Achtung! Totes Gleis. Arno Alexander

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Achtung! Totes Gleis - Arno Alexander

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obwohl er auf diese Frage vorbereitet war.

      „Hier“, sagte er mit etwas heiserer Stimme und reichte dem Fremden ein Päckchen.

      Der Fremde riß das Papier herunter und zählte beim Scheine einer kleinen Taschenlampe die Banknoten.

      „Sie gedenken wohl von nun an so ein bißchen auf meine Kosten zu leben?“ fragte Kisewetter nachdenklich.

      Der Unbekannte, im Dunkeln kaum zu sehen, obwohl er dicht neben Kisewetter stand, hörte auf zu zählen.

      „Wird schon stimmen“, knurrte er und schob das Päckchen in die innere Rocktasche. „Was sagten Sie da? Ach so! Nun, ich werde mich schon melden, wenn Maising wieder Geld braucht.“

      Der Mann sprach auch jetzt aufgeregt, und seine derben Hände, die immer noch die brennende Taschenlampe hielten, zitterten merklich.

      „Löschen Sie doch endlich die Lampe aus“, sagte Kisewetter tadelnd. „Wollen Sie denn unbedingt, daß noch irgendein dummer Polizist auf das Licht aufmerksam wird?“

      „Nein“, sagte der Fremde und lachte gezwungen auf. „Das wünsche ich genau so wenig wie Sie. Übrigens, dieser Maising ...“

      Der Finger des Professors berührte den Drücker seines Revolvers genau so sicher, als schlage er damit eine Klaviertaste an. Und wie beim Berühren der Taste der Hammer unweigerlich die ihm bestimmte Bewegung macht, so brach der Fremde zusammen — genau, wie es Kisewetter gewollt hatte. Der Schuß war gar nicht laut gewesen. Wenn ihn jemand gehört hatte, war es auch nicht zu gefährlich, denn in dieser Gegend wurde jetzt nachts öfters gesprengt. Kisewetter wußte das. Nicht umsonst hatte er sich gerade diesen Platz ausgesucht.

      Vorsichtig bückte er sich und zog behutsam das Päckchen mit den Banknoten aus der Brusttasche des Mannes. Er streifte dabei die rauhe, noch warme Hand des Erpressers und erschauerte. Als sei er in diesem Augenblick gleichzeitig Täter und unbeteiligter Zuschauer, stellte Kisewetter mit einer Art grausiger Neugier fest, daß seine Kinnlade heftig bebte. Einige Sekunden lang stand er untätig da, und vergeblich kämpfte sein Wille um die Wiederbeherrschung der Nerven und Muskeln.

      Vielleicht lebte der Mann noch? Das war der Gedanke, den Kisewetter in sich nicht aufkommen lassen wollte. Es war gleichgültig, ob der Mann noch lebte oder nicht, ganz gleichgültig. Er mußte verschwinden, er mußte ausgetilgt, zertreten werden wie ein lästiges, gefährliches Insekt.

      Endlich hatte sich Kisewetter wieder ganz in der Gewalt. Ein kräftiger Fußtritt vollendete sein Werk. Der schwere Körper dieses Mannes, von dessen Dasein Kisewetter vor zwei Stunden noch keine Ahnung gehabt hatte, rollte an der steilen Böschung des Ufers hinab und schlug mit einem klatschenden Laut auf dem Wasser auf.

      Zwei Stunden später war Kisewetter wieder zu Hause. Mindestens eine Viertelstunde lang wusch er sich die Hände und blickte dabei immer wieder neugierig das Spiegelbild seines Gesichtes an. Eine Veränderung konnte er aber darin nicht feststellen.

      7

      Die zwei Zimmer, die Wessley bewohnte, waren zwar nicht kostbar, doch gemütlich eingerichtet. Das erste, gleichzeitig Wohn- und Arbeitszimmer, wurde von einer großen Ständerlampe mit grünseidenem Schirm matt erleuchtet; den Fußboden bedeckte ein Teppich, der einmal nicht ganz billig gewesen sein mochte, jetzt aber verschiedentlich schadhafte Stellen aufwies. Ein breiter Schreibtisch und mehrere altmodische Sessel verliehen dem Raum etwas Behagliches, wozu auch die schweren, dichten Vorhänge beitrugen, die den Raum völlig lichtdicht abschließen mußten, falls man sie auch am Tage vorzog.

