Vorträge über das Johannes-Evangelium, Band 2. Augustinus von Hippo
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6.
Dies sprach er also zu den Juden und fügte bei: „Und der mich gesandt hat, ist mit mir“. Das hatte er auch schon vorher gesagt, aber er erwähnt die Sache wegen ihrer Wichtigkeit wiederholt: „Er hat mich gesandt“ und „er ist mit mir“. Wenn er also mit Dir ist, o Herr, dann ist nicht einer vom andern gesandt worden, sondern ihr seid beide gekommen. Und doch, obwohl beide beieinander sind, ist einer gesandt worden, der andere hat gesandt, weil die Sendung die Menschwerdung ist und die Menschwerdung nur dem Sohne eignet, nicht auch dem Vater. Demnach hat der Vater den Sohn gesandt, aber vom Sohne sich nicht entfernt. Denn nicht war der Vater dort, wohin er den Sohn sandte, nicht gegenwärtig. Denn wo ist der nicht, der alles gemacht hat? Wo ist der nicht, der gesagt hat: „Himmel und Erde erfülle ich“1129? Aber vielleicht ist der Vater überall, und der Sohn nicht überall? Höre den Evangelisten: „Er war in dieser Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht worden“1130. Also, sagt er, „der mich gesandt hat“, durch dessen sozusagen väterliche Urheberschaft ich Fleisch angenommen habe, „ist mit mir, er hat mich nicht verlassen“. Warum hat er mich nicht verlassen? „Er hat mich nicht allein gelassen“, sagt er, „weil ich allezeit tue, was ihm wohlgefällt“. Darin besteht die Gleichheit: „immer“, nicht von einem Anfang an und so weiter, sondern ohne Anfang, ohne Ende. Denn die Zeugung Gottes hat keinen zeitlichen Anfang, weil durch den Gezeugten die Zeiten gemacht worden sind.
7.
„Als er dies redete, glaubten viele an ihn“. O daß doch auch, wenn ich rede, viele, die anders dachten, zur Erkenntnis kommen und an ihn glauben möchten. Denn einige in dieser Versammlung sind vielleicht Arianer. Ich wage nicht anzunehmen, es seien auch Sabellianer da, welche den Vater für den nämlichen halten wie den Sohn; diese Häresie ist ja doch schon zu alt und nach und nach verschwunden. Die der Arianer aber scheint noch einigermaßen sich zu regen wie ein verwesender Leichnam oder wenigstens wie ein in den letzten Zügen liegender Mensch. Es müssen auch die übrigen davon befreit werden, wie schon viele davon befreit worden sind. Zwar in dieser Stadt waren keine Arianer, aber nachdem doch viele Fremde hierher gekommen sind, kamen auch von ihnen einige. Siehe, da der Herr dies redete, glaubten viele Juden an ihn; siehe, möchten doch auch, wenn ich rede, die Arianer glauben, nicht an mich, sondern mit mir.
8.
„Da sprach der Herr zu den Juden, die an ihn geglaubt hatten: Wenn ihr in meinem Worte bleibet.“ Darum „ihr bleibet“, weil ihr eingeweiht seid und darin zu sein angefangen habt. „Wenn ihr bleibet“, nämlich in dem Glauben, der in euch als Gläubigen seinen Anfang genommen hat, wohin werdet ihr gelangen? Siehe, was für ein Anfang und wohin er führt. Du hast das Fundament geliebt, betrachte den Gipfel und von dieser Niedrigkeit aus suche eine andere Höhe. Der Glaube nämlich ist nicht ohne Niedrigkeit; die Erkenntnis, Unsterblichkeit und Ewigkeit kennt keine Niedrigkeit, sondern Hoheit, Erhebung, keinen Niedergang, ewige Dauer, keine Einnahme durch einen Feind, keine Furcht vor Schwächung. Groß ist, was vom Glauben anfängt, aber es wird nicht geschätzt. Das Fundament pflegt auch bei einem Gebäude von Unerfahrenen gering geachtet zu werden. Man macht eine große Grube, man legt Steine hier und dort ordnungslos hinein; da zeigt sich keine Glätte, keine Schönheit, wie sich auch in der Wurzel des Baumes keine Schönheit zeigt; dennoch hat sich alles, was dich am Baume ergötzt, aus der Wurzel erhoben. Aber du siehst die Wurzel und hast daran kein Ergötzen, du siehst den Baum und bist erstaunt. Du Tor, worüber du erstaunt bist, das hat sich von dem erhoben, woran du kein Ergötzen hast. Als etwas gar Kleines erscheint der Glaube der Gläubigen; du hast keine Wage, um es zu wägen. Höre also, wohin er gelangt, und siehe, wie groß er ist, wie auch der Herr an einer andern Stelle sagt: „Wenn ihr einen Glauben habt wie ein Senfkörnlein“1131. Was ist unscheinlicher, was schärfer, was kleiner, was brennender? Also auch „ihr“, sagt er, „wenn ihr in meinem Worte bleibet“, woran ihr geglaubt, wohin werdet ihr gelangen? „Ihr werdet in Wahrheit meine Jünger sein.“ Und was nützt es uns? „Und ihr werdet die Wahrheit erkennen.“
9.
