Vorträge über das Johannes-Evangelium, Band 2. Augustinus von Hippo

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Vorträge über das Johannes-Evangelium, Band 2 - Augustinus von Hippo Die Schriften der Kirchenväter

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Geiste selbst: „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsern Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist“1110. Wenn also die Ausgießung der Liebe in unsern Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist, aus vielen Seelen* eine* Seele macht und aus vielen Herzen* ein* Herz macht, um wieviel mehr sind der Vater, der Sohn und der Heilige Geist* ein* Gott1111,* ein* Licht und* ein* Anfang?

       6.

      Hören wir also den Anfang, der zu uns redet. „Vieles“, sagt er, „habe ich über euch zu reden und zu richten.“ Ihr erinnert euch, daß er sprach: „Ich richte niemand“1112; siehe, jetzt sagt er: „Vieles habe ich über euch zu reden und zu richten“. Allein es ist etwas anderes: „Ich richte nicht“, und etwas anderes: „Ich habe zu richten“. Ich richte nicht, sprach er von der Gegenwart; denn er war gekommen, die Welt zu retten, nicht die Welt zu richten1113; wenn er aber sagt: „Vieles habe ich über euch zu reden und zu richten“, so meint er das zukünftige Gericht. Denn darum stieg er empor um zu kommen zum Gerichte über die Lebendigen und die Toten. Niemand wird gerechter richten als derjenige, der ungerecht gerichtet worden ist. „Vieles“, sagt er, habe ich über euch zu reden und zu richten; aber der mich gesandt hat, ist wahrhaft“. Sehet, wie dem Vater die Ehre gibt der ihm gleiche Sohn. Ein Beispiel nämlich gibt er uns und spricht gleichsam in unsern Herzen: O gläubiger Mensch, wenn du mein Evangelium hörst, sagt dir der Herr dein Gott: Nachdem ich, im Anfang das Wort, Gott bei Gott, dem Vater gleich und gleichewig mit dem Erzeuger, dem die Ehre gebe, dessen Sohn ich bin; wie kannst du so stolz sein gegen den, dessen Knecht du bist?

       7.

      „Vieles“, sagt er, „habe ich über euch zu reden und zu richten, aber der mich gesandt hat, ist wahrhaft“; als würde er sagen: Darum richte ich wahr, weil ich als der Sohn des Wahrhaftigen die Wahrheit bin. Der Vater wahrhaftig, der Sohn die Wahrheit, was glauben wir, ist noch mehr? Suchen wir denkend zu erforschen, wenn wir können, was mehr ist, der Wahrhaftige oder die Wahrheit? Erwägen wir es an einzelnen Beispielen. Ist der fromme Mensch mehr oder die Frömmigkeit? Doch mehr ist die Frömmigkeit selbst. Denn der Fromme ist von der Frömmigkeit, nicht die Frömmigkeit von dem Frommen. Es kann ja die Frömmigkeit sein, obwohl der, welcher fromm war, unfromm geworden ist. Er hat die Frömmigkeit verloren, der Frömmigkeit selbst hat er nichts entzogen. Wie steht es ferner mit dem Schönen und der Schönheit? Mehr ist die Schönheit als der Schöne; denn die Schönheit macht schön, nicht der Schöne macht die Schönheit. Keusch und Keuschheit? Die Keuschheit ist offenbar mehr als der Keusche. Denn wenn die Keuschheit nicht wäre, so hätte er nicht, wodurch er keusch wäre; wenn er aber nicht keusch sein will, die Keuschheit dauert unversehrt fort. Wenn also die Frömmigkeit mehr ist als der Fromme, die Schönheit mehr als der Schöne, die Keuschheit mehr als der Keusche, werden wir dann etwa sagen, die Wahrheit sei mehr als der Wahrhaftige? Wenn wir das sagen, so nennen wir ja gar den Sohn größer als den Vater. Denn der Herr sagt ganz deutlich: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“1114. Also wenn der Sohn die Wahrheit ist, was ist dann der Vater, als was die Wahrheit selbst sagt: „Der mich gesandt hat, ist wahrhaftig“? Der Sohn die Wahrheit, der Vater wahrhaftig; was mehr sei, suche ich, aber ich finde Gleichheit. Denn der wahrhaftige Vater ist nicht wahrhaftig durch jene Wahrheit, an der er teilnimmt, sondern die er ganz erzeugt hat1115.

       8.

      Ich sehe, es ist deutlicher zu reden. Jedoch um euch nicht allzu lange hinzuhalten, wollen wir es heute damit bewenden lassen; wenn ich fertig bin mit dem, was ich mit der Hilfe Gottes sagen will, soll der Vortrag schließen. Dies habe ich deshalb gesagt, um euch gespannt zu machen. Jede Seele ― weil sie etwas Veränderliches ist und wenn auch ein bedeutendes Geschöpf doch eben ein Geschöpf, und obwohl vorzüglicher als der Leib, dennoch erschaffen ―, jede Seele also, weil sie veränderlich ist, d. h. bald glaubt, bald nicht glaubt, bald will, bald nicht will, bald unkeusch, bald keusch ist, bald gut, bald bös ist, ist veränderlich, Gott aber ist das, was er ist; darum hat er sich einen eigenen Namen vorbehalten: „Ich bin, der ich bin“1116. So auch1117 der Sohn, indem er sagt: „Wenn ihr nicht glaubet, daß ich bin“. Dahin gehört auch: „Wer bist Du? Der Anfang“1118. Gott also ist unveränderlich, die Seele veränderlich. Wenn die Seele von Gott erhält, wodurch sie gut ist, wird sie durch Teilnahme gut, wie dein Auge durch Teilnahme sieht. Denn nach Entziehung des Lichtes sieht es nicht, während es durch Teilnahme daran sieht. Da also die Seele durch Teilnahme gut wird, so bleibt doch, wenn sie sich ändert und schlecht zu sein anfängt, die Güte, an der teilnehmend sie gut war. Einer gewissen Güte nämlich war sie teilhaft, als sie gut war; wenn eine Änderung zum Schlimmeren eintritt, so bleibt doch die Güte selbst unversehrt. Wenn die Seele rückwärts kommt und schlecht wird, vermindert sich die Güte nicht; wenn sie umkehrt und gut wird, wächst die Güte nicht. Dein Auge ist dieses Lichtes teilhaftig geworden, und du siehst. Ist es geschlossen? Du hast dieses Licht nicht vermindert. Ist es offen? Du hast dieses Licht nicht vermehrt. Aus diesem Gleichnis, Brüder, erkennet, daß, wenn die Seele fromm ist, die Frömmigkeit bei Gott es ist, woran die Seele teilnimmt; wenn die Seele keusch ist, die Keuschheit bei Gott es ist, woran die Seele teilnimmt; wenn die Seele gut ist, die Güte bei Gott es ist, woran die Seele teilnimmt; wenn die Seele wahrhaftig ist, die Wahrheit bei Gott es ist, woran die Seele teilnimmt. Und wenn die Seele daran nicht teil hat, „ist jeder Mensch lügenhaft“1119; wenn jeder Mensch lügenhaft ist, so ist kein Mensch von dem Seinigen wahrhaft. Der wahrhaftige Vater aber ist von dem Seinigen wahrhaft, weil er die Wahrheit gezeugt hat. Etwas anderes ist: dieser Mensch ist wahrhaft, weil er bereits die Wahrheit vernommen hat; etwas anderes ist, Gott ist wahrhaft, weil er die Wahrheit gezeugt hat. Siehe, wie Gott wahrhaftig ist, nicht durch Teilnahme, sondern durch Zeugung der Wahrheit. Ich sehe, daß ihr es verstanden habt, und freue mich; es genüge für heute; das übrige werden wir, wenn es dem Herrn gefällt, so wie er es gibt, erklären.

      40. Vortrag

       Einleitung.

      Vierzigster Vortrag.

      Von da an: „Da sprach Jesus zu ihnen: Wenn ihr des Menschen Sohn werdet erhöht haben“, bis dahin: „Und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“. Joh. 8, 28―32.

       1.

      Über das heilige Evangelium nach Johannes, das ihr uns in Händen tragen sehet, hat eure Liebe schon vieles gehört, was wir mit Gottes Hilfe nach unserm Vermögen erörtert haben, indem wir euch darauf hinwiesen, daß vornehmlich dieses Evangelium von der Gottheit des Herrn, in der auch der eingeborene Sohn dem Vater gleich ist, zu reden sich vorgenommen habe und darum mit einem Adler verglichen worden sei, da, wie angenommen wird, kein Vogel höher fliegt. So vernehmet denn, was der Ordnung nach folgt, wie der Herr es zu behandeln verleiht, mit aller Aufmerksamkeit.

       2.

      Wir haben zu euch über die vorausgehende Lesung gesprochen, indem wir euch darlegten, wie es zu verstehen sei, daß der Vater wahrhaft, der Sohn die Wahrheit ist. Als aber der Herr Jesus gesagt hatte: „Der mich gesandt hat, ist wahrhaft“1120, verstanden die Juden nicht, daß er vom Vater zu ihnen redete. Und er sprach zu ihnen, was ihr soeben bei der Lesung gehört habt: „Wenn ihr des Menschen Sohn erhöht haben werdet, dann werdet ihr erkennen, daß ich es bin, und von mir selbst tue ich nichts, sondern wie mich der Vater gelehrt hat, dies rede ich“. Was heißt das? Denn nichts anderes scheint er gesagt zu haben, als daß sie nach seinem Leiden erkennen würden, wer er sei. Ohne Zweifel also sah er darunter einige, die er kannte, die er selbst mit seinen übrigen Heiligen vor Grundlegung der Welt im Vorherwissen auserwählt hatte, zum voraus als solche, die nach seinem Leiden glauben würden. Das sind jene, welche wir beständig anempfehlen und eindringlich zur Nachahmung vorstellen.

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