, dass die vermisste Jugendliche auf demselben Rastplatz aufgefunden worden war, an dem ihr abgestellter Pick-up entdeckt wurde. Und zwar abends. Damit waren exakt drei Tage vergangen, auf die Stunde genau. Sie war unverletzt und es ging ihr gut. Weitere Einzelheiten gab es nicht.

      Tamira lehnte sich zurück, legte die Fingerspitzen aneinander und kaute auf ihrer Unterlippe. Leider ließen sich keine Angaben über den Grund von Clarices Verschwinden finden. War sie entführt worden oder ausgerissen?

      Sie nahm sich die anderen beiden Anzeigen mit den Meldungen, dass die vermissten Jugendlichen wieder zu Hause waren, noch einmal vor. Doch sie brachten keine neuen Erkenntnisse.

      Tamira begann aufzuschreiben, was sie bisher in Erfahrung bringen konnten. Drei Teenager, die eine besondere Fähigkeit besaßen und zur Aufnahme an ihrer Schule vorgesehen waren, verschwanden. Es gab keine Lösegeldforderungen. Die Familien meldeten sie als vermisst und drei Tage später tauchten sie unversehrt wieder auf. Das war alles.

      An der ganzen Sache war etwas faul, sie wusste nur nicht, was. Irgendetwas übersah sie.

      Sie nahm sich die Liste mit den Namen der geplanten Neuzugänge und prüfte sie. Doch es gab keinen Anhaltspunkt. Wonach suchte sie? Sollte sie auf den nächsten vermissten Schüler warten, um herauszufinden, ob das mysteriöse Zeitschema von drei Tagen beibehalten wurde?

      Beibehalten wurde?

      Das setzte die Aktion einer Person voraus und der Gedanke einer Entführung verfestigte sich immer mehr. Aber Tian-Ti lebte in der Mongolei, Romaru in Guatemala und Clarice in Kanada. Immense Entfernungen ohne jeglichen geografischen Zusammenhang.

      Es war zum Verrücktwerden.

      Pünktlich um acht hockten sie zu viert im Medienraum. Tiana setzte die Männer ins Bild, indem sie erklärte, auf was sie da gestoßen war und was Tamira inzwischen heraus­gefunden hatte.

      Sadik und La'ith lauschten aufmerksam und als sie fertig war, herrschte einen Moment Ruhe.

      "Das hört sich wirklich seltsam an", meinte der Teamchef. "Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden und diesem … Stealer?"

      "Anfangs dachten wir, dass jemand der Schule schaden will", erklärte Tamira, "aber obwohl wir nicht wissen, ob den Jugendlichen ihre Gabe gestohlen wurde, vermute ich, dass die beiden Sachen miteinander in Verbindung stehen. Die Eltern haben schließlich die Anmeldung für die Schule rückgängig gemacht, die logische Konsequenz, wenn der Sprössling keine Gabe mehr hat."

      Sie stand auf und schaltete den Computer ein. Nach wenigen Sekunden zeigte der große Hologrammbildschirm an der Wand des Medienzimmers eine Weltkarte.

      "Wir wissen von Romaru", sie setzte mit dem Zeigefinger einen farbigen Punkt in das Hologramm, "und wir wissen von Clarice", ein Punkt für Vancouver folgte. "Einer für …"

      "Tian-Ti", half die Freundin aus.

      "Richtig, aus der Mongolei. Ich mach den Punkt mal in die Hauptstadt. Das wären die drei potentiellen Schüler. Wer sind die bestohlenen Leute?"

      La'ith berichtete von zwei Personen aus Kuba, einem aus Mexiko und zweien aus Chile, und Tamira markierte die betreffenden Länder.

      "Und was hat Trajan gesagt? Von welchen Fällen hat er gehört?" Sadik wandte sich fragend zu La'ith um.

      Der zuckte die Schultern. "Er hat nichts Genaues geäußert. Aber wir können ihn ja fragen. Er müsste da sein."

      Im selben Moment, wie Sadik sein Handy hervorholte, um Trajan anzurufen, klingelte das von Tamira.

