Brentanos Märchen. Clemens Brentano

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Brentanos Märchen - Clemens Brentano страница 6

Brentanos Märchen - Clemens Brentano

Скачать книгу

der Pfau, der Storch, der Gockelhahn und die Turteltaube und die Katze und das Seidenhäschen, und das Hündchen und das Mäuschen schwiegen mausstille, der Brunnen plätscherte leiser, die Grillen hörten auf zu zirpen, die Käfer brummten nicht mehr, die Bienen schlüpften in die Lilienkelche und lauschten, aber leuchtende Johanneskäfer schwebten durch die warme Luft, und die Spindeln schnurrten angenehm um die Gesellschaft herum. Jungfer Elsefinger aber erzählte.

      Myrtenfräulein

      Im sandigen Lande, wo nicht viel Grünes wächst, wohnten einige Meilen von der porzellanenen Hauptstadt, wo der Prinz Wetschwuth residierte, ein Töpfer und seine Frau mitten auf ihrem Tonfeld neben ihrem Töpferofen, beide ohne Kinder, einsam und allein. Das Land war ringsum so flach wie ein See, kein Baum und kein Busch war zu sehen, und es war gar betrübt und langweilig. Täglich beteten die guten Leute zum Himmel, er möge ihnen doch ein Kind bescheren, damit sie eine Unterhaltung hätten, aber der Himmel erhörte ihre Wünsche nicht. Der Töpfer verzierte alle seine Gefässe mit schönen Engelsköpfen, und die Töpferin träumte alle Nacht von grünen Wiesen und anmutigen Gebüschen und Bäumen, bei welchen Kinder spielten; denn wonach das Herz sich sehnt, das hat man immer vor Augen.

      Einstens hatte der Töpfer seiner Frau zwei schöne Werke auf ihren Geburtstag verfertigt, eine wunderschöne Wiege von dem weissesten Ton, ganz mit goldnen Engelsköpfen und Rosen verziert, und ein grosses Gartengefäss von rotem Ton, rings mit bunten Schmetterlingen und Blumen bemalt. Sie machte sich ein Bettchen in die Wiege und füllte das Gartengefäss mit der besten Erde, die sie selbst stundenweit in ihrer Schürze dazu herbeitrug, und so stellte sie die beiden Geschenke neben ihre Schlafstelle, in beständiger Hoffnung, Der Himmel werde ihr ihre Bitte gewähren; und so betete sie auch einst abends von ganzer Seele:

      Herr, ich flehe auf den Knieen,

      Schenke mir ein liebes Kind!

      Fromm will ich es auferziehen,

      Ist’s ein Mägdlein, dass es spinnt

      Einen klaren, reinen Faden

      Und dabei hübsch singt und betet;

      It’s ein Sohn durch deine Gnaden,

      Dass er kluge Dinge redet

      Und ein Mann wird treu von Worten,

      Stark von Willen, kühn von Tat,

      Der geehrt wird allerorten,

      Wie im Kampfe, so im Rat.

      Herr, bereitet ist die Wiege,

      Gib, dass mir ein Kind drin liege!

      Ach, und sollte es nicht sein,

      Gib mir doch nur eine Wonne,

      Wär’s auch nur ein Blümelein,

      Das ich in der lieben Sonne

      Könnte ziehen, könnte pflegen,

      Dass ich mich mit meinem Gatten

      Einst im selbsterzognen Schatten

      Unter ihm ins Gras könnt legen!

      So betete die gute Frau unter Tränen und ging zu Bett. In der Nacht war ein schweres Gewitter, es donnerte und blitzte, und einmal fuhr ein heller Glanz durch die Schlafkammer. Am andern Morgen war das schönste Wetter, ein kühler Wind wehte durch das offne Fenster, und die gute Töpferin lag in einem süssen Traum, als sitze sie unter einem schönen Myrtenbaum bei ihrem lieben Manne. Da säuselte das Laub um sie, und sie erwachte, und siehe da, ein frisches, junges Myrtenreis lag neben ihr auf dem Kopfkissen und spielte mit seinen zarten, im Winde bewegten Blättern um ihre Wangen. Da weckte sie mit grossen Freuden ihren Mann und zeigte es ihm, und sie dankten beide Gott auf ihren Knieen, dass er ihnen doch etwas Lebendiges geschenkt hatte, das sie konnten grünen und blühen sehen. Sie pflanzten das Myrtenreis mit der grössten Sorgfalt in das schöne Gartengefäss, und es war täglich ihr liebstes Geschäft, das junge Stämmchen zu begiessen und in die Sonne zu setzen und vor bösem Tau und rauhen Winden zu schützen. Das Myrtenreis wuchs zusehends unter ihren Händen und duftete ihnen Fried und Freude ins Herz.

