Brentanos Märchen. Clemens Brentano

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Brentanos Märchen - Clemens Brentano

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die ganze Stadt Porzellania über den Haufen werfen könnten. Da durfte der Prinz nicht länger zaudern; er befahl seinen Räten, einstweilen die Hochzeit zuzubereiten, und zog mit seinen Jägern hinaus auf die Jagd.

      Als der Prinz aus dem Schloss ritt, lagen die neun bösen Fräulein, welche sich nicht mit gefreut hatten, als die Myrte so feierlich in die Stadt gebracht wurde, sehr schön geputzt am Fenster, in der Hoffnung, der Prinz werde sie bemerken und grüssen; aber vergebens, wenn sie sich gleich so weit herauslegten, dass sie leicht hätten auf die Strasse fallen können; der Prinz tat nicht, als wenn er sie bemerkte. Hierüber aufgebracht, kamen sie zusammen und fassten den Entschluss, sich zu rächen. Die Geschichte mit dem toll gewordnen wilden Schwein war auch nur von ihnen ausgesprengt, damit der Prinz, der sich gar nicht mehr sehen liess, über die Strasse reiten sollte. Sie hatten das chinesische Porzellan in dem Lusthaus durch ihre Diener zerschlagen lassen. Als sie eben versammelt waren, trat der Vater der ältesten, der einer der Minister war, herein und machte den Damen bekannt, sie möchten sich zum Hochzeitsfest des Prinzen vorbereiten; der Prinz werde eine Prinzessin M. heuraten, auch sei von vielen Myrtenverzierungen bei der Illumination die Rede. Kaum waren sie wieder allein, als sie ihrem ganzen Zorn den Lauf liessen; denn sie hatten sich alle neun eingebildet, den porzellanenen Thron zu besteigen. Sie liessen sich einen Maurer kommen; der musste ihnen einen unterirdischen Gang bis in die Stube des Prinzen machen, denn sie wollten sehen, wen er dort versperrt habe. Als der Gang fertig war, beredeten sie noch ein zehntes junges Fräulein, der sie jedoch ihr Vorhaben verschwiegen, mitzugehen, welche es auch tat, doch nur aus Neugier und nicht aus bösem Willen; sie nahmen sie aber nur mit, um sie dort zurückzulassen, als habe sie alles getan. Hierauf begaben sie sich in einer Nacht, mit Laternen versehen, durch den Gang in die Stube des Prinzen und suchten alles durch, sehr verwundert, nichts Besonders darin zu finden ausser der Myrte. An dieser liessen sie nun allen ihren Grimm aus, rissen ihre Zweige und Blätter ab, und als sie auch den Wipfel herunterrissen, klingelte das Glöckchen, und das Myrtenfräulein, welches glaubte, es sei dies das Zeichen zu ihrer Hochzeit, trat plötzlich in dem schönsten Brautkleide aus der Myrte. Anfangs verwunderten sich die bösen Geschöpfe, aber bald waren sie einig, dieses müsste die künftige Fürstin sein, und somit fielen sie über sie her und ermordeten sie auf die unbarmherzigste Weise, indem sie das arme Murtenfräulein mit ihren Messern in viele kleine Stücke zerhackten; jede nahm sich einen Finger von dem armen Myrtenfräulein mit; nur das zehnte Fräulein hatte nicht mit geholfen und nur immer gejammert und geweint, wofür sie sie dann einsperrten und nun auf demselben Wege entwichen.

      Als der Kammerherr des Prinzen, welchem dieser bei Lebensstrafe befohlen hatte, die Myrte täglich zu begiessen und täglich die Stube aufzuräumen, als wenn der Prinz da wäre, zu seiner Verrichtung hereintrat, war sein Entsetzen unbeschreiblich, da er das zerfleischte Myrtenfräulein in dem Blute an der Erde herumliegen und den Myrtenbaum zerknickt und entblättert sah. Er wusste nicht, was dies sein konnte, denn er wusste von dem Myrtenfräulein nichts; da erzählte ihm das junge Fräulein, welches weinend in einer Ecke sass, alles. Sie nahmen unter bittern Tränen alle Glieder und Knochen der Unglücklichen zusammen und begruben sie unter den zerstörten Myrtenbaum in das Gefäss, so dass alles einen kleinen Grabhügel bildete; sodann wuschen sie den Boden so rein, wie sie konnten, und begossen den Baum mit dem blutvermischten Wasser, räumten die Stube auf, schlossen sie zu und flohen in grosser Angst miteinander; doch nahm das Fräulein eine Locke der unglücklichen Gemordeten zum Andenken mit.