      Einen Augenblick lauschte sie, bevor sie langsam aufstand und zur Tür ging. "Si, Señora Vermosa", konnten die anderen noch hören, dann war sie verschwunden.

      Verwundert runzelte Tiana die Stirn. Nanita Vermosa war die Mutter von Romaru, dem Jungen aus Guatemala. Was konnte sie wollen?

      "Trajan kommt." Sadik steckte sein Handy weg. "Wir warten so lange, Tamira telefoniert ja auch."

      "Sie hat Romarus Mutter am Telefon", erklärte Tiana.

      Minuten später kündigten Schritte im Korridor die Ankunft ihres Bruders an. Die Tür wurde geöffnet und der Polizist kam herein. Er umarmte kurz seine ein Jahr ältere Schwester, die er um einen ganzen Kopf überragte. Mit den Männern tauschte er den unter den Guardians üblichen Fauststoß gegen die Schulter.

      "Mit wem telefoniert denn Tamira auf Spanisch?", fragte er und deutete mit dem Daumen zur Tür.

      "Mit der Mutter von einem Jungen, der für die Aufnahme am Internat vorgesehen war."

      Sadik wollte Trajan eben erklären, warum sie hier zusammensaßen, da kam Tamira wieder herein. Ihr Gesicht zeigte, dass es Neuigkeiten gab.

      "Das war die Mutter von Romaru. Sie hat mich heimlich von einem Laden in ihrem Dorf aus angerufen, weil ihr Mann es ihr verboten hat. Eigentlich wollte sie sich nur noch einmal entschuldigen, dass Romaru nicht kommen wird. Aber als ich sie fragte, wie es ihm geht und ob alles in Ordnung ist mit ihm, da fing sie plötzlich an zu weinen und konnte sich gar nicht beruhigen. Sie dürfe mit niemandem darüber sprechen, meinte sie, aber sie müsse es einfach jemandem erzählen. Romaru kann sich nämlich an nichts erinnern. Alles, was vor dem Ereignis war, ist aus seinem Kopf ausradiert und seine Gabe ist weg. Komplett. Er weiß nicht mal mehr, dass er je eine hatte und dass sie ihm genommen wurde. Er weiß gar nichts mehr und er ist sehr unglücklich, denn er lebt in einer ihm unbekannten Welt und seine Familienmitglieder sind Fremde für ihn."

      "Autsch", entfuhr es Trajan.

      "Seine Gabe ist weg? Damit dürfte feststehen, dass es einen Zusammenhang gibt, oder?" Sadik verschränkte die Arme vor der Brust.

      "Amnesie?" La'ith hatte die Frage gestellt. "War das bei den anderen auch?"

      Der Chef wiegte den Kopf. "Keine Ahnung, aber möglich wäre es. Vielleicht verursacht der Gaben-Diebstahl Schäden am Gehirn oder zumindest am Verstand. Man müsste den Jungen mal sehen und untersuchen."

      "Dann fliegen wir hin und schauen ihn uns an." Tamira sagte das, als wäre es die einfachste Sache der Welt.

      "Was, nach Guatemala?", fragte Sadik verdutzt.

      "Ja!" Tiana nickte zustimmend. "Die Idee ist gut. Romarus Mutter wäre sicher dankbar."

      "Aber was wollt ihr denn dort machen?" Der Teamchef war nicht überzeugt. "Soweit ich weiß, ist keiner von euch Neurologe oder Gehirnchirurg."

      "Vielleicht ist der Gedächtnisverlust Ergebnis einer durch Hypnose erzeugten Blockade. Dann könnte ich sie eventuell lösen. Auch bei einer Amnesie kann man manchmal mittels Hypnose verschüttete Erinnerungen wecken." Tamira wurde immer aufgeregter, je mehr sie redete.

      "Was, wenn er nur nichts erzählen will - oder darf?", gab Trajan zu bedenken. "Vielleicht hat ihm jemand gedroht?"

      "Jemand?"

      "Na der Stealer eben. Er könnte doch Rache an Romarus Familie angedroht haben. Wie alt ist der Junge?"

      "Zwölf", antwortete seine Schwester. "Und wenn das so wäre, dann könnte ich ihn mit meiner Gabe zum

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