Vorträge über das Johannes-Evangelium, Band 2. Augustinus von Hippo

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Vorträge über das Johannes-Evangelium, Band 2 - Augustinus von Hippo Die Schriften der Kirchenväter

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Juden als einen Toten verachtet hatten, wurden sie zerknirscht im Herzen, und die ihn wutschnaubend getötet hatten, änderten ihren Sinn und wurden gläubig, und das Blut, das sie in ihrer Wut vergossen, tranken sie nun gläubig ― jene dreitausend und jene fünftausend Juden1121. Diese sah er damals, als er sagte: „Wenn ihr des Menschen Sohn erhöht haben werdet, dann werdet ihr erkennen, daß ich es bin“. Als wollte er sagen: Ich verschiebe eure Erkenntnis, um mein Leiden zu vollenden; in der euch bestimmten Reihenfolge werdet ihr erkennen, wer ich bin. Nicht als ob alle von denen, die es hörten, dann erst gläubig werden sollten, d. h. nach dem Leiden des Herrn; denn bald darauf heißt es: „Als er das sprach, glaubten viele an ihn“, und doch war der Sohn des Menschen noch nicht erhöht. Er meint nämlich die Erhöhung des Leidens, nicht der Verherrlichung; des Kreuzes, nicht des Himmels, da er auch dort erhöht wurde, als er am Kreuze hing. Aber diese Erhöhung war eine Erniedrigung. Denn damals „ist er gehorsam geworden bis zum Tode des Kreuzes“1122. Dies mußte erfüllt werden durch die Hände derer, die nachmals gläubig werden sollten. Zu diesen sagt er: „Wenn ihr des Menschen Sohn werdet erhöht haben, dann werdet ihr erkennen, daß ich es bin“. Warum das, als damit niemand, welches Vergehen auch immer er auf dem Gewissen haben mag, verzweifle, wenn er sieht, daß denen der Mord vergeben wird, die Christus getötet hatten?

       3.

      Indem also der Herr diese in jener Schar erkannte, sprach er: „Wenn ihr des Menschen Sohn werdet erhöht haben, dann werdet ihr erkennen, daß ich es bin“. Ihr wißt schon, was das heißt: „Ich bin“, und es ist nicht fort und fort zu wiederholen, damit nicht eine so bedeutende Sache Überdruß erzeuge. Erinnert euch an das Wort: „Ich bin, der ich bin“, und: „Der da ist, hat mich gesandt“1123, und ihr werdet fassen, was es heißt: „Dann werdet ihr erkennen, daß ich es bin“; aber auch der Vater* ist, wie auch der Heilige Geist ist. Dieses Sein kommt der ganzen Trinität zu. Aber weil der Herr als Sohn sprach, deshalb hat er, damit nicht etwa bei den Worten: „Dann werdet ihr erkennen, daß ich es bin“, der nicht zu leidende, sondern zu meidende Irrtum der Sabellianer sich einschleiche, d. h. der Patripassianer, derjenigen nämlich, welche behaupteten: derselbe ist der Vater, derselbe ist der Sohn, es sind zwei Namen, aber nur eine* Sache ―, zur Verhütung also dieses Irrtums hat der Herr nach den Worten: „Dann werdet ihr erkennen, daß ich es bin“, damit er nicht für den Vater gehalten würde, sofort beigefügt: „Und von mir selbst tue ich nichts, sondern wie mich der Vater gelehrt hat, das rede ich“. Schon fing der Sabellianer an sich zu freuen, da er einen Beweis seines Irrtums entdeckt hatte, aber alsbald nachdem er sich gleichsam im Dunkeln erhoben hatte, wurde er durch das Licht des nachfolgenden Satzes beschämt. Man hätte meinen können, er sei der Vater, weil er sagte: „Ich bin“; höre, daß er der Sohn ist: „Und von mir selbst tue ich nichts“. Was heißt: „Von mir selbst* tue* ich nichts“? Von mir selbst* bin* ich nicht. Der Sohn ist nämlich vom Vater Gott, der Vater aber ist nicht vom Sohne Gott; der Sohn ist Gott von Gott, der Vater aber ist Gott, jedoch nicht von Gott; der Sohn ist Licht vom Lichte, der Vater aber ist Licht, jedoch nicht vom Lichte; der Sohn* ist, aber es ist einer, von dem er ist, der Vater dagegen ist*, aber es ist keiner, von dem er ist.

       4.

