Gesammelte Werke (Über 150 Titel in einem Band). Rosa Luxemburg

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Gesammelte Werke (Über 150 Titel in einem Band) - Rosa Luxemburg

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dem Koloß darauf und anderen Wunderdingen, so spurlos, wie wenn er nie errichtet worden wäre. Nur zehn Zeilen im Herodot, ein Fleck auf der Weltkarte des Ptolemäus sowie Spuren alter Kulturen und großer Dörfer und Städte zeugen, daß einst reiches Leben aus der grandiosen Wasseranlage quoll, wo sich heute öde Sandwüsten im inneren Libyen und öde Sümpfe entlang der Seeküste erstrecken.

      In einem Falle könnte uns nur das Marxsche Schema der einfachen Reproduktion vom Standpunkte des fixen Kapitals ungenügend oder lückenhaft erscheinen. Wenn wir uns nämlich in die Produktionsperiode zurückversetzen, wo das gesamte fixe Kapital erst geschaffen wurde. In der Tat, die Gesellschaft besitzt an geleisteter Arbeit mehr als den Teil des fixen Kapitals, der jeweilig in den Wert des Jahresprodukts eingeht und von ihm wieder ersetzt wird. In den Zahlen unseres Beispiels: das gesellschaftliche Gesamtkapital beträgt nicht 6.000 c + 1.500 v wie im Schema, sondern 19.500 c + 1.500 v. Jährlich wird zwar von dem fixen Kapital, das nach unserer Annahme 15.000 c beträgt, 1.500 in Gestalt von entsprechenden Produktionsmitteln reproduziert. Aber so viel wird auch jährlich in derselben Produktion verzehrt. Nach zehn Jahren wird zwar das ganze fixe Kapital als Gebrauchsgestalt, als eine Summe von Gegenständen total erneuert. Aber nach zehn Jahren wie in jedem Jahre besitzt die Gesellschaft 15.000 c an fixem Kapital, während sie nur 1.500 c jährlich leistet, oder an konstantem Kapital besitzt sie im ganzen 19.500, während sie nur 6.000 c schafft. Offenbar muß sie diesen Überschuß an 13.500 fixem Kapital durch ihre Arbeit geschaffen haben; sie besitzt an aufgespeicherter vergangener Arbeit mehr, als es aus unserem Reproduktionsschema hervorgeht. Jeder gesellschaftliche jährliche Arbeitstag stützt sich schon hier, als auf gegebene Basis, auf einige vorgeleistete, aufgespeicherte jährliche Arbeitstage. Doch mit dieser Frage nach der vergangenen Arbeit, die die Grundlage aller jetzigen Arbeit ist, versetzen wir uns an den "Anfang aller Anfänge", der in der wirtschaftlichen Entwicklung der Menschen ebensowenig gilt wie in der natürlichen Entwicklung des Stoffes. Das Reproduktionsschema will und soll nicht den Anfangsmoment, den gesellschaftlichen Prozeß in statu nascendi darstellen, sondern es packt ihn mitten im Fluß, als ein Glied in "des Daseins unendlicher Kette". Die vergangene Arbeit ist stets die Voraussetzung des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses, mögen wir ihn so weit zurückverfolgen, wie wir wollen. Wie die gesellschaftliche Arbeit kein Ende, so hat sie auch keinen Anfang. Die Anfänge der Grundlagen des Reproduktionsprozesses verlieren sich in jener sagenhaften Dämmerung der Kulturgeschichte, in der sich auch die Entstehungsgeschichte des Mörissees des Herodot verliert. Mit dem technischen Fortschritt und der Kulturentwicklung ändert sieh die Gestalt der Produktionsmittel, plumpe Paläolithen werden durch geschliffene Werkzeuge ersetzt, Steinwerkzeuge durch elegante Bronze- und Eisengeräte, Handwerkzeug durch Dampfmaschine. Aber bei all dem Wechsel in der Gestalt der Produktionsmittel und den gesellschaftlichen Formen des Produktionsprozesses besitzt die Gesellschaft als Grundlage ihres Arbeitsprozesses stets eine gewisse Menge vergegenständlichter vergangener Arbeit, die ihr als Basis für die jährliche Reproduktion dient.

      Bei der kapitalistischen Produktionsweise erhält die in den Produktionsmitteln aufgespeicherte vergangene Arbeit der Gesellschaft die Gestalt von Kapital, und die Frage nach der Herkunft der vergangenen Arbeit. welche die Grundlage des Reproduktionsprozesses bildet, verwandelt sich in die Frage nach der Genesis des Kapitals. Diese ist freilich viel weniger sagenhaft, vielmehr mit blutigen Lettern in die neuzeitliche Geschichte eingetragen als das Kapitel von der sogenannten ursprünglichen Akkumulation. Die Tatsache selbst aber, daß wir uns die einfache Reproduktion nicht anders als unter Voraussetzung vergangener aufgespeicherter Arbeit denken können, die an Umfang die jährlich zur Erhaltung der Gesellschaft geleistete Arbeit übertrifft, berührt die wunde Stelle der einfachen Reproduktion und beweist, daß sie nicht bloß für die kapitalistische Produktion, sondern für den Kulturfortschritt im allgemeinen bloß eine Fiktion ist. Um uns nur diese Fiktion selbst exakt - im Schema - vorzustellen, müssen wir als ihre Voraussetzung die Ergebnisse eines vergangenen Produktionsprozesses annehmen, der selbst unmöglich auf die einfache Reproduktion beschränkt, vielmehr bereits auf die erweiterte Reproduktion gerichtet war. Zur Erläuterung dieser Tatsache an einem Beispiel können wir das gesamte fixe Kapital der Gesellschaft mit einer Eisenbahn vergleichen. Die Dauerhaftigkeit und also auch der jährliche Verschleiß verschiedener Teile der Eisenbahn sind sehr verschieden. Solche Teile wie Viadukte, Tunnels können Jahrhunderte dauern, Lokomotiven Jahrzehnte, sonstiges rollendes Material wird sich in ganz kurzen Fristen. zum Teil in wenigen Monaten abnutzen. Es ergibt sich aber dabei ein gewisser durchschnittlicher Verschleiß, der, sagen wir, 30 Jahre ausmachen, also jährlich auf den Wertverlust von 1/30 des Ganzen hinauslaufen wird. Dieser Wertverlust wird nun fortlaufend wieder ersetzt durch teilweise Reproduktion der Eisenbahn (die als Reparaturen figurieren mag), indem heute ein Wagen, morgen ein Lokomotiventeil, übermorgen eine Strecke Gleise erneuert wird. Auf diese Weise wird nach Verlauf von 30 Jahren (bei unserer Annahme) die alte Eisenbahn durch eine neue ersetzt, wobei jahrein, jahraus dieselbe Arbeitsmenge von der Gesellschaft geleistet wird, also einfache Reproduktion stattfindet. Aber so kann eine Eisenbahn bloß reproduziert, so kann sie nicht produziert werden. Um sie in Gebrauch nehmen und ihren allmählichen Verschleiß durch den Gebrauch allmählich ersetzen zu können, muß die Eisenbahn erst einmal ganz fertiggestellt werden. Man kann die Eisenbahn stückweise reparieren, man kann sie aber nicht stückweise - heute eine Achse, morgen einen Wagen - gebrauchsfähig machen. Denn dies charakterisiert gerade das fixe Kapital, daß es sachlich, als Gebrauchswert, jederzeit in seiner Totalität in den Arbeitsprozeß eingeht. Um seine Gebrauchsgestalt also einmal erst fertigzustellen, muß die Gesellschaft auf einmal eine größere Arbeitsmenge auf seine Herstellung konzentrieren. Sie muß - um in den Zahlen unseres Beispiels zu sprechen - zur Herstellung der Eisenbahn ihre dreißigjährige, auf die Reparaturen verwendete Arbeitsmenge, sagen wir, auf zwei oder drei Jahre konzentrieren. In dieser Herstellungsperiode muß sie demnach eine über den Durchschnitt hinausgehende Arbeitsmenge leisten, also zur erweiterten Reproduktion greifen, worauf sie - nach Fertigstellung der Eisenbahn - zur einfachen Reproduktion zurückkehren mag. Freilich darf man sich dabei das jeweilige gesamte fixe Kapital der Gesellschaft nicht als einen zusammenhängenden Gebrauchsgegenstand oder Komplex von Gegenständen vorstellen, der immer auf einmal geschaffen werden müsse. Aber alle wichtigeren Arbeitsinstrumente, Gebäude, Verkehrsmittel, landwirtschaftlichen Konstruktionen bedürfen zu ihrer Herstellung einer größeren konzentrierten Arbeitsausgabe, was so gut auf die moderne Eisenbahn und das Luftschiff wie auf das ungeschliffene Stein und die Handmühle zutrifft. Daraus folgt, daß die einfache Reproduktion an sich nur in periodischer Abwechslung mit erweiterter Reproduktion gedacht werden kann, was nicht bloß durch den Kulturfortschritt und das Wachstum der Bevölkerung im allgemeinen, sondern durch die ökonomische Form des fixen Kapitals oder der Produktionsmittel bedingt ist, die in jeder Gesellschaft dem fixen Kapital entsprechen.

      In einem ganz anderen Zusammenhang bestätigt Marx indirekt, wie es uns scheint, vollkommen die oben ausgesprochene Auffassung. Bei der Analyse der Verwandlung von Revenue in Kapital im Band II, Teil 2 der "Theorien über den Mehrwert" bespricht er die eigentümliche Reproduktion des fixen Kapitals, dessen Ersatz an sich schon einen Akkumulationsfonds liefere, und zieht die folgenden Schlüsse:

      "Aber worauf wir hier kommen wollen, ist folgendes. Wäre das in dem Maschinenbau angewandte Gesamtkapital auch nur groß genug, um den jährlichen déchet der Maschinerie zu ersetzen, so würde es viel mehr Maschinerie produzieren als jährlich bedurft wird, da der déchet zum Teil nur idealiter existiert und realiter erst nach einer gewissen Reihe von Jahren in natura zu ersetzen ist. Das so angewandte Kapital liefert jährlich eine Masse Maschinerie, die für neue Kapitalanlagen vorhanden ist

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