Die bekanntesten Theaterstücke. Heinrich von Kleist
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EUSTACHE:
Wärs möglich? Nein. – O Gott sei Dank! Das wäre
Ja selbst für einen Teufel fast zu boshaft.
RUPERT (zu den Dienern):
Ist noch der Graf zurück nicht vom Spaziergang?
EIN DIENER:
Nein, Herr.
RUPERT: Wo ist der Santing?
EIN DIENER: Bei der Leiche.
RUPERT:
Führ mich zu ihm. (Ab.)
EUSTACHE (ihm nach): Rupert! Rupert! O höre.
(Alle ab.)
Zweite Szene
Warwand Zimmer im Schlosse. Sylvester tritt auf, öffnet ein Fenster, und bleibt mit Zeichen einer tiefen Bewegung davor stehen. Gertrude tritt auf, und nähert sich ihm mit verdecktem Gesicht.
GERTRUDE:
Weißt du es?
AGNES (tritt auf, noch an der Tür halblaut):
Mutter! Mutter!
(Gertrude sieht sich um, Agnes nähert sich ihr.)
Weißt du die
Entsetzenstat? Jerome ist erschlagen.
(Gertrude gibt ihr ein bejahendes Zeichen.)
Weiß ers?
GERTRUDE (wendet sich zu Sylvester):
Sylvester!
SYLVESTER (ohne sich umzusehen):
Bist du es Gertrude?
GERTRUDE: Wenn
Ich wüßte, wie du jetzt gestimmt, viel hätt ich
Zu sagen dir.
SYLVESTER: Es ist ein trüber Tag
Mit Wind und Regen, viel Bewegung draußen. –
Es zieht ein unsichtbarer Geist, gewaltig,
Nach einer Richtung alles fort, den Staub,
Die Wolken, und die Wellen. –
GERTRUDE: Willst du mich,
Sylvester, hören?
SYLVESTER: Sehr beschäftigt mich
Dort jener Segel – siehst du ihn? Er schwankt
Gefährlich, übel ist sein Stand, er kann
Das Ufer nicht erreichen. –
GERTRUDE: Höre mich,
Sylvester, eine Nachricht hab ich dir
Zu sagen von Jerome.
SYLVESTER: Er, er ist
Hinüber – (Er wendet sich.) ich weiß alles.
GERTRUDE: Weißt dus? Nun
Was sagst du?
SYLVESTER: Wenig will ich sagen. Ist
Theistin noch nicht zurück?
GERTRUDE: So willst du nun
Den Krieg beginnen?
SYLVESTER: Kenn ich doch den Feind.
GERTRUDE:
Nun freilich wie die Sachen stehn, so mußt
Dus wohl. Hat er den Vetter hingerichtet,
Der schuldlos war, so wird er dich nicht schonen.
Die Zweige abzuhaun des ganzen Stammes,
Das ist sein überlegter Plan, damit
Das Mark ihm seinen Wipfel höher treibe.
SYLVESTER:
Den Edelen, der nicht einmal als Herold
Gekommen, der als Freund nur das Geschäft
Betrieb des Friedens, preiszugeben – ihn Um sich an mir zu rächen, preiszugeben Dem Volke. –
GERTRUDE: Nun doch, endlich wirst du ihn
Nicht mehr verkennen?
SYLVESTER: Ihn hab ich verkannt,
Jeronimus – hab ihn der Mitschuld heute
Geziehen, der sich heut für mich geopfert.
Denn wohl geahndet hat es ihm – mich hielt
Er ab, und ging doch selbst nach Rossitz, der
Nicht sichrer war, als ich. –
GERTRUDE: Konnt er denn anders?
Denn weil du Rupert stets mit blinder Neigung
Hast freigesprochen, ja sogar gezürnt,
Wenn man es nur gewagt ihm zu mißtraun,
So mußt er freilich zu ihm gehen. –
SYLVESTER: Nun,
Beruhge dich – fortan kein anderes
Gefühl als nur der Rache will ich kennen,
Und wie ich duldend, einer Wolke gleich
Ihm lange überm Haupt geschwebt, so fahr
Ich einem Blitze gleich jetzt über ihn.
THEISTINER (tritt auf):
Hier bin ich wieder, Herr, von meinem Zuge,
Und bringe gleich die fünf Vasallen mit.
SYLVESTER (wendet sich schnell):
Wo sind sie?
THEISTINER: Unten in dem Saale. Drei,
Der Manso, Vitina, Paratzin, haben
Auf ihren Kopf ein dreißig Männer gleich
Nach Warwand mitgebracht.