Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat, Band 1. Augustinus von Hippo

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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat, Band 1 - Augustinus von Hippo Die Schriften der Kirchenväter

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      Man sagt: „Auch viele Christen hat die lange Hungersnot dahingerafft“. Auch das haben die wahren Gläubigen durch fromme Geduld zu ihrem Vorteil gewendet. Der Hunger hat die, die er tötete, den Übeln dieses Lebens entrückt wie eine andere Krankheit auch; die übrigen lehrte er einfacher leben und anhaltender fasten.

      

       11. Des zeitlichen Lebens Ende, des langen wie des kurzen.

      

      Aber freilich, auch viele Christen wurden ermordet, viele gingen auf allerlei gräßliche Art zugrunde. Wenn man dies beklagen muß, so ist es doch das gemeinsame Los aller, die zu diesem Leben geboren werden. Soviel weiß ich, daß keiner gestorben ist, der nicht ohnehin einmal hätte sterben müssen. Das Ende des Lebens aber macht das lange und das kurze Leben einander gleich. Denn von zwei Dingen, die gleichermaßen nicht mehr existieren, ist nicht das eine besser, das andere schlechter, das eine länger, das andere kürzer. Und was liegt daran, durch welche Todesart dieses Leben ein Ende findet, da ja der, dem es abläuft, nicht noch einmal sterben muß? Da aber jedem Sterblichen unter den täglichen Zufällen dieses Lebens sozusagen unzählige Todesarten drohen, während es unterdessen stets ungewiß ist, welche davon eintreten wird, so frage ich, was besser ist: eine erleiden und sterben, oder alle fürchten und leben. Ich weiß wohl, wie rasch man mit der Wahl im reinen ist und ein langes Leben mit der beständigen Furcht jedes möglichen Todes dem einmaligen Sterben und der Beseitigung aller Furcht vor dem Tode vorzieht. Aber mag davor auch des Fleisches Sinn, aus Schwäche ängstlich, zurückbeben, des Geistes Vernunftschluß, sorgsam entwickelt, lehrt etwas anderes. Für einen schlimmen Tod ist der nicht zu erachten, dem ein gutes Leben vorausgegangen ist. Denn nur das macht den Tod schlimm, was auf ihn folgt. Also sollen sich die dem Tode unrettbar Verfallenen nicht viel darum kümmern, was ihren Tod herbeiführt, wohl aber darum, wohin sie der Tod führt. Da nun die Christen wissen, dass der Tod des frommen Armen bei den Hunden, die ihn beleckten, weit besser war, als der des gottlosen Reichen in Purpur und Byssus[37] , was haben jene schauerlichen Todesarten den Toten geschadet, die gut gelebt haben?

      

       12. Wenn den Christen die Beerdigung ihrer Leichen versagt blieb, so ist ihnen damit nichts entgangen.

      

      Aber bei solchen Massen von Ermordeten konnten sie ja nicht einmal begraben werden. — Auch darüber entsetzt sich frommer Glaube nicht allzu sehr, festhaltend an der Vorhersage, daß selbst das Auffressen durch wilde Tiere den zur Auferstehung bestimmten Leibern nicht schaden kann, denen nicht ein Haar von ihrem Haupte zugrunde gehen wird[38] . Niemals würde die Wahrheit sprechen[39] : „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können“, wenn irgendwelche Willkür der Feinde gegenüber den Leibern der Getöteten irgendwie dem künftigen Leben Eintrag tun könnte. Man müßte sich nur eben zu der lächerlichen Behauptung versteigen, daß man die, die den Leib töten, nicht zu fürchten brauche vor dem Tode, sie möchten den Leib töten, wohl aber nach dem Tode, sie möchten nach dem Tode dem getöteten Leib kein Begräbnis gönnen. Also wäre falsch, was Christus sagt[40] : „Die den Leib töten und nichts mehr tun können“, wenn sie den Leichnamen so Schlimmes antun können. Nein, was die Wahrheit sagt, ist nicht falsch! Es heißt nämlich, daß sie etwas tun, wenn sie töten, weil im Leibe, der getötet werden soll, Gefühl ist; daß sie aber danach nichts mehr tun können, weil im Leibe, der getötet ist, kein Gefühl ist. Also hat zwar die Erde gar viele Leiber von Christen nicht bedeckt, aber keinen davon hat jemand losgerissen vom Himmel und von der Erde, die mit seiner Gegenwart ganz erfüllt der, der da weiß, woher er das wiedererwecken soll, was er geschaffen hat. Allerdings heißt es im Psalm[41] [klagend]: „Sie gaben die Leichen deiner Knechte den Vögeln des Himmels zur Speise, das Fleisch deiner Heiligen den wilden Tieren im Lande; sie vergossen wie Wasser ihr Blut rings um Jerusalem und es war niemand, der sie begraben hätte“; doch damit soll mehr die Grausamkeit derer hervorgehoben werden, die solches getan, als das Unglück derer, die solches erduldet haben. So hart und schrecklich dies auch in den Augen der Menschen erscheinen mag, „in den Augen Gottes ist der Tod seiner Heiligen kostbar“[42] . Daher sind all die Dinge wie die Pflege des Leichnams, die Art der Beerdigung, der Prunk des Leichenbegängnisses mehr ein Trost für die Überlebenden als eine Wohltat für die Toten. Gewiß, wenn dem Gottlosen eine kostbare Bestattung etwas nützt, so wird es dem Frommen schaden, wenn er eine armselige oder gar keine erhält. Ein prächtiges Leichenbegängnis in den Augen der Menschen verschaffte dem purpurgekleideten Reichen die Dienerschar, aber ein noch viel herrlicheres in den Augen Gottes dem schwärenbedeckten Armen der Engelsdienst, durch den er nicht in ein Marmorgrab, sondern in den Schoß Abrahams getragen wurde[43].