      Wenn er nun beifügte: „Wie mich der Vater gelehrt hat, dies rede ich“, so beschleiche keinen von euch, meine Brüder, ein fleischlicher Gedanke. Es kann ja die menschliche Schwäche nichts denken, als was sie zu tun oder zu hören gewohnt ist. Stellet euch also nicht gleichsam zwei Menschen vor Augen, den einen als Vater, den andern als Sohn, und den Vater als zum Sohne redend, wie du es machst, wenn du einige Worte an deinen Sohn richtest, indem du ihn ermahnst und belehrst, wie er reden soll, damit er, was er von dir gehört hat, dem Gedächtnis einpräge, und dann, wenn er es dem Gedächtnis eingeprägt hat, auch mit der Zunge hervorbringe, in Laute kleide und fremden Ohren mitteile, was er in die seinigen aufgenommen hat. Fasset die Sache nicht so auf, damit ihr nicht in euren Herzen Götzenbilder errichtet. An eine menschliche Form, an Umrisse menschlicher Glieder, an die Gestalt des menschlichen Fleisches, an diese sichtbaren Sinne, an Stellungen und Bewegungen des Leibes, an einen Dienst der Zunge und artikulierte Laute dürft ihr bei jener Trinität nicht denken, außer was die Knechtsgestalt betrifft, welche der eingeborene Sohn Gottes angenommen hat, da er Fleisch geworden ist, um unter uns zu wohnen1124. Da verbiete ich dir nicht, o menschliche Schwäche, an das zu denken, was du kennst, ja ich halte dich sogar dazu an. Wenn der Glaube in dir wahr ist, dann denke dir Christus so, aber aus der Jungfrau Maria denke ihn dir so, nicht aus Gott dem Vater. Er war ein Kind, wuchs wie ein Mensch, wandelte wie ein Mensch, dürstete und hungerte wie ein Mensch, schlief wie ein Mensch, litt endlich wie ein Mensch, wurde ans Kreuz gehängt, getötet und begraben wie ein Mensch; er stand in derselben Gestalt wieder auf, fuhr in derselben Gestalt vor den Augen der Jünger zum Himmel empor und wird in derselben Gestalt zum Gerichte erscheinen. Denn die Stimme der Engel läßt sich im Evangelium so vernehmen: „So wird er kommen, wie ihr ihn habt zum Himmel emporfahren sehen“1125. Denkst du also an die Knechtsgestalt in Christus, so denke an ein menschliches Bild, wenn der Glaube in dir ist; denkst du aber an den Ausspruch: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort“1126, dann hinweg aus deinem Herzen alle menschliche Gestalt, hinweg aus deinen Gedanken alles, was eine körperliche Schranke hat, was von einem örtlichen Raume umschlossen wird oder in was immer für eine Masse sich ausdehnt; ein solches Gebilde bleibe deinem Herzen ferne. Denke dir, wenn du kannst, die Schönheit der Weisheit, stelle dir die Schönheit der Gerechtigkeit vor. Ist es eine Gestalt? Ist es eine Figur? Ist es eine Farbe? Nichts von diesem, und doch* ist* sie; denn wenn sie nicht wäre, würde sie nicht geliebt noch als geliebt und gelobt im Herzen und in den Sitten festgehalten werden. Nun aber werden die Menschen weise; wie würden sie es werden, wenn die Weisheit nicht wäre? Ferner aber, o Mensch, wenn du* deine* Weisheit nicht mit den Augen des Fleisches sehen kannst noch in solcher Vorstellung denken, wie man körperliche Dinge sich vorstellt, wie darfst du es wagen, in die Weisheit* Gottes* die Gestalt eines menschlichen Körpers einzuführen?

       5.

      Was sagen wir also, Brüder? Wie hat der Vater zum Sohne geredet, weil der Sohn sagt: „Wie der Vater mich gelehrt hat, dies rede ich“? Als der Vater den Sohn lehrte, hat er da Worte gebraucht, wie du, wenn du deinen Sohn lehrst, Worte gebrauchst? Wie gebraucht er Worte gegenüber dem Worte? Wie viele Worte sollten an das einzige Wort ergehen? Hatte denn das Wort des Vaters Ohren für den Mund des Vaters? Das sind fleischliche Vorstellungen; hinweg damit aus euren Herzen. Das nämlich sage ich; siehe, wenn ihr verstanden habt, was ich gesagt habe, so habe ich sicherlich geredet, meine Worte erschallten und trafen durch ihren Schall die Ohren und führten durch euer Gehörorgan den Sinn derselben zum Geiste, wenn ihr es verstanden habt. Nehmet an, es habe ein Mensch, der lateinisch kann, zugehört, doch eben nur zugehört, das Gesagte aber nicht verstanden. Was nun den aus meinem Munde ausgegangenen Schall betrifft, so hat ihn der, welcher es nicht verstand, ebenso vernommen wie ihr; er hat denselben Schall gehört, dieselben Silben haben seine Ohren getