Vorträge über das Johannes-Evangelium, Band 2. Augustinus von Hippo
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11.
Also schon fühlte sich jener dem höheren Teile nach frei, weshalb er sagte: „Ich habe Freude am Gesetze Gottes dem inneren Menschen nach“. Es freut mich das Gesetz, es freut mich, was das Gesetz befiehlt, es freut mich die Gerechtigkeit selbst. „Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern“ ― das ist die zurückgebliebene Schwachheit ―, „welches dem Gesetze meines Geistes widerstreitet und mich gefangen hält unter dem Gesetze der Sünde, das in meinen Gliedern ist.“ Nach dieser Seite hin fühlt er die Gefangenschaft, wo die Gerechtigkeit nicht erfüllt ist; denn wo er am Gesetze Gottes Freude hat, ist er nicht gefangen, sondern ein Freund des Gesetzes, und darum frei, weil ein Freund. Was bleibt nun noch übrig? Was anders, als daß wir auf jenen hinblicken, der gesagt hat: „Wenn euch der Sohn befreit, dann werdet ihr wahrhaft frei sein“? Demgemäß hat auch der, der da redete, zu ihm hingeblickt: „Ich unglückseliger Mensch, wer wird mich befreien“, sagt er, „von dem Leibe dieses Todes? Die Gnade Gottes durch Jesus Christus unsern Herrn“. Also „wenn euch der Sohn befreit, dann werdet ihr wahrhaft frei sein“. Zuletzt schloß er so: „Also ich derselbe diene im Geiste dem Gesetze Gottes, dem Fleische nach aber dem Gesetze der Sünde“1170. „Ich derselbe“, sagt er; denn wir sind nicht zwei einander Entgegengesetzte, die einen verschiedenen Ursprung haben, sondern „ich derselbe diene im Geiste dem Gesetze Gottes, dem Fleische nach aber dem Gesetze der Sünde“, solange die Schwachheit gegen das Heil ankämpft.
12.
Aber wenn du dem Fleische nach dem Gesetze der Sünde dienst, dann tue, was derselbe Apostel sagt: „Nicht also* herrsche* die Sünde in eurem sterblichen Leibe, daß ihr seinen Begierden gehorchet, und bietet nicht eure Glieder zu Werkzeugen der Ungerechtigkeit für die Sünde dar“1171. Er sagt nicht: die Sünde* sei* nicht, sondern: „sie* herrsche* nicht“. Solange die Sünde in deinen Gliedern sein muß, soll ihr wenigstens die Herrschaft genommen werden; es soll nicht geschehen, was sie befiehlt. Es erhebe sich der Zorn? Leihe dem Zorne nicht die Zunge zum Schmähen; gib dem Zorne nicht die Hand oder den Fuß zum Schlagen. Es würde sich jener unvernünftige Zorn nicht erheben, wenn nicht die Sünde in den Gliedern wäre; aber nimm ihm die Herrschaft, er soll keine Waffen haben, gegen dich zu kämpfen; er wird lernen, sich auch nicht zu erheben, wenn er keine Waffen mehr findet. „Bietet eure Glieder nicht als Werkzeuge der Ungerechtigkeit für die Sünde dar“, sonst werdet ihr ganz gefangen sein und nicht sagen können: „Dem Geiste nach diene ich dem Gesetze Gottes“. Denn wenn der Geist die Waffen hält, bewegen sich die Glieder nicht zum Dienste der rasenden Sünde. Es besetze die Burg der innere Befehlshaber, weil er unter einem höheren Befehlshaber, der ihn unterstützt, Hilfe leistet; er zügle den Zorn, halte die Begierlichkeit in Schranken. Es ist etwas darin, was gezügelt, es ist etwas darin, was in Schranken gehalten, es ist etwas darin, was niedergehalten werden muß. Was aber wollte jener Gerechte, der im Geiste dem Gesetze Gottes diente, als daß gar nichts da wäre, was der Zügelung bedürfte? Und das muß jeder versuchen, der nach Vollkommenheit strebt, daß eben diese Begierlichkeit, welcher die Glieder nicht zum Gehorsam dargeboten werden, täglich in dem Voranschreitenden sich mindere. „Das Wollen“, sagt er, „liegt mir nahe, das Vollenden des Guten aber nicht“1172. Hat er etwa gesagt: Das Gute zu* tun* liegt mir nicht nahe? Wenn er das gesagt hätte, dann bliebe keine Hoffnung übrig. Er sagt nicht: Das Gute zu tun, liegt mir nicht nahe, sondern er sagt: „Das* Vollenden* liegt mir nicht nahe“. Denn was ist die Vollendung des Guten als die Vernichtung und das Ende des Bösen? Was ist aber die Vernichtung des Bösen, als was das Gesetz sagt: „Du sollst nicht begehren“1173? Gar nicht „begehren“ ist die Vollendung des Guten, weil es die Vernichtung des Bösen ist. Dies sagte er: „Das Vollenden des Guten liegt mir nicht nahe“, weil er nicht bewirken konnte, daß ihn nicht gelüstete; er bewirkte nur, daß er das Gelüsten zügelte, um dem Gelüsten nicht zuzustimmen und dem Gelüsten die Glieder nicht zum Dienste anzubieten. „Das Vollenden des Guten“ also, sagt er, „liegt mir nicht nahe“; ich kann nicht erfüllen, was gesagt ist: „Du sollst nicht begehren“. Was ist also notwendig? Daß du erfüllest „Du sollst deinen Begierden nicht nachgehen“1174. Das tue inzwischen, solange unerlaubte Begierden in deinem Fleische sind. „Du sollst deinen Begierden nicht nachgehen.“ Bleibe im Dienste Gottes, in der Freiheit Christi; diene im Geiste dem Gesetze deines Gottes. Überlaß dich nicht deinen Begierden. Wenn du ihnen folgst, vermehrst du ihre Kräfte; wenn du ihre Kräfte vermehrst, wie kannst du siegen, da du gegen dich die Feinde mit deinen eigenen Kräften nährst?
13.
Die volle und vollkommene Freiheit also in dem Herrn Jesu, der gesagt hat: „Wenn euch der Sohn befreit, dann werdet ihr wahrhaft frei sein“, wann wird diese volle und vollkommene Freiheit eintreten? Wenn keine Feindschaft mehr sein wird, wenn „der letzte Feind, der Tod, vernichtet sein wird“. „Es muß nämlich dieses Verwesliche die Unverweslichkeit anziehen, und dieses Sterbliche die Unsterblichkeit anziehen; wenn aber dieses Sterbliche die Unsterblichkeit angezogen haben wird, dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht: Verschlungen ist der Tod im Siege. Wo ist, o Tod, dein Streit“1175? Was heißt das: „Wo ist, o Tod, dein Streit?“ „Das Fleisch“ gelüstete „gegen den Geist, und der Geist gegen das Fleisch“, aber als das Fleisch der Sünde sich mächtig zeigte. „Wo ist, o Tod, dein Streit?“ Bald werden wir leben, bald werden wir nicht mehr sterben, und zwar in dem, der für uns gestorben und auferstanden ist, „damit, die leben“, sagt er, „nicht mehr sich leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist“1176. Laßt uns zum Arzte des Verwundeten flehen, lassen wir uns zur Herberge tragen, damit wir geheilt werden. Er ist es ja, der Gesundheit verheißt, der sich des halbtoten von den Räubern am Wege Zurückgelassenen mitleidig angenommen; er goß Öl und Wein ein, sorgte sich um die Wunden, hob ihn auf das Lasttier, brachte ihn in die Herberge und empfahl ihn dem Wirte. Welchem Wirte? Vielleicht jenem, der gesagt hat: „Wir sind Gesandte an Christi Statt“1177. Er gab auch zwei Geldstücke, welche zur Herstellung des Verwundeten verwendet werden sollten1178; vielleicht sind das die zwei Gebote, an denen das ganze Gesetz hängt und die Propheten1179. Also, Brüder, auch die Kirche in dieser Zeit, in der der Verwundete geheilt wird, ist eine Herberge für den Wanderer, aber für die Kirche selbst ist droben die Erbschaft des Besitzers.
42. Vortrag
Einleitung.
Zweiundvierzigster Vortrag.
Von da an: „Ich weiß, daß ihr Kinder Abrahams seid, aber ihr suchet mich zu töten“, bis dahin: „Darum höret ihr nicht, weil ihr nicht aus Gott seid“. Joh. 8, 37―47.
1.
Unser Herr, auch in der Knechtsgestalt nicht Knecht, sondern auch in der Knechtsgestalt Herr (jene Fleischesgestalt war nämlich zwar die des Knechtes, aber obwohl es dem Fleische der Sünde ähnlich war1180, so war es doch nicht ein Fleisch der Sünde), verhieß den an ihn Glaubenden die Freiheit; allein die Juden, die auf* ihre* Freiheit stolz waren, verschmähten es, frei zu werden, da sie doch Sklaven der Sünde waren. Für frei hielten sie sich aber deshalb, weil sie Abrahams Same waren. Was ihnen nun der Herr darauf antwortete, haben wir bei der Verlesung des heutigen Lesestückes vernommen. „Ich weiß“, sagt er, „daß ihr Kinder Abrahams seid, aber ihr suchet mich zu töten, weil mein Wort in euch nicht Raum faßt“.