Vorträge über das Johannes-Evangelium, Band 1. Augustinus von Hippo

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Vorträge über das Johannes-Evangelium, Band 1 - Augustinus von Hippo Die Schriften der Kirchenväter

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welche nicht da waren, nicht nach dem Vergangenen verlangen, sondern mit denen, die da waren, jetzt auch das Gegenwärtige hören.

       2.

      Es folgt: „Es war ein Mensch von Gott gesandt, der hieß Johannes“. Dasjenige nämlich, was im Vorausgehenden gesagt wurde, ist über die unaussprechliche Gottheit Christi gesagt worden, und beinahe auf unaussprechliche Weise. Denn wer wird begreifen: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott“? Und damit dir nicht der Name „Wort“ gering erscheine durch den Gebrauch der täglichen Worte, so heißt es weiter: „und Gott war das Wort“. Eben dieses Wort ist es, worüber wir am gestrigen Tage34 viel geredet haben, und der Herr gebe, daß durch so vieles Reden wenigstens etwas in eure Herzen gedrungen sei. „Im Anfang war das Wort.“ Es ist (stets) dasselbe, es ist in derselben Weise; wie es ist, so ist es immer; es kann sich nicht ändern, d. h. es ist. Diesen seinen Namen hat das Wort seinem Diener Moses genannt: „Ich bin, der ich bin“, und: „Der da ist, hat mich gesandt“35. Wer also wird dies begreifen, da ihr seht, daß alles Sterbliche veränderlich ist; da ihr seht, daß nicht bloß die Körper sich ändern nach ihren Eigenschaften, durch Entstehen, Wachsen, Abnehmen, Sterben, sondern auch die Seelen selbst durch den Affekt verschiedener Willensstrebungen sich ausdehnen und teilen; da ihr seht, daß die Menschen sowohl die Weisheit erlangen können, wenn sie sich ihrem Lichte und ihrer Wärme nähern, als auch die Weisheit verlieren können, wenn sie sich davon in böser Stimmung entfernen? Da ihr also seht, daß dies alles vergänglich ist, was ist das, was* ist, wenn nicht eben das, was hinausgeht über alles, was so* ist, daß es* nicht* ist? Wer also möchte dies begreifen? Oder wer, wie immer er auch die Kräfte seines Geistes anstrenge, um nach Möglichkeit das, was ist, zu erreichen, möchte zu dem, was er wie auch immer im Geiste erfaßt hat, gelangen? Denn es ist so, wie wenn einer von ferne das Vaterland sieht und ein Meer dazwischen liegt; er sieht, wohin er gehen soll, aber er hat keinen Weg, wo er gehen könnte. So wollen wir zu jener unserer Unwandelbarkeit (stabilitas) gelangen, wo das ist, was wahrhaft ist, weil dies allein immer so ist, wie es ist; dazwischen liegt das Meer dieser Welt, wo wir gehen, obschon wir bereits sehen, wohin wir gehen; denn viele sehen nicht einmal, wohin sie gehen. Damit also ein Weg wäre, auf dem wir gehen könnten, kam von dorther der, zu dem wir gehen wollten. Und was hat er getan? Er bereitete ein Holz, durch das wir das Meer überschreiten könnten. Denn niemand kann das Meer dieser Welt überschreiten, außer er werde durch das Kreuz Christi getragen. Dieses Kreuz umfaßt manchmal auch einer, der schwach ist an den Augen. Und wer nicht von ferne sieht, wohin er gehen soll, der entferne sich nicht von ihm, und es wird ihn ans Ziel führen.

       3.

      Also, meine Brüder, das möchte ich euch ans Herz gelegt haben: wenn ihr fromm und christlich leben wollt, dann schließet euch an Christus an nach dem, was er für uns geworden ist, damit ihr zu ihm gelanget nach dem, was er ist und nach dem, was er war. Er kam, um für uns das zu werden (was er nicht war), indem er das für uns geworden ist, worauf die Schwachen getragen werden und das Meer der Welt überfahren und zum Vaterland gelangen; da wird es keines Schiffes mehr bedürfen, weil man kein Meer zu überfahren hat. Besser ist es also, im Geiste das nicht zu sehen, was ist, und dennoch vom Kreuze Christi sich nicht zu trennen, als dasselbe im Geiste zu sehen und das Kreuz Christi zu verachten. Gut ist es überdies und sogar sehr gut, wenn es möglich ist, daß man sowohl sehe, wohin die Reise geht, als auch an das sich halte, worauf man auf der Reise getragen wird. Dies vermochten die großen Geister der Berge, welche Berge genannt worden sind, die ganz besonders das Licht der Gerechtigkeit erleuchtet; sie vermochten es und sahen das, was ist. Denn sehend sagte Johannes: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort“. Sie sahen das, und um zu dem zu kommen, was sie von ferne sahen, trennten sie sich nicht vom Kreuze Christi und verachteten nicht die Niedrigkeit Christi. Die Kleinen aber, welche dies nicht verstehen können, aber vom Kreuze und Leiden und von der Auferstehung Christi sich nicht trennen, werden in demselben Schiffe zu dem geführt, was sie nicht sehen, in welchem auch jene zum Ziele kommen, die sehen.