       Darüber lachen freilich die, gegen die wir den Gottesstaat zu verteidigen übernommen haben. Allein die Sorge für die Bestattung haben auch ihre Philosophen gering geachtet. Und oft haben ganze Heere, wenn sie für das irdische Vaterland starben, sich nicht darum gekümmert, wo sie nachmals liegen und welchen Tieren sie zur Speise dienen würden, und es konnten in dieser Hinsicht die Dichter[44] auf Beifall rechnen, wenn sie sagten: „Der Himmel deckt den, der keine Urne hat“. Um wieviel weniger dürfen sie über die unbeerdigten Leiber der Christen höhnen, die die Verheißung haben[45] , daß ihnen die Wiederherstellung und Erneuerung des Fleisches und aller Glieder nicht nur aus der Erde, sondern auch aus dem geheimsten Schoße der übrigen Elemente, in die sich die zerfallenen Leichname aufgelöst haben, in einem Augenblick zuteil werde.

      

       13. Warum begraben wir die Leiber der Heiligen?

      

      Man darf jedoch deshalb die Leiber der Toten und vorab der Gerechten und Gläubigen, deren sich der Geist als seiner Organe und Gefäße zu jeglichem guten Werke mit Ehrfurcht bedient hat, nicht geringschätzen und wegwerfen. Denn wenn schon des Vaters Kleid oder Ring oder sonst etwas dergleichen den Nachkommen umso teurer ist, je größer die Liebe zu den Eltern war, so darf man die Leiber erst recht nicht geringschätzen, die doch viel vertrauter und inniger mit uns zusammenhängen als irgend eine Gewandung, die wir tragen; sie sind ja nicht ein bloß äußerlich anhaftender Schmuck oder Behelf, sondern gehören zur menschlichen Natur. Deshalb hat man auch die Leichen der Gerechten in alter Zeit mit gewissenhafter Pietät behandelt, hat ihre Leichenbegängnisse gefeiert und für ein Begräbnis gesorgt; sie selbst haben bei Lebzeiten über die Bestattung oder Übertragung ihrer Leichname ihren Söhnen Anweisungen gegeben und von Tobias wird erwähnt — der Engel bezeugt es —, daß er sich durch das Bestatten der Toten Gottes Gunst verschafft hat[46] . Auch der Herr selbst, der doch am dritten Tage auferstehen sollte, verkündet es[47] als ein gutes Werk des frommen Weibes und bezeichnet es als würdig der Verkündigung, daß sie eine kostbare Salbe über seine Glieder ausgoß und dies zu seinem Begräbnis getan habe. Und mit Worten der Anerkennung werden im Evangelium[48] jene Männer erwähnt, die seinen Leichnam vom Kreuze sorgsam abnahmen und ihm eine ehrenvolle Einhüllung und Bestattung verschafften. Jedoch diese Schriftstellen wollen nicht sagen, daß den Leichnamen eine Empfindung innewohne, sondern, um den Glauben an die Auferstehung zu befestigen, deuten sie an, daß sich die göttliche Vorsehung, welcher derartige Liebesdienste wohlgefällig sind, auch auf die Leiber der Toten erstrecke. Zugleich liegt darin eine heilsame Lehre, wie groß die Belohnung erst sein wird für Almosen, die wir lebenden und empfindenden Menschen erweisen, wenn nicht einmal das bei Gott verloren geht, was man an Rücksicht und Sorgfalt entseelten menschlichen Gliedern angedeihen läßt. Die heiligen Patriarchen haben auch sonst über Beisetzung und Übertragung ihrer Leiber mancherlei Äußerungen getan, die sie in prophetischem Sinne aufgefaßt wissen wollten; doch ist hier nicht der Ort davon zu handeln, da das Beigebrachte schon genügt.

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