Lacroix und der Bäcker von Saint-Germain. Alex Lépic

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Lacroix und der Bäcker von Saint-Germain - Alex Lépic Red Eye

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war die Bürgermeisterin des siebten Arrondissements. In diesem Bezirk rive gauche, mit seinen Museen, den alten Bürgerhäusern und Ministerien, einem der wohlhabendsten der Stadt, saß sie natürlich für die konservativen Républicains im Rathaus, das altehrwürdig in der Rue Saint-Dominique lag. Sie war beliebt bei ihren Wählern, weil sie in ihren bisher zwei Amtsperioden viel hatte erreichen können, und mochte ihre Arbeit sehr. Einzig die zahlreichen, nicht enden wollenden Sitzungen empfand sie mitunter als Qual.

      »Dann sehen wir uns eben am Abend, ma chère

      Sie gaben sich einen Abschiedskuss, dann wandte sie sich nach links in Richtung Rathaus und er nach rechts in Richtung Quais, um den Weg am Fluss entlang zu seinem Stammbistro einzuschlagen.

      »Mon cher!« Der Ruf ließ ihn innehalten, er drehte sich um. Dominique hielt ihr Handy in der Hand. »Hier, für dich …«

      Es konnte nur Rio sein. Niemand außer seiner Assistentin hatte die Nummer seiner Frau, und auch sie wählte sie nur im absoluten Notfall.

      »Hier ist Rio, Commissaire, verzeihen Sie die frühe Störung. Sie waren nicht mehr zu Hause und noch nicht im Chai – und die Angelegenheit kann nicht warten: Es wurde eine Leiche gefunden. In der Rue de Seine.«

      Lacroix stutzte.

      »Können Sie gleich kommen?«, fragte Rio.

      »Haben Sie die genaue Adresse?«

      »Boulangerie Lefèvre, 42 Rue de Seine.«

      »Herrgott … Ich bin unterwegs.«

      Er gab seiner Frau das Telefon zurück, ohne aufzulegen. Er hätte zu lange gebraucht, die richtige Taste zu finden.

      »Ach, mein Maigret«, sagte Dominique seufzend, »es wird wirklich Zeit, dass du dir ein Handy zulegst.«

      »So können wir uns immerhin noch mal verabschieden.« Er küsste sie zärtlich.

      »Etwas Schlimmes?«

      Er nickte, in Gedanken schon ganz woanders. »Es ist … du glaubst es nicht. Ein Toter in der … Erst gestern war ich … Ich erzähle es dir heute Abend, nun muss ich los.«

      Dominique fragte nicht nach, sah ihn nur erstaunt an. Sie lösten sich voneinander, und er wandte sich in Richtung Invalidendom, in der Hoffnung, dort den 63er-Bus zu bekommen.

      In seinem Kopf kreisten die Gedanken, er versuchte sich zu erinnern. Ein paar Stunden war es erst her. Er rief sich die Bilder des Ladens vor Augen, die Auslage, die Gesichter der Verkäuferinnen. Er hatte einen Blick in die Backstube werfen können, in der kurz vor Ladenschluss nicht mehr viel los gewesen war. Nur ein junger Mann mit weißer Schürze hatte dort aufgeräumt, erinnerte er sich.

      Lacroix verließ die Rue de l’Université und trat auf den weitläufigen Platz, der zwischen dem alten Air-France-Gebäude und dem Invalidendom lag. Ein kalter Wind wehte, trieb die Passanten wie fliehende Rehe vor sich her.

      Er wartete zwei Minuten völlig in Gedanken versunken, hörte dann das Klingeln, das den nahenden Bus ankündigte. Lacroix stieg ein, der Fahrer nickte ihm zu, er fuhr oft diese Linie. An der Station Seine-Buci stieg er aus, die Zufahrt zur Rue de Seine war schon abgesperrt, ein Verkehrspolizist hatte seinen Motorroller quer auf die Fahrbahn gestellt und war dabei, den Tatort zu sichern.

      »Bonjour, Commissaire«, sagte er und hielt das rot-weiße Band hoch, damit Lacroix darunter durchtreten konnte.

      Der Commissaire ging die wenigen Schritte die kleine Straße hinab, wie er es gestern getan hatte. Heute war der Himmel zwar grau, aber es regnete nicht. Über ihm die drei- und vierstöckigen feinen Häuser mit ihren schmiedeeisernen Balkonen, wie Georges-Eugène Haussmann sie erdacht hatte. Die Galerien in den Erdgeschossen, dunkle Möbel und goldschimmernder Kitsch zu astronomischen Preisen.

      Vor der Boulangerie stand nur ein Polizeiauto, zwei Beamtinnen warteten vor dem Laden und sahen grimmig die Straße entlang, als erwarteten sie, dass sich der Täter noch mal sehen lassen würde.

      Sie traten zur Seite und ließen Lacroix vorbei. In der Boulangerie war es viel kälter als am Vortag. Lacroix war mittlerweile überzeugt, dass das Opfer einer der Bäckermeister sein musste – wer war sonst um diese Uhrzeit schon auf den Beinen.

      Capitaine Rio hatte die Klingel über der Tür gehört und kam sofort aus der Backstube in den Verkaufsraum.

      »Commissaire, guten Morgen, bitte, kommen Sie.«

      Die Polizistin ging voran und wies auf den Fußboden. Statt der alten Holzdielen im Verkaufsraum waren hier blitzsaubere weiße Fließen. Vor dem großen metallenen Ofen blieb sie stehen.

      Da lag er, nicht der junge Bäcker von gestern, sondern ein älterer Mann mit dichten grauen Haaren. Er lag auf dem Bauch, den Kopf zur Seite geneigt, Arme und Beine weit von sich gestreckt, als würde er friedlich schlafen. Nur die Wunde am Hinterkopf zeigte, dass dem nicht so war. Es war nur wenig Blut am Boden, genau wie an dem hölzernen Brotschieber, der neben dem Mann lag.

      Eben betrat Paganelli den Raum.

      »Guten Morgen, Rio, guten Morgen, Commissaire. Sorry, mein Roller ist nicht angesprungen. Was haben wir?«

      »Maurice Lefèvre«, sagte Rio, die wohl als Erste von der Police nationale am Tatort gewesen war. »56 Jahre alt. Der Besitzer des Ladens, Bäckermeister in dritter Generation. Seine Jacke hing im Spind, als einzige, darin war sein Portemonnaie.«

      »Wer hat ihn gefunden?«

      »Ein Mann von Gaz de France, der sich für den Morgen zum Ablesen angekündigt hatte. Wir nehmen an, dass der Tote deshalb hier war. Mittwoch ist eigentlich Ruhetag. Der Gasmann hatte vom Hof aus durchs Fenster geguckt und ihn hier liegen sehen. Er hat uns sofort angerufen.«

      Ruhetag, dachte Lacroix. Deshalb hatten sie den Toten so spät gefunden. »Wo ist der Mann?«

      »Sitzt draußen im Hof und raucht. Madame Lefèvre ist auf dem Weg hierher. Ich habe sie vorhin angerufen. Sie weiß noch nicht Bescheid.« Rio sah Lacroix mit großen Augen an. Angehörigen die schreckliche Nachricht vom Tod eines geliebten Menschen zu überbringen, gehörte zu den Aufgaben, die wohl jeder Polizist am meisten fürchtete.

      Lacroix ging durch die Backstube, betrachtete die Urkunden an der Wand und ein Foto der Belegschaft. Er erkannte die drei Verkäuferinnen von gestern, dahinter standen die Männer aus der Backstube, alle mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Neben ihnen eine ältere Dame im Kostüm, sicher die Chefin, wiederum daneben Maurice Lefèvre. Sein Blick war freundlich und sanft, ein Handwerker, wie er im Buche steht: der Schnauzbart fein gestutzt, die Bäckeruniform strahlend weiß, nur das Mehl an den Ärmeln wies darauf hin, dass das Foto inmitten der alltäglichen Arbeit gemacht worden war.

      »Rio, sagen Sie mir …«, begann Lacroix, wurde aber von einer wohlbekannten und ein wenig zu heiteren Stimme aus dem Verkaufsraum unterbrochen.

      »Bonjour, Messieurs-dames, wo ist denn unser berühmter Commissaire?«

      Wenige Sekunden später schlenderte Docteur Obert in die Backstube, in der rechten Hand eine Zeitung, in der linken die obligatorische Arzttasche, die er direkt neben dem Toten abstellte. Er wandte sich Lacroix zu und wedelte mit der Zeitung. Auf der Titelseite ein altes Foto des Mannes, der nun hier am Boden vor ihnen lag, und

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