Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat, Band 1. Augustinus von Hippo

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat, Band 1 - Augustinus von Hippo страница 3

Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat, Band 1 - Augustinus von Hippo Die Schriften der Kirchenväter

Скачать книгу

Namen in Anspruch genommen haben, um am Leben zu bleiben, oder die sie an den ihm geweihten Stätten aus Furcht zurückgehalten haben, um von hier aus, wo sie, sicher und geschützt, um seinetwillen von den Feinden unverletzt blieben, mit feindseligen Schmähungen gegen ihn hervorzubrechen.

       4. Das Asyl der Juno rettete niemand vor den Griechen, die Kirchen der Apostel schützten alle, die dorthin flüchteten, vor den Barbaren.

      

      Also Troja, die Mutter des römischen Volkes, vermochte, wie gesagt, durch die geweihten Stätten seiner Götter seine Bürger nicht zu decken gegen Feuer und Schwert der Griechen, die just dieselben Götter verehrten; im Gegenteil[16]

      „im Asyle der Juno

       Nahmen den Raub in Verwahr die auserlesenen Wächter

       Phönix und der grimme Ulixes; hieher wird alles

       Aus ganz Troja geschleppt: die Schätze der brennenden Tempel

       Und die Tische der Götter, die Becher aus lauterem Golde

       Und die geraubten Gewänder. In langgezogenem Kreise

       Stehen die Kinder umher und die bebenden Mütter“.

      Da ist also eine Stätte, die einer gar großen Göttin heilig war, gewählt worden, nicht um hier Gefangennahme auszuschließen, sondern um die Gefangenen einzuschließen. Und nun vergleiche man dieses Asyl nicht irgend eines gewöhnlichen Gottes oder eines aus dem Schwarm der Niedrigen, sondern der Schwester und Gemahlin Jupiters, der Königin aller Götter, man vergleiche es mit den Gedächtnisstätten unserer Apostel! Dorthin schleppte man die den brennenden Tempeln und den Gottheiten entrissene Beute, nicht um sie den Besiegten zu schenken, sondern um sie an die Sieger zu verteilen; hieher dagegen stellte man sogar das, was sich anderwärts befand und als Zugehör dieser Stätten erkannt wurde, in frommer Verehrung und Bereitwilligkeit zurück[17] . Dort verlor, hier behielt man die Freiheit; dort wurden die Gefangenen eingeschlossen, hier war die Gefangennahme untersagt; dort wurden sie von tyrannischen Feinden zur Besitznahme zusammengepfercht, hieher wurden sie von mitleidigen Feinden zur Befreiung geleitet. Und bei all dem waren es dort die feinen Griechen, deren Habsucht und Hochmut sich den Tempel der Juno ausersehen hatte, hier dagegen wilde Barbaren, deren Erbarmnis und Demut sich die Kirchen Christi erwählte. Aber vielleicht haben die Griechen bei ihrem Siege die Tempel der gemeinsamen Götter verschont, die dorthin flüchtenden armen, besiegten Trojaner zu töten und gefangen zu nehmen sich gescheut und Vergil hat das einfach nach Dichterart frei erfunden. Doch nein, was er da beschrieben hat, ist allgemeiner Kriegsbrauch bei feindlicher Zerstörung von Städten.

      

       5. Wie Cato sich äußert über den allgemeinen Kriegsbrauch, besiegte Städte zu zerstören.

      

      Diesen Brauch erwähnt, wie Sallust mitteilt[18] , ein Geschichtsschreiber, dessen Wahrheitsliebe gerühmt wird, auch Cato deutlich genug in seiner Rede, die er im Senat über die Verschworenen hielt: „Jungfrauen und Knaben werden geraubt, Kinder aus den Armen ihrer Eltern gerissen, ehrbare Mütter müssen über sich ergehen lassen, was der Willkür der Sieger beliebt, Heiligtümer und Häuser werden ausgeraubt, überall Mord und Brand: kurz alles starrt von Waffen, Leichen, Blut und Wehe“. Hätte er in dieser Stelle nicht auch die Heiligtümer genannt, so würden wir annehmen, daß die Feinde die Sitze der Götter zu verschonen pflegten. Und das hatten römische Tempel zu fürchten nicht von auswärtigen Feinden, sondern von Catilina und seinen Genossen, also von hochangesehenen Senatoren und römischen Bürgern. Aber es waren verlorene Leute, gewiß, und Hochverräter.

       6. Auch die Römer verschonten niemals bei Einnahme einer Stadt in deren Tempeln die Besiegten.

      

      Warum sollen wir also bei den vielen Völkern, die miteinander Kriege führten und nirgends der Besiegten an den Sitzen ihrer Götter schonten, Umschau halten? Wollen wir nur die Römer betrachten, ja die Römer wollen wir uns vorführen und ins Auge fassen, sie, zu deren besonderem Ruhm es heißt, daß sie

      „Schonen der Unterwürfigen, niederkriegen die Stolzen“[19]

      und daß sie erlittenes Unrecht lieber verzeihen als rächen wollten. Als sie, um weithin zu herrschen, zahlreiche und große Städte einnahmen und zerstörten, welche Tempel, man berichte uns doch, pflegten sie da auszunehmen in der Weise, daß jeder gerettet worden wäre, der dahin seine Zuflucht nahm? Oder haben sie es so gehalten und die Geschichtsschreiber hätten es nur nicht erwähnt? Sie, die so eifrig nach Anlaß zum loben spürten, sollten wirklich derlei nach ihrer eigenen Ansicht ganz hervorragende Erweise von Milde übergangen haben? Marcus Marcellus, der die herrliche Stadt Syrakus einnahm[20] , einer der Überragenden unter dem Volke der Römer, soll über den bevorstehenden Ruin dieser Stadt geweint und so zuerst seine Tränen über sie, dann erst ihr Blut vergossen haben[21] . Er trug sogar Sorge für den Schutz der Keuschheit, die ja auch am Feinde nicht verletzt werden darf. Bevor er nämlich, siegreich wie er war, in die Stadt einzudringen befahl, erließ er die Verordnung, daß sich niemand an einem freien Leibe vergreife[22] . Jedoch die Stadt wurde nach Kriegsbrauch zerstört, und nirgends liest man, daß von einem so rechtschaffenen und milden Feldherrn angeordnet worden wäre, die als unverletzlich zu betrachten, die zu diesem oder jenem Tempel geflüchtet wären. Das würde man doch gewiß nicht übergangen haben, da man ja sowohl von seinen Tränen wie auch von seinem Edikt zum Schutze der Keuschheit so geflissentlich Notiz nahm. Von Fabius, der die Stadt Tarent zerstörte[23] , rühmt man[24] , daß er von Beraubung der Götterbilder nichts habe wissen wollen. Als ihn der Feldschreiber erinnerte, was mit diesen — es waren ihrer viele erobert worden — zu geschehen habe, würzte er seine Zurückhaltung auch noch mit einem Scherze. Er fragte nämlich, welcher Art sie seien, und als ihm gemeldet wurde, viele seien groß und dazu auch bewaffnet, erwiderte er: „Lassen wir den Tarentinern die erzürnten Götter“. Da also die Geschichtsschreiber der römischen Vorzeit weder des einen Tränen noch das Lächeln des andern, weder dort die keusche Milde noch hier die witzige Zurückhaltung der Nachwelt vorenthalten konnten, wie wäre es übergangen worden, wenn die Römer zu Ehren irgend eines ihrer Götter irgend welcher Menschen geschont hätten in der Weise, daß man für einen beliebigen Tempel Mord und Gefangennahme ausgeschlossen hätte?

      

       7. Die Greuel bei der Eroberung Roms sind auf den Kriegsbrauch zurückzuführen; die Erweise von Milde dagegen flossen aus der Kraft des Namens Christi.

      

      Was sich also bei der jüngst erfolgten Vernichtung Roms zutrug an Verwüstung, Mord, Raub, Brand und Not, das hat der Kriegsbrauch verschuldet; was aber dabei Neues vorkam, die ganz ungewohnte Erscheinung, wonach sich rohe Barbaren so milde zeigten, daß man, um des Volkes zu schonen, die weiträumigsten Kirchen auswählte und zu Sammelplätzen bestimmte, an denen niemand getötet, niemand der Freiheit beraubt werden sollte, wohin zu ihrer Rettung viele von mitleidigen Feinden geführt, von wo zur Gefangennahme auch von grausamen Feinden niemand fortgeführt werden durfte: das muß man dem Namen Christi und dem christlichen Zeitalter zuschreiben, und wer das nicht einsieht, ist blind, wer es einsieht und nicht anerkennt, ist undankbar, wer gegen die Anerkennung Widerspruch erhebt, ist nicht bei Trost. Kein Verständiger wird ein derartiges Verhalten wilden

Скачать книгу