Lacroix und der Bäcker von Saint-Germain. Alex Lépic

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Lacroix und der Bäcker von Saint-Germain - Alex Lépic страница 5

Автор:
Серия:
Издательство:
Lacroix und der Bäcker von Saint-Germain - Alex Lépic Red Eye

Скачать книгу

wird mich in meine Träume verfolgen, glauben Sie mir.«

      Lacroix ging in die Bäckerei zurück. Rio und Paganelli standen schweigend neben der Leiche, die gerade in einen metallenen Sarg gehoben wurde.

      »Capitaine«, sagte Lacroix leise, und Rio trat einen Schritt näher.

      »Bitte befragen Sie die Nachbarn. Hier und im Haus nebenan. Vielleicht ist irgendjemandem etwas Ungewöhnliches aufgefallen, vielleicht wurde jemand aus dem Schlaf gerissen. Fragen Sie die Leute, was in der Nacht los war. Sie haben Docteur Obert gehört, das Opfer ist schon eine Weile tot. Wir sehen uns später im Kommissariat, ich werde draußen auf Madame Lefèvre warten.«

      Sie nickte, und Lacroix verließ die Bäckerei, ging auf dem Gehsteig auf und ab, aber er musste nicht lange warten. Von ganz hinten, aus Richtung des Boulevards, eilte eine Frau auf ihn zu. Sie war groß und kräftig, eine herbe Schönheit, ihr Gesicht war voll und rot. Gesund und kräftig sah sie aus, dachte Lacroix.

      Er stellte sich ihr in den Weg, sie sollte keine Gelegenheit haben, im Laden die Schrecken der vergangenen Stunden zu sehen.

      »Madame Lefèvre?«, fragte er, obwohl er keinen Zweifel hatte. »Mein Name ist Commissaire Lacroix von der Police nationale. Ich würde Sie gern auf einen café einladen, vielleicht gehen wir ein Stück.«

      »Was ist denn passiert?«, fragte sie, während sie versuchte, an ihm vorbei in den Laden zu schauen.

      »Kommen Sie«, Lacroix führte sie ein Stück die Straße hinab. »Gehen wir hier hinein«, sagte er und öffnete die Tür zum La Palette. Er hätte auch mit ihr ins Chai gehen können, das nur wenige Meter entfernt lag, aber er wollte die Witwe eines Mordopfers nicht in sein Stammlokal führen, wo er von allen begrüßt worden wäre. Er bemerkte, dass die Frau vermied, ihn anzusehen, selbst als sie ihm gegenüber Platz nahm. Er verstand sie. Die Menschen wussten, dass er selten gute Nachrichten brachte, spürten meist gleich, dass etwas nicht stimmte.

      »Monsieur, deux cafés, s’il vous plaît«, rief er in Richtung Bar, und als der Mann hinter dem Zinktresen nickte, beugte Lacroix sich ein Stück vor, um leiser sprechen zu können.

      »Madame Lefèvre, ich habe leider eine schreckliche Nachricht für Sie. Ihr Mann wurde in der vergangenen Nacht erschlagen. Ein Zeuge hat ihn heute Morgen in der Backstube gefunden, und wir sind uns sicher, dass Monsieur Lefèvre getötet wurde.«

      Ihr Gesicht wurde noch röter, sie war ganz und gar starr, dann erhob sie sich schwerfällig, ohne ihn anzusehen. Lacroix hatte Angst, dass sie zusammenbrechen würde, doch sie blieb nur kurz vor dem roten Ledersessel stehen und fing dann an, im Café auf und ab zu gehen, den Blick gesenkt. Er sah ihre Augen nicht, sah nicht, ob sie weinte. Als sie sich umwandte, bemerkte er, wie sich unablässig ihre Lippen bewegten, als murmele sie etwas. Es klang wie eine Litanei, doch genaue Worte drangen nicht zu ihm durch.

      Lacroix blieb sitzen, der Kellner brachte die beiden cafés, ohne die Frau aus den Augen zu lassen, die er zweifellos für verrückt hielt.

      Der Commissaire nahm seine Tasse, rührte mit dem kleinen Löffel darin herum und ließ ihr die Zeit, die sie brauchte, um zu verstehen, was er ihr da gerade gesagt hat. Erst nach einigen Minuten kam Madame Lefèvre an den Tisch zurück, blieb noch einen Moment abgewandt stehen, dann setzte sie sich.

      »Ich habe ihn nicht nach Hause kommen hören.«

      »Ist Monsieur …«, begann Lacroix, doch sie unterbrach ihn gleich wieder mit einer wegwerfenden Geste, ihre Augen richteten sich auf ihn, als sei sie aus einem Traum erwacht.

      »Das ist nicht ungewöhnlich, das wollte ich damit nicht sagen. Überhaupt nicht. Er war oft nächtelang in der Bäckerei. Und dass er gestern geblieben ist, nach seinem Triumph, hat mich nicht überrascht.«

      »Sie meinen die Wahl zum besten Baguette der Stadt? Ich habe es vorhin in der Zeitung gelesen.«

      Sie lächelte in sich hinein und nickte sanft. »Niemand hat es für möglich gehalten, außer ihm. Aber er hat es tatsächlich geschafft und den Titel verteidigt.«

      Lacroix nahm einen Schluck von seinem café, tatsächlich erstaunt. »Ist das denn so ungewöhnlich?«

      Sie nickte stolz. »Das gab es noch nie, Commissaire. Noch nie. Es gibt einen Bäcker, der den Titel zweimal geholt hat, aber nicht in aufeinanderfolgenden Jahren. Aber mein Maurice hat es geschafft. Er wird damit in die Geschichte eingehen.«

      Lacroix war selten sprachlos, jetzt aber brauchte er einen Moment, um sich zu sammeln. Er hatte dem Wettbewerb keine große Bedeutung beigemessen, ganz anders als Madame Lefèvre. Seine Gedanken rasten. Der Sieger lag wenige Stunden nach der Verkündung erschlagen in seiner Backstube – das konnte doch kein Zufall sein.

      »Was hat Ihr Mann nachts in der Boulangerie gemacht?«

      »Was meinen Sie denn, Commissaire? Er trank sicher keinen Champagner und feierte sich selbst. Maurice war ganz anders, er ruhte nicht, nein, er wird die ganze Nacht dort gesessen und über Rezepten gebrütet haben. Er tüftelte immer an neuen Broten und Torten, vor allem aber wollte er die Rezeptur des Baguettes perfektionieren – auch wenn das natürlich totaler Blödsinn ist, wenn man erwiesenermaßen das beste Baguette der Stadt produziert. Aber sei’s drum, das war seine Mission. Zwischendurch putzte er die Maschinen, und wenn er zufrieden war mit seinem Werk, dann genehmigte er sich einen sehr alten Cognac. Das war sein Ritual.«

      Das Stimmgewirr um sie herum schwoll an, der Geruch von frisch gemahlenem Kaffee lag in der Luft. An der Bar zapfte der Wirt die ersten Biere des Tages. Nun, um kurz vor zehn, kamen die, die am Morgen schwer geschuftet hatten, Marktleute, Postboten, Reinigungskräfte. Lacroix sehnte sich nach dem Chai.

      »Das klingt, als hätten Sie Ihrem Mann häufiger in der Backstube Gesellschaft geleistet«, sagte der Commissaire.

      »Früher, ja«, sagte sie und lächelte in sich hinein. Ihre Wangen waren nun noch rosiger, sie wirkte auf einmal viel offener. »Aber Sie wissen ja, wie das ist, Monsieur le Commissaire, all die Pflichten und Verpflichtungen. Wir sind uns nach wie vor sehr nah, aber die Verantwortung für den Laden und die Mitarbeiter zwingt uns, mehr Geschäftspartner als ein Ehepaar zu sein.«

      Sie hielt einen Moment inne, betrachtete ein junges Paar am Nebentisch, das Händchen hielt. Einen Augenblick später sah sie betroffen zu Boden.

      »Ihr Verlust tut mir sehr leid«, sagte Lacroix. »Haben Sie eine Idee, wer Ihrem Mann etwas antun wollte? Ich weiß, es ist eine plumpe Frage, aber: Hatte er Feinde? Neider?«

      »Wissen Sie, Monsieur le Commissaire, in diesem Land gibt es an jeder Ecke einen guten Bäcker – auch wenn es leider immer weniger werden. Als Handwerker, und so verstehen wir uns, sind Sie immer einer unter vielen. Wenn Sie dann diese Auszeichnung erhalten, ist alles anders. Die Kunden rennen Ihnen die Bude ein, aber die Kollegen beginnen, sich abzuwenden, reden mit ihren Kunden schlecht über Sie: ›Ach, beim Lefèvre, da sind ja mittlerweile alle abgehoben, da geben sie sich keine Mühe mehr, die ruhen sich auf ihren Lorbeeren aus.‹ So ist das. Damit sollte Ihre Frage beantwortet sein. Neider gibt es viele.«

      »Aber jemand, der Ihrem Mann wirklich nach dem Leben trachtete?«

      Sie zuckte mit den Schultern. »Nicht dass ich wüsste.«

      »Wie viele Angestellte haben Sie? Und wie viele von ihnen haben einen Schlüssel?«

      »Es sind elf Angestellte. Einen Schlüssel haben die

Скачать книгу