Was verspricht er den Gläubigen, Brüder? „Und ihr werdet die Wahrheit erkennen.“ Wie nun? Hatten sie dieselbe nicht erkannt, als der Herr redete? Wenn sie dieselbe nicht erkannt hatten, wie glaubten sie dann? Nicht weil sie erkannten, glaubten sie, sondern um zu erkennen, glaubten sie. Denn wir glauben, um zu erkennen, wir erkennen nicht, um zu glauben. Denn was wir dereinst erkennen sollen, hat weder ein Auge gesehen, noch ein Ohr gehört, noch ist es in eines Menschen Herz gekommen1132. Denn was ist der Glaube anders als ein Fürwahrhalten dessen, was man nicht sieht1133? Glaube also ist: fürwahrhalten, was man nicht sieht; Wahrheit ist: sehen, was man geglaubt hat, wie er selbst irgendwo sagt. Darum wandelte der Herr zuerst, um den Glauben zu erwecken, auf Erden. Er war Mensch, war niedrig geworden; er wurde von allen gesehen, aber nicht von allen erkannt; er wurde von vielen verworfen, von der Menge getötet, von wenigen bemitleidet, aber dennoch auch von denjenigen, welche ihn bemitleideten, noch nicht als das, was er war, anerkannt. Dies alles ist gleichsam ein Anfang der Umrisse des Glaubens und des zukünftigen Baues. Und im Hinblick darauf sagt der Herr selbst an einer Stelle: „Wer mich liebt, hält meine Gebote, und wer mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden, und ich werde ihn lieben und mich ihm zeigen“1134. Die ihn hörten, sahen ihn natürlich auch schon; dennoch verhieß er ihnen, wenn sie ihn liebten, seinen Anblick. So auch hier: „Ihr werdet die Wahrheit erkennen“. Wie nun? Ist, was du gesagt hast, nicht Wahrheit? Es ist Wahrheit, aber sie wird noch geglaubt, noch nicht geschaut. Wenn man in dem bleibt, was man glaubt, kommt man zu dem, was man sehen soll. Darum sagt der hl. Evangelist Johannes selbst in seinem Briefe: „Geliebteste, wir sind Kinder Gottes, aber es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden“. Wir sind schon etwas und werden etwas sein. Was werden wir noch mehr sein als das, was wir bereits sind? Höre: „Noch ist es nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen, daß, wenn es offenbar sein wird, wir ihm ähnlich sein werden“. Warum? „Weil wir ihn sehen werden, wie er ist“1135. Eine große Verheißung, aber sie ist der Lohn des Glaubens. Du verlangst den Lohn, das Werk gehe vorher. Wenn du glaubst, begehre den Lohn des Glaubens; wenn du aber nicht glaubst, mit welcher Stirne verlangst du den Lohn des Glaubens? Also „wenn ihr in meinem Worte bleibet, werdet ihr wahrhaft meine Jünger sein“, um die Wahrheit selbst zu betrachten, wie sie ist, nicht durch klingende Worte, sondern durch das erstrahlende Licht, wenn er uns sättigen wird, wie es im Psalme heißt: „Gezeichnet ist über uns das Licht Deines Angesichtes, o Herr“1136. Wir sind ein Gepräge Gottes, als Münze sind wir vom Schatze abgeirrt. Durch den Umlauf wurde abgerieben,