Aus den Akten der Agence O. Georges Simenon

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Aus den Akten der Agence O - Georges Simenon страница 6

Автор:
Серия:
Издательство:
Aus den Akten der Agence O - Georges  Simenon Red Eye

Скачать книгу

verloren wurde, ein ausreichend schlagender Beweis war, um Sie zu dieser Tat heute Morgen zu veranlassen …«

      »Beeilen Sie sich! Es ist kalt hier draußen.«

      »Ich wollte sagen, dass es zwei Arten von Wäschereizeichen gibt. Die für private Kunden; die sind nicht so kompromittierend. Aber moderne Wäschereien haben einen großen Kundenstamm. Darum benutzen sie für die Wäsche der großen Hotels besondere Zeichen …«

      »Das ist unsinnig!«, fällt sie ihm ins Wort.

      »Trotzdem sind Sie blass geworden! Wie dem auch sei, ich nehme an, dass Sie und Ihr Komplize oder Ihre Komplizen in einem Hotel wohnen, wahrscheinlich in einem der größeren. Das Wäschereizeichen hätte uns auf Ihre Spur gebracht. Jetzt ist es nur noch Teil eines Punschs, den hoffentlich niemand trinken wird! Ich würde vorschlagen, wenn Sie nichts dagegen haben – es ist wegen der Schnecken, die ich gegessen habe –, in die kleine Bar dort zu gehen und an der Theke ein Bier zu trinken?« Sie folgt ihm herablassend.

      »Zwei Bier vom Fass!«

      »Das erklärt immer noch nicht, warum Sie, falls ich heute Nacht nicht in meinem Bett schlafe, wissen …«

      »Nun, Sie haben gesehen, dass ich meinen Kollegen weggeschickt habe.«

      »Der, der so aussieht wie ein Hund auf Entenjagd?«

      »Genau. Er und ein paar andere haben jetzt viel Arbeit vor sich. Morgen früh werden wir dann die Namen und Beschreibungen aller Frauen Ihrer Altersgruppe haben, die in Pariser Hotels registriert sind und die die Nacht nicht in ihrem Zimmer verbracht haben. Auf Ihr Wohl! Wirt, was schulde ich Ihnen?«

      »Ich habe Ihnen vorhin eine Frage gestellt.«

      »Haben Sie das? Ich erinnere mich nicht …«

      Sie laufen wieder den Fluss entlang.

      »Was verdienen Sie in der Agence O? Was würden Sie sagen, wenn …«

      »Das hängt davon ab, wie viel Sie bei sich haben.«

      Sie nimmt ihn beim Wort und öffnet ihre Handtasche. Sie sind an der Spitze der Insel angekommen, von der aus man oben Notre-Dame sehen kann. Der Nebel hat sich gelichtet.

      »Wenn ich Ihnen …«

      Sie zählt die Scheine. Dreißig … vierzig …

      »… fünfzigtausend Franc geben würde?«

      Sie ist außer sich vor Freude. Auf keinen Fall kann dieser schlecht gekleidete junge Mann, der aussieht wie ein armer Angestellter, ein solches Vermögen ablehnen.

      »Sie müssen nur die Metro verpassen, die ich nehmen werde …«

      »Aber dann«, antwortet er ruhig, »hätten Sie gar kein Geld mehr bei sich. Nein, bestimmt nicht! Fünfzigtausend Franc ist alles, was Sie in Ihrer Tasche haben. Und wenn Sie Ihren Komplizen nicht wiederfinden würden? Wenn er Angst bekommen und schon das Weite gesucht hätte?«

      Sie kann sich ein leises Lächeln nicht verkneifen.

      »Sie lehnen ab? Ist es nicht genug?«

      »Es ist zu viel und nicht genug. Ich bin nicht gut im Rechnen. Die Arbeit gestern Nacht hat Ihnen Schmuck im Wert von achthunderttausend Franc eingebracht. Und letzten Monat in der Rue de la Paix zwei Millionen. Der Einbruch am Boulevard Poissonnière …«

      »Ich frage Sie zum letzten Mal. Ja oder nein?«

      Daraufhin flüstert er, unbeholfen galant:

      »Ich genieße Ihre Gesellschaft viel zu sehr.«

      »Es wird Ihnen noch leidtun.«

      Jetzt tut sie so, als beachtete sie ihn überhaupt nicht mehr. Sie überquert die Brücke und hält ein Taxi an. Ohne auf eine Einladung zu warten, steigt er gleich mit ein. Das Taxi hält vor einem Geschäft für Damenunterwäsche in der Rue Saint-Honoré.

      »Ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie …«

      »Oh, ich liebe feine Unterwäsche«, versichert er ihr.

      Er folgt ihr von Abteilung zu Abteilung. Als sie zur Kasse gehen, fragt die Verkäuferin:

      »Wohin sollen wir die Ware schicken?«

      Und plötzlich kommt ihr eine Idee, und sie platzt heraus:

      »Geben Sie alles dem Diener meines Mannes hier.«

      Schuhe … Seidenstrümpfe … Hin und wieder wirft sie ihm einen ironischen Blick zu, aber er ist nicht das kleinste bisschen verunsichert und hält die Pakete gut fest, außer als er seine Brille putzen muss.

      »Haben Sie noch immer nicht genug?«, fragt sie.

      »Oh, das macht mir gar nichts aus. Nur, dass nicht alles ins Taxi passen wird.«

      Fünf Uhr … sechs Uhr … Als der Taxifahrer an einer besonders verkehrsreichen Kreuzung warten soll, wirft er ihnen böse Blicke zu und folgt ihnen bis zur Ladentür.

      »Welches Hotel? Tja, mal sehen … Hôtel du Louvre.«

      Und dann, im Hotel angekommen, fragt sie nach einem Zimmer. Émile bleibt hinter ihr stehen.

      »Doppelzimmer?«

      »Nein. Ein Einzelzimmer. Nur für mich«, antwortet sie.

      »Und für Monsieur?«

      »Ich brauche keins«, stottert Émile.

      Sie ist äußerst gereizt. Oben im Zimmer, wo sich die Pakete auf dem Bett türmen, bebt sie fast vor Wut.

      »Wie lange soll das noch so weitergehen?«

      »Ich glaube, es ist das Beste, wenn wir runter an die Bar gehen und einen Cocktail trinken. In diesem Hotel gibt es eine exzellente amerikanische Bar«, antwortet Émile.

      »Oh, jetzt sind Sie Barexperte, was?«

      »Ebenso sehr wie für Strümpfe, Madame Baxter.«

      Das ist der Name, den sie an der Rezeption angegeben hat.

      »Und ein noch größerer Experte, wenn es um Juwelendiebe geht. Sie machen wirklich einen Fehler, wenn Sie mich nicht auf einen Manhattan an die Bar begleiten.«

      Fassungslos folgt sie ihm in die Bar. Es ist schwer, sich den zurückhaltenden Monsieur Émile in einer amerikanischen Bar vorzustellen, und doch scheint er sich dort absolut wohlzufühlen und belehrt sogar den Barmann über die Anteile für den Cocktail.

      »Wie Sie wissen, meine kleine Dame …«

      »Ich verbiete Ihnen, mich ›meine kleine Dame‹ zu nennen.«

      »Wie Sie wissen, meine liebe Freundin.«

      Sie macht den Mund auf, um wieder zu protestieren, aber ihr ist klar, dass sie bei ihm nicht das letzte Wort haben wird. Selbst wenn man ihn ohrfeigte,

Скачать книгу