      Da kam einstens der Landesherr, Prinz Wetschwuth, in diese Gegend mit einigen Gelehrten, um neue Porzellanerde zu entdecken; denn es wurden in seiner Hauptstadt Porzellania so viele Häuser davon gebaut, dass diese Erde in Der Nähe der Stadt selten geworden war. Da er in die Wohnung des Töpfers eintrat, ihn um seinen Rat zu fragen, ward er bei dem Anblick des Myrtenbäumchens so durch dessen Schönheit hingewissen, dass er alles andere vergass und in lauter Verwunderung ausrief:;O wie lieblich, wie reizend ist diese Myrte! Ihr Anblick hat für mein Herz etwas ungemein Erquickendes, ich möchte immer in der Nähe dieses Baumes leben — nein, ich kann ihn nicht entbehren, ich muss ihn besitzen, und müsste ich ihn mit einem Auge erkaufen!“ Nach diesem Ausruf fragte er sogleich den Töpfer und seine Frau, was sie für die Myrte verlangten. Diese guten Leute erklärten auf die bescheidenste Weise, dass sie den Baum nicht verkaufen wollten, und dass er das Liebste sei, was sie auf Erden hätten. „Ach,“ sagte die Töpferin, „ich könnte nicht leben, wenn ich meine Myrte nicht vor mir sähe; ja, sie ist mir so lieb und wert, als wäre sie mein Kind, und kein Königreich nähme ich für diese meine Myrte.“ Da der Prinz Wetschwuth dies hörte, ward er sehr traurig und begab sich nach seinem Schlosse zurück. Seine Sehnsucht nach der Myrte war so gross, dass er in eine Krankheit fiel und das ganze Land um ihn bekümmert wurde. Da kamen Abgesandte zu dem Töpfer und seiner Frau und forderten sie auf, die Myrte dem Prinzen zu überlassen, damit er nicht vor Sehnsucht sterben möchte. Nach langen Unterhandlungen sagte die Frau: „Wenn er die Myrte nicht hat, so muss er sterben, und wenn wir die Myrte nicht haben, so können wir nicht leben. Will der Prinz nun die Myrte haben, so muss er uns auch mitnehmen, wir wollen sie ihm überbringen und ihn anflehen, dass er uns als treue Diener in sein Schloss aufnehme, damit wir die geliebte Myrte dann und wann sehen und uns an ihr erfreuen können.“ Das waren die Abgesandten zufrieden, sie schickten gleich einen Reiter in die Stadt mit der frohen Nachricht, die Myrte werde ankommen, der Prinz sollte Mut fassen. Nun stellte der Töpfer das Gefäss mit der Myrte auf eine Tragbahre, über welche die Frau ihre schönsten seidenen Tücher gebreitet hatte, und sie trugen beide, nachdem sie ihre Hütte verschlossen hatten, den geliebten Baum nach der Stadt, wohin sie von den Abgesandten begleitet wurden. Von der Stadt kam ihnen der Prinz selbst in einem Wagen entgegen und hatte ein goldenes Giesskännchen in der Hand, womit er die geliebte Myrte begoss, bei deren Anblick er sich sichtbar erholte. Vier weissgekleidete, mit Rosen geschmückte Jungfrauen kamen mit einem rotseidenen Traghimmel, unter welchem die Myrte nach dem Schloss getragen wurde. Kinder streuten Blumen, und alles Volk war froh und warf die Mützen in die Höhe. Nur neun Fräulein in der Stadt waren nicht bei der allgemeinen Freude zugegen, denn sie wünschten, dass die Myrte verdorren möchte, weil der Prinz, ehe er die Myrte gesehen hatte, sie oft besuchte und jede von ihnen gehofft hatte, einst Beherrscherin der Stadt Porzellania zu werden. Seit aber von der Myrte die Rede war, hatte er sich nicht mehr um sie bekümmert; drum waren sie auf den unschuldigen Baum so erbittert, dass sich an diesem Freudentage keine von ihnen erblicken liess. — Der Prinz liess die Myrte an das Fenster seiner Stube stellen und gab dem Töpfer und seiner Frau eine Wohnung im Schlossgarten, aus deren Fenster sie die Myrte immer erblicken konnten, womit die guten Leute dann auch wohl zufrieden waren.

      Der Prinz war bald wieder ganz gesund; er pflegte den Baum mit einer unbeschreiblichen Liebe und Sorgfalt; auch wuchs dieser und breitete sich aus zu aller Freude. Einstens setzte sich der Prinz abends neben dem Baume auf sein Ruhebett. Alles war ruhig im Schloss, und et entschlummerte in tiefen Gedanken. Da nun die Nacht alles bedeckt hatte, hörte er ein wunderbares Säuseln in seinem Baum und erwachte und lauschte; da

Скачать книгу