      Unterdessen waren die Vorbereitungen zu der Hochzeit beinah fertig, und der Prinz, der das wilde Schwein vergebens aufgesucht hatte, kehrte nach der Stadt zurück. Sein erster Gang war zu dem guten Töpfer und seiner Frau, welchen er seine ganze Geschichte mit dem Myrtenfräulein erzählte und sie um die Hand ihrer Tochter bat. Die guten Leute waren vor Entzücken fast ausser sich, als sie vernahmen, dass in ihrem Myrtenbaum ihnen eine Tochter erwachsen sei, und wussten nun, warum sie denselben so ungemein liebgehabt hatten. Freudig willigten sie in die Bitte des Prinzen ein und begleiteten ihn in das Schloss, um ihre wunderbare Tochter zu sehen. Als sie nun zusammen in das Zimmer traten, wo die Myrte stand, sahen ihre Augen ein trauriges Schauspiel: — am Boden noch viele blutige Spuren, und der geliebte Baum entblättert und verletzt, neben ihm aber ein Grabhügel. Der Prinz rief, der Töpfer rief, die Töpferin rief: „O meine geliebte Braut! O mein teures Kind, mein einziges liebes Töchterchen! O wo bist du, lass dich sehen vor deinen unglücklichen Eltern!“ Aber nichts rührte sich, und ihre Verzweiflung war unbegrenzt. Die drei armen Unglücklichen sassen nun ganze Tage und begossen den Myrtenbaum mit ihren Tränen, und das ganze Land war bestürzt und traurig.

      Unter solchen Schmerzen pflegten und warteten der Prinz und der Töpfer nebst seiner Frau den kranken Myrtenbaum aufs zärtlichste, und er begann wieder Zweige zu treiben, worüber sie sehr erfreut wurden, und er war schon wieder ganz hergestellt, nur fehlten ihm an dem Wipfel einige Blätter und an einem seiner beiden Hauptäste die äussersten fünf Sprossen und an dem andern vier, neben welchen der fünfte zu keimen anfing. Diesen fünften Spross beobachtete der Prinz alle Tage, und wie entzückt war er nicht, als er eines Morgens dieses Spross ganz erwachsen und den Ring, den er dem Myrtenfräulein gegeben, an demselben wie an einem Finger befestigt sah. Sein Entzücken war unbeschreiblich; denn er glaubte nun, das Myrtenfräulein müsse noch leben. In der nächsten Nacht fass er mit dem Töpfer und der Töpferin bei dem Baum, und sie flehten die Myrte so zärtlich um ein Lebenszeichen an, dass der Baum endlich zu säuseln begann und folgende Worte sang:

      Habt Erbarmen,

      An zwei Armen

      Fehlen mir neun Fingerlein!

      Lieber Prinz, in deinem Reiche

      Wachsen jetzt neun Myrtenzweige,

      Und sie sind mein Fleisch und Bein.

      Habt Erbarmen,

      Schafft mit Armen

      Wieder die neun Fingerlein!

      Der Prinz und die Eltern waren durch dies traurige Lied sehr gerührt, und der Prinz liess den andern Tag im ganzen Land bekanntmachen, wer ihm die schönsten Myrtenzweige bringe, den wolle er mit seiner königlichen Hand belohnen. Dieses kam auch zu den Ohren der Mordfräulein, welche die arme Myrte so schrecklich gemartert hatten, und sie waren sehr froh darüber; denn sie hatten die neun Finger des Myrtenfräuleins, jede den ihren, in einen Topf mit Erde vergraben, und es waren kleine Myrtensprosse daraus gewachsen. Sie putzten sich sogleich schön an und kamen eine nach der andern mit ihren Myrtenzweigen ins Schloss; denn sie glaubten, die Worte des Prinzen wollten so viel sagen, als er wolle die Überbringerin der schönsten Myrte heuraten. Der Prinz liess ihnen die Myrtenzweige abnehmen und versprach, ihnen seinerzeit Antwort sagen zu lassen; sie möchten sich nur zum Feste vorbereiten. Als er nun alle die neun Zweige neben den grossen Baum gestellt hatte, sprach die Stimme aus dem Baum:

      Willkomm, willkomm, neun Zweiglein!

      Willkomm, willkomm, neun Fingerlein!

      Willkomm, willkomm, mein Fleisch und Bein!

      Willkomm, willkomm, zum Topf herein!

      Da begrub der Prinz die neun Zweige und die neun Finger unter die Myrte, welche noch denselben Tag die neun Fehlenden Sprossen trieb. Nun aber kam noch das jüngste Fräulein, welches nur die Haarlocke genommen und ihr den Ringfinger gelassen hatte, und warf sich dem Prinzen zu Füssen und sagte: Herr, ich habe keine Myrte und habe auch keine haben wollen, aber diese Locke gebe ich in deine Hand und bitte dich um eine Gnade.“ Der Prinz versprach sie ihr, und sie erzählte ihm, wie die ganze Mordtat geschehen sei, und bat ihn, er möge seinem entflohenen Kammerherrn verzeihen und sie mit demselben vermählen. Da gab ihr der Prinz einen Gnadenbrief für denselben, und sie lief zu ihm in den Wald, wo er sich in einen hohlen Baum versteckt hatte, in den sie ihm täglich zu essen gebracht. Der Kammerherr erfreute sich sehr über sein Glück und kam mit ihr wieder in die Stadt. Als aber der Prinz die Haarlocke auch vergraben hatte, sprach die Myrte:

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