      Diese Vorhänge waren das erste, was Alice hier im Zimmer auffiel.

      „Darf ich das Fenster öffnen?“ fragte sie. „Beim Anblick solcher Vorhänge habe ich das Gefühl, als müßte ich ersticken.“ Und schon war sie am Fenster und zog an den Schnüren.

      Mit einem Satz befand sich Wessley an ihrer Seite.

      „Lassen Sie das!“ rief er barsch. „Meine Fenster gehen auf den Hudson River hinaus, und ich habe absichtlich so dichte Vorhänge anbringen lassen. Die Vorhänge werden abends und nachts nie geöffnet. Merken Sie sich das!“

      Sie sah ihn erstaunt an, sagte aber kein Wort und zog die Vorhänge wieder zu.

      Auf dem Teppich lag Treff, der Hund, und beobachtete mit klugen Augen das Tun dieser beiden Menschen. Er hatte sich auf Wessleys Zuruf bald beruhigt und sich mit dem Besuch des fremden Mädchens abgefunden. Nur, als Alice versuchte, ihn zu streicheln, hatte er ein warnendes Knurren hören lassen. Jetzt schlug er plötzlich wieder an, und gleich darauf klopfte es.

      „Still, Treff!“ befahl Wessley. Dann rief er laut: „Herein! Sind Sie es, Mrs. Ellis?“

      Es war wirklich Mrs. Ellis, Wessleys Wirtin. Sie trat ein, rundlich und klein, und blieb beim Anblick des Mädchens wie erstarrt an der Türschwelle stehen. „Sie ... Sie haben Damenbesuch?“ stotterte sie verwirrt. „Das ist ... ist ja eine Dame ...“

      „Sie irren sich“, versetzte Wessley kalt. „Das ist ein Weihnachtsbaum. Und jetzt würde ich gern erfahren, was Sie zu so später Stunde hierher führt, Mrs. Ellis?“

      Sie setzte ein paarmal vergeblich zum Sprechen an.

      „Ich wollte fragen, ob Sie noch einen Tee wünschen“, murmelte sie endlich, und man sah ihr unschwer an, daß sie eigentlich etwas ganz anderes hatte sagen wollen.

      „Ja, bitte“, erwiderte Wessley, schon freundlicher.

      „Und, bitte, zwei Tassen. Und dann ... ja, auch etwas Gebäck.“

      Wortlos entfernte sich Mrs. Ellis. Sie sah Wessley traurig an, und er wußte, daß sie ihn ehrlich bemitleidete, weil er den Tugendpfad verlassen hatte.

      Alice lehnte an der Ecke des Schreibtisches, und in ihren Augen funkelte es belustigt. Wessley sah es mit Genugtuung, denn er wußte nichts mit Menschen anzufangen, die nicht zu lachen verstanden.

      „Ist das nun Ihre Wohnungswirtin oder Ihre Angestellte?“ erkundigte sich Alice nach einer Weile lächelnd.

      „Es ist die Hauswirtin“, sagte er wahrheitsgemäß.

      „Ich habe von ihr aber diese zwei Räume abgemietet, und es geht sie gar nichts an, was hier geschieht.“

      „Sind Sie der einzige Mieter in dieser Wohnung, Mr. Steinitz?“ fragte sie, nahm den Hut ab und ordnete vor ihrem Taschenspiegel das Haar.

      Wessley hatte inzwischen aus einem Schreibtisch ein weißes Tischtuch hervorgeholt und deckte es über das kleine niedrige Tischchen in der Ecke unter der Stehlampe.

      „Ich bin der einzige“, bestätigte er und betrachtete sein Werk mit prüfenden Blicken. „Ich bin nämlich sehr anspruchsvoll und würde mit einem zweiten Mieter wohl andauernd Streit haben.“

      „Und wie vertragen Sie sich eigentlich mit Kapitän George Wessley?“ fragte sie beiläufig und blickte angelegentlich in ihren Taschenspiegel.

      Wessley fuhr herum. Mit zwei, drei Riesenschritten war er an ihrer Seite und packte sie fest beim Arm. „Also doch eine Falle!“ sagte er böse und drohend.

      „Ich dachte es mir schon, als Sie den Vorhang beiseite hoben, um vermutlich Ihren Freunden auf dem Hudson River

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