Privatdetektiv Joe Barry - Sein Freund der Henker. Joe Barry
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„Das war auch mein erster Gedanke, Starr. Aber manchmal erlebt man die unglaublichsten Geschichten. Hopkins hat herausgefunden, daß es tatsächlich einen Mann namens Dyme Lodge gab, und zwar hier in New York. Dieser Dyme Lodge war ein harmloser Irrer, wenn Sie sich das vorstellen können.“
„Von der Sorte kenne ich mehrere.“
„Er war ständig arbeitslos und Dauergast in den Wohlfahrtsheimen der Bowery. Sein Name taucht dort überall in den Listen auf. Nebenbei war er mit der Ginbuddel verheiratet. Dieser Dyme Lodge hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit Nick Romano, den er auch kannte. Nickboy verwendete ihn gelegentlich für kleinere Aufträge, Botengänge und ähnliches. Wahrscheinlich benutzte er auch die Ähnlichkeit, um sich Alibis zu zimmern — nicht für die Polizei, sondern für die Konkurrenz. Nickboy war nämlich ein Außenseiter in der Branche und hatte mit allerhand Schwierigkeiten zu kämpfen.“
„Wer behauptet das alles?“
„Seine Frau.“
Antony stieß heftig den Rauch seiner Zigarette aus.
„Die hat man gefunden?“
„Hopkins hat sie gefunden“, betonte Brown und biß die Spitze seiner Zigarre ab. „Ja, Captain, es kommt noch besser. Diese Aussagen wurden von Leuten in der Bowery bestätigt, die Dyme Lodge gut gekannt haben. Offenbar hatte er eine redselige Ader. Well, unterstellen wir mal, daß das alles wahr ist. Erwiesen ist ferner, daß Dyme Lodge nicht gerade das Pulver erfunden hat. Vor zwölf Jahren wurde er mit dem gelben Schein aus der Armee entlassen — als geistig unzurechnungsfähig. Nur weil er harmlos war, steckte man ihn nicht in eine Anstalt.“
„Die Geschichte finde ich nicht sehr erheiternd“, sagte Antony Starr.
„Abwarten“, winkte Brown ab. „Wissen Sie, wann Dyme Lodge zum letztenmal gesehen wurde? Am 30. Oktober 1962. Das war einen Tag vor der Ermordung von Steve Forester in Utica!“
„Und seitdem nicht mehr?“
„Jedenfalls kennen wir keinen, der ihn seitdem gesehen hat. Seiner Frau hat er erzählt, Nickboy habe einen größeren Auftrag für ihn, der ihm eine Stange Geld einbringen werde. Ein paar Tage später wurde der Mörder von Forester in Utica verhaftet. Was mit dem Mann weiter geschah, ist bekannt. Die Frau von Dyme Lodge dachte erst, ihrem Mann wäre etwas zugestoßen. Deshalb erstattete sie am 6. Dezember Vermißtenanzeige, zog sie aber nach drei Tage wieder zurück.“
„Warum?“
„Well, laut Hopkins hat sie Nachricht von einem Mitglied der Romano-Bande erhalten. Nickboy sei hochgegangen und Dyme Lodge werde noch von der Polizei gesucht. Die Gang werde aber für ihn sorgen. Sie solle sich ruhig verhalten und keinen Staub aufwirbeln. Wenn Nickboy erst einmal verurteilt sei, werde das Interesse an Dyme Lodge nachlassen und er käme zu ihr zurück. Sie hat das geglaubt, zumal um die gleiche Zeit die Meldung durch alle Blätter ging, der Mörder in Utica sei Nick Romano. Sie unternahm nichts.“
„Sie stellte auch keine Nachforschungen an?“
„Nein, sie wollte zwar erst nach Utica fahren und der Verhandlung beiwohnen, aber sie bekam Nachricht von der Bande, die Polizei werde sie beschatten. Um ihren Mann nicht zu gefährden, unternahm sie nichts.“
„Well, was so eine treusorgende Gattin ist …“
„Hopkins hat sie natürlich aufgesucht, ohne ihr den Grund zu verraten. Er zeigte ihr nur ein Foto. Es stellte den angeblichen Nickboy dar, aufgenommen im Zuchthaus Scranton, kurz vor seiner Hinrichtung. Hopkins sagt, die Frau habe ausgerufen: ,Das ist ja Dyme!‘ Was sagen Sie nun?“
Antony hob die Schultern.
„Wenn es stimmt, daß Dyme Lodge und Nickboy sich ähnlich sahen, ist die Verwechslung durchaus erklärlich.“
„Captain, bleiben Sie auf dem Teppich. Eine derartige Verwechslung mag Fremden passieren, aber doch niemals der eigenen Ehefrau. Nein, ausgeschlossen!“
Antony rieb sich hart über das Kinn.
„Mit anderen Worten — Sie glauben, der Hingerichtete von Scranton war Dyme Lodge. Nickboy hat es verstanden, die zufällige Ähnlichkeit des Mannes und seine Geistesschwäche auszunutzen.“
„Na, endlich, Starr!“
„Muß der Bursche bescheuert gewesen sein“, knurrte Antony.
„Das ändert nichts an der Tatsache. Für Nickboy ist die Sache natürlich doppelt und dreifach vorteilhaft. Er existiert damit offiziell nicht mehr und kann seine Geschäfte um so besser wahrnehmen. Übrigens haben wir schon lange den Eindruck, daß die alte Nickboy-Gang nach wie vor intakt ist. Jetzt wird das auch deutlich. Die Firmenleitung hat ja überhaupt nicht gewechselt.“
„Nicht so hastig“, bremste ihn Antony. „Es ist das erste Mal, daß man meiner Abteilung den Vorwurf macht, zu einem Justizmord beigetragen zu haben. Das ist eine ernste Sache, Sir.“
„Ich hab’s nie für einen Witz gehalten.“
„Bewiesen ist aber noch nichts.“
„No, und deshalb habe ich noch die Hoffnung, es stellt sich heraus, daß der Hingerichtete doch Nickboy war. Der absolut sichere Beweis wäre, diesen Dyme Lodge zu finden. Aber da sehe ich schwarz.“
„Die Presse wird uns in der Luft zerreißen“, murmelte der Captain.
„Yeah, wenn sie es erfährt. Eine Woche wird Hopkins stillhalten, länger nicht. Die Zeitungen werden sich auf den Fall stürzen, besonders nach dem langen Streik. ,Justizmord!‘ —,Anwalt versucht vergeblich, in letzter Minute den Gouverneur zu erreichen‘. Wir sitzen auf einer Bombe, und die Zündschnur brennt schon.“
„Betrachten wir’s mal ganz nüchtern“, riet Antony. „Um den Vorwurf des Mr. Hopkins zu entkräften, müßten wir nach Dyme Lodge suchen und ihn finden. Wenn das aber bekannt wird, ist es soviel wie ein Eingeständnis, daß wir selbst Zweifel daran haben, ob der Hingerichtete der Richtige war oder nicht. Zweifel bei einem Todesurteil — das sollte nicht Vorkommen. Nehmen wir umgekehrt aber die Suche nach dem möglicherweise noch lebenden Nickboy auf, stecken wir erst recht in der Klemme. Die Polizei kann nicht nach jemanden fahnden, der schon hingerichtet ist.“
„Das weiß ich alles selbst.“
„Wir können praktisch nichts tun.“
„Und abwarten, bis das Gewitter losbricht? Wenn Hopkins sein Material in die Öffentlichkeit bringt, glaubt kein Mensch mehr, daß der Mann, der in Scranton hingerichtet wurde, Nickboy war. Dann lande ich als Reviercop, und Sie bekommen ein Motorrad und dürfen auf dem Pennsylvania Turnpike Streife fahren — günstigstenfalls.“
„Wäre auch nicht das schlechteste.
Aber Sie haben mich mißverstanden, Sir. Ich wollte sagen, offiziell dürfen wir nichts unternehmen. Das Center ist ständig von Reportern belagert; undichte Stellen gibt’s genug. Jede Aktion von uns würde als ein Zeichen von Unsicherheit ausgelegt, und dann hätten wir genau das Gegenteil von dem, was wir erreichen wollen.“
„Wollen Sie die Hände in den Schoß legen?“
„Das nicht gerade.