Brentanos Märchen. Clemens Brentano

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Brentanos Märchen - Clemens Brentano

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immer fort; endlich, da, es ihm wieder so wunderbar in der Myrte säuselte, begann er zu singen:

      Sag, warum dies süsse Rauschen,

      Meine wunderschöne Myrte,

      O mein Baum, für den ich glühe?

      Da sang eine liebliche leise Stimme wieder:

      Dank will ich für Freundschaft tauschen

      Meinem wunderguten Wirte,

      Meinem Herrn, für den ich blühe!

      Da war der Prinz über die Stimme so entzückt, dass es nicht auszusprechen ist; aber bald ward seine Freude noch viel grösser, denn er bemerkte, dass sich jemand auf den Schemel zu seinen Füssen setzte, und da er die Hand darnach ausstreckte, ergriff eine zarte Hand die seinige und führte sie an die Lippen eines Mundes, welcher sprach: „Mein teurer Herr und Prinz, frage nicht, wer ich bin; erlaube mir nur, dann und wann in der Stille der Nacht zu deinen Füssen zu sitzen und dir zu danken für die treue Pflege, welche du mir in der Myrte bewiesen; denn ich bin die Bewohnerin dieser Myrte; aber mein Dank für deine Zuneigung ist so gewachsen, dass er keinen Raum mehr in diesem Baume hatte, und so hat es mir der Himmel vergönnt, in menschlicher Gestalt dir manchmal nahe zu sein.“ Der Prinz war entzückt über diese Worte und pries sich unendlich glücklich durch dies Geschenk der Götter. Sie unterhielten sich einige Stunden, und sie sprach so weise und klug, dass er vor Begierde brannte, sie von Angesicht zu Angesicht zu sehen; das Myrtenfräulein aber sagte zu ihm: „Lasse mich erst ein kleines Lied singen, dann kannst du mich sehen“, und sie sang:

      Säusle, liebe Myrte!

      Wie still ist’s in der Welt!

      Der Mond, der Sternenhirte

      Auf klarem Himmelsfeld,

      Treibt schon die Wolkenschafe

      Zum Born des Lichtes hin:

      Schlaf, mein Freund, o schlafe,

      Bis ich wieder bei dir bin.

      Dazu säuselte die Myrte, und die Wolken trieben so langsam am Himmel hin, und die Springbrunnen plätscherten so leise im Garten, und der Gesang war so sanft, dass der Prinz entschlief, und als er kaum nickte, erhob sich das Myrtenfräulein leise, leise vom Schemel und begab sich wieder in die Myrte.

      Als der Prinz am Morgen erwachte, erblickte er den Schemel leer zu seinen Füssen, und er wusste nicht, ob das Myrtenfräulein wirklich bei ihm gewesen war, oder ob er nur geträumt habe; aber da er das Bäumchen ganz mit Blüten übersät sah, die in der Nacht aufgegangen waren, ward er der Erscheinung immer gewisser: nie ward die Nacht so sehnsüchtig erwartet als von ihm; er setzte sich schon gegen Abend auf sein Ruhebett und harrte. Endlich war die Sonne hinunter, es dämmerte, es ward Nacht. Die Myrte säuselte, und das Myrtenfräulein sass zu seinen Füssen und erzählte ihm so schöne Sachen, dass er nicht genug zuhören konnte; und als er sie wieder bat, Licht anzünden zu dürfen, sang sie ihm wieder ein Liedchen:

      Säusle, liebe Myrte!

      Und träum im Sternenschein!

      Die Turteltaube girrte

      Auch ihre Brut schon ein.

      Still ziehn die Wolkenschafe

      Zum Born des Lichtes hin,

      Schlaf, mein Freund, o schlafe,

      Bis ich wieder bei dir bin.

      Da schlummerte der Prinz wieder ein und erwachte am Morgen wieder mit gleicher Überraschung und erwartete die Nacht wieder mit gleicher Sehnsucht. Aber es ging ihm auch diesmal wie in der ersten und zweiten Nacht; sie sang ihn immer in den Schlaf, wenn er sie zu sehen verlangte. Sieben Nächte ging dies so fort, während welchen sie ihm so vortreffliche Lehren über die Kunst zu regieren gab, dass seine Begierde, sie zu sehen, nur noch grösser ward. Er liess daher am andern Tage an die Decke seiner Stube ein seidenes Netz befestigen, welches er ganz leise niederlassen konnte, und so erwartete er die Nacht. Als das Myrtenfräulein wieder zu seinen Füssen sass und ihm die tiefsinnigsten Lehren über die Pflichten eines guten Fürsten gegeben hatte, wollte sie ihm wieder das Schlaflied singen aber er sprach zu ihr: „Heute will ich einmal singen“, und sie gab es nach vielen Bitten zu. Da sang er folgendes Liedchen:

      Hörst du, wie die Brunnen rauschen?

      Hörst du, wie die Grille zirpt?

      Stille, stille, lass uns lauschen!

      Selig, wer in Träumen stirbt.

      Selig, wen die Wolken wiegen,

      Wem der Mond ein Schlaflied singt!

      O, wie selig kann der fliegen,

      Dem der Traum den Flügel schwingt,

      Dass an blauer Himmelsdecke

      Sterne er wie Blumen pflückt:

      Schlafe, träume, flieg, ich wecke

      Bald dich auf und bin beglückt.

      Und dies Lied wirkte so durch die sanfte Weise, in welcher er es sang, dass das Myrtenfräulein zu den Füssen des Prinzen entschlummerte; da liess er das Netz nieder über sie und zündete seine Lampe an, und, o Himmel! was sah er? Die wunderschönste Jungfrau, welche jemals gelebet, im Antlitz wie der klare Mond so mild und rein, Locken, wie Gold um die Stirne spielend, und auf dem Haupt ein Myrtenkrönchen; sie hatte ein grünes Gewand an, mit Silber gestickt, und ihre Hände gefaltet wie ein Engelchen. Lange betrachtete er seine Freundin und Lehrerin mit stummem Erstaunen, dann konnte er seine Freude nicht mehr fassen, er brach in lauten Jubel aus und rief: „O Tugend, o Weisheit, wie schön ist deine Gestalt, wer kann leben ohne dich, wenn er sich einmal erblickte!“ Dann ergriff er ihre Hand und steckte ihr seinen Siegelring an den Finger und sprach: „Erwache, o meine holdselige Freundin, nimm meinen Thron und meine Hand und verlasse mich nie wieder!“ Da erwachte das Myrtenfräulein, und als es das Licht erblickte, errötete es über und über und blies die Lampe aus. Dann klagte sie, dass er sie gefangen habe, und sagte: „Daraus wird gewiss Unglück kommen“; aber der Prinz bat sie so sehr um Vergebung, bis sie ihm verzieh und versprach, die Fürstin seines Landes zu werden, wenn ihre Eltern es erlaubten; er sollte nur alle Anstalten zur Hochzeit machen und dann ihre Eltern fragen, bis dahin sollte er sie aber nicht wiedersehen. Der Prinz willigte in alles ein und fragte sie, wie er sie rufen solle, wenn er alle Anstalten getroffen habe, und sie sagte: Befestige eine kleine Silberglocke an die Spitze meines Bäumchens, und sobald du klingelst, werde ich dir erscheinen.“ Nun zerriss sie das Netz, der Baum rauschte, und fort war das Myrtenfräulein.

      Der Tag war kaum angebrochen, als der Prinz auch schon alle seine Minister und Räte zusammenberief und ihnen bekanntmachte, dass er sich nächstens zu vermählen gedenke, und dass sie alle Anstalten zu dem prächtigsten Hochzeitsfeste treffen sollten, das jemals im Lande gewesen. Die Räte waren sehr erfreut darüber und fragten ihn untertänig um den Namen der Braut, damit sie ihren Namenszug bei der Illumination anbringen könnten. Da sagte der Prinz: „Der erste Buchstab ihres Namens ist M, und es sollen beim Feste überall Myrtenzweige hingemalt werden, wo es sich schickt.“ Da wollten die Herrn ihn schon verlassen, als plötzlich eine Botschaft kam, dass ein wildes Schwein in dem fürstlichen Tiergarten toll geworden wäre und in dem darin befindlichen gläsernen Lusthause alles chinesische Porzellan zertrümmert habe; es sei

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