       4.

      Dagegen aber hat es gewisse Philosophen dieser Welt gegeben, und sie suchten den Schöpfer durch das Geschöpf, weil er durch das Geschöpf gefunden werden kann, indem der Apostel ganz klar sagt: „Das Unsichtbare an ihm wird seit der Erschaffung der Welt durch das, was geworden ist, erkennbar angeschaut; auch seine ewige Kraft und Gottheit, so daß sie unentschuldbar sind“. Und er fährt fort: „Denn obwohl sie Gott erkannt hatten“; er sagt nicht: Weil sie ihn nicht erkannt hatten, sondern: „Denn obwohl sie Gott erkannt hatten, so haben sie ihn doch nicht als Gott verherrlicht oder Dank gesagt, sondern wurden eitel in ihren Gedanken und ihr unverständiges Herz ward verfinstert“. Warum ward es verfinstert? Er sagt weiter noch bestimmter: „Denn für weise sich haltend, sind sie Toren geworden“36. Sie sahen, wohin man kommen müsse, aber undankbar gegen den, der ihnen verlieh, was sie sahen, wollten sie sich selbst zuschreiben, was sie sahen, und stolz geworden, verloren sie, was sie sahen, und sie wandten sich zu den Götzen und Bildern und zum Dienste der Dämonen, um das Geschöpf anzubeten und den Schöpfer zu verachten. Aber das haben sie getan als solche, die bereits gestrauchelt waren; daß sie aber strauchelten, kam von ihrem Stolze; da sie aber stolz wurden, hielten sie sich für weise. Diese also, von welchen der Apostel sagt: „Obwohl sie Gott erkannt hatten“, sahen das, was Johannes sagt, daß durch das Wort Gottes alles geworden ist. Denn sowohl dies findet sich in den Büchern der Philosophen, als auch, daß Gott einen eingeborenen Sohn hat, durch welchen alles ist. Sie konnten das sehen, was ist, aber sie sahen es von ferne, sie wollten sich nicht an die Niedrigkeit Christi halten und doch würden sie in diesem Schiffe sicher zu dem gelangt sein, was sie von ferne zu sehen vermochten, und wertlos ward ihnen das Kreuz Christi. Man muß über das Meer, und du verachtest das Kreuz? O stolze Weisheit! Du verhöhnst den gekreuzigten Christus; er ist es, den du von ferne gesehen: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott“. Aber warum ist er gekreuzigt worden? Weil dir das Holz seiner Niedrigkeit nötig war. Denn von Stolz warst du aufgebläht und weit von jenem Vaterlande verstoßen; und durch die Fluten dieser Welt ist der Weg unterbrochen, und es ist keine Möglichkeit, zum Vaterland hinüber zu gelangen, außer du werdest vom Holze (des Kreuzes) getragen. Du Undankbarer, du verhöhnst den, der zu dir gekommen ist, damit du zurückkehrest. Er ist der Weg geworden, und zwar durch das Meer. Darum wandelte er auf dem Meere37, um zu zeigen, daß es einen Weg gibt auf dem Meere. Aber du, der du nicht wie er auf dem Meere wandeln kannst, laß dich tragen vom Schiffe, laß dich tragen vom Holze; glaube an den Gekreuzigten und du wirst zum Ziele gelangen können. Deinetwegen ist er gekreuzigt worden, um Demut zu lehren, und weil er, wenn er so käme wie Gott, nicht anerkannt würde. Denn wenn er so käme wie Gott, käme er nicht für diejenigen, welche Gott nicht sehen konnten. Denn nicht nach seiner Gottheit kam oder ging er, da er allgegenwärtig ist und von keinem Raum begrenzt wird. Aber als was kam er? Als Mensch erschien er.

       5.

      Weil er also so Mensch war, daß in ihm die Gottheit verborgen war, so wurde vor ihm her ein großer Mensch gesandt, durch dessen Zeugnis er als mehr erfunden würde denn als Mensch. Und wer ist dies? „Es war ein Mensch.“ Und wie sollte der etwas Wahres von Gott sagen können? „Von Gott gesandt.“ Wie hieß er: „Sein Name war Johannes“. Warum kam er? „Dieser kam zum Zeugnisse, daß er Zeugnis gebe vom Lichte, damit alle durch ihn glauben möchten.“ Wie beschaffen war der, welcher Zeugnis geben sollte vom Lichte? Etwas Großes war dieser Johannes, hervorragend durch Verdienste, groß an Gnade, groß an Würde! Bewundere ihn, bewundere ihn ganz und gar, aber als einen Berg. Ein Berg aber ist in der Finsternis, wenn er nicht vom Lichte bestrahlt wird. Also bewundere Johannes so, daß du auch hörest, was folgt: „Er war nicht das Licht“, damit du nicht, indem du den Berg für das Licht hältst, Schiffbruch am Berge leidest, keinen Trost findest. Doch was sollst du bewundern? Den Berg als Berg. Erhebe dich aber zu dem, der den Berg erleuchtet, der deshalb emporragt, damit er zuerst die Strahlen empfange und deinen Augen melde. Also: „Er war nicht das Licht“.

      

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