Die bekanntesten Theaterstücke. Heinrich von Kleist
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JOHANN:
Sie ist es.
OTTOKAR (erschrocken): Wer?
JOHANN: Du hasts geahndet.
OTTOKAR: Was
Hab ich geahndet? Sagt ich denn ein Wort?
Kann ein Vermuten denn nicht trügen? Mienen
Sind schlechte Rätsel, die auf vieles passen,
Und übereilt hast du die Auflösung.
Nicht wahr, das Mädchen, dessen Schleier hier,
Ist Agnes nicht, nicht Agnes Schroffenstein?
JOHANN:
Ich sag dir ja, sie ist es.
OTTOKAR: O mein Gott!
JOHANN:
Als sie auf den Bericht, ich sei aus Rossitz,
Schnell fortging, folgt ich ihr von weitem
Bis Warwand fast, wo mirs ein Mann nicht einmal,
Nein zehenmal bekräftigte.
OTTOKAR: O laß
An deiner Brust mich ruhn, mein lieber Freund.
(Er lehnt sich auf Johanns Schulter. Jeronimus tritt auf)
JERONIMUS: Ich soll
Mich sinngeändert vor dir zeigen, soll
Die schlechte Meinung dir benehmen, dir,
Wenns möglich, eine beßre abgewinnen,
– Gott weiß das ist ein peinliches Geschäft.
Laß gut sein, Ottokar. Du kannst mirs glauben,
Ich wußte nichts von allem, was geschehn.
(Pause; da Ottokar nicht aufsieht.)
Wenn dus nicht glaubst, ei nun, so laß es bleiben.
Ich hab nicht Lust mich vor dir weiß zu brennen.
Kannst dus verschmerzen, so mich zu verkennen,
Bei Gott so kann ich das verschmerzen.
OTTOKAR (zerstreut):
Was sagst du, Jeronimus?
JERONIMUS:
Ich weiß, was dich so zäh macht in dem Argwohn.
's ist wahr, und niemals werd ichs leugnen, ja,
Ich hatt das Mädel mir zum Weib erkoren.
Doch eh ich je mit Mördern mich verschwägre,
Zerbreche mir die Henkershand das Wappen.
OTTOKAR (fällt Jeronimus plötzlich um den Hals):
JERONIMUS:
Was ist dir, Ottokar? Was hat so plötzlich
Dich und so tief bewegt?
OTTOKAR: Gib deine Hand,
Verziehn sei alles.
JERONIMUS: – Tränen? Warum Tränen?
OTTOKAR:
Laß mich, ich muß hinaus ins Freie.
(Ottokar schnell ab; die andern folgen.)
Zweite Szene
Warwand. Ein Zimmer im Schlosse. Agnes führt Sylvius in einen Sessel.
SYLVIUS:
Agnes, wo ist Philipp?
AGNES:
Du lieber Gott, ich sags dir alle Tage,
Und schriebs dir auf ein Blatt, wärst du nicht blind.
Komm her, ich schreibs dir in die Hand.
SYLVIUS: Hilft das?
AGNES:
Es hilft, glaub mirs.
SYLVIUS: Ach, es hilft nicht.
AGNES: Ich meine,
Vor dem Vergessen.
SYLVIUS: Ich, vor dem Erinnern.
AGNES:
Guter Vater.
SYLVIUS:
Liebe Agnes.
AGNES:
Fühl mir einmal die Wange an.
SYLVIUS: Du weinst?
AGNES:
Ich weiß es wohl, daß mich der Pater schilt,
Doch glaub ich, er versteht es nicht. Denn sieh,
Wie ich muß lachen, eh ich will, wenn einer
Sich lächerlich bezeigt, so muß ich weinen,
Wenn einer stirbt.
SYLVIUS: Warum denn, meint der Pater,
Sollst du nicht weinen?
AGNES: Ihm sei wohl, sagt er.
SYLVIUS: Glaubst dus?
AGNES: Der Pater freilich solls verstehn,
Doch glaub ich fast, er sagts nicht, wie ers denkt.
Denn hier war Philipp gern, wie sollt er nicht?
Wir liebten ihn, es war bei uns ihm wohl;
Nun haben sie ihn in das Grab gelegt –
Ach, es ist gräßlich. – Zwar der Pater sagt,
Er sei nicht in dem Grabe. – Nein, daß ichs
Recht sag, er sei zwar in dem Grabe – Ach,
Ich kanns dir nicht so wiederbeichten. Kurz,
Ich seh es, wo er ist, am Hügel. Denn
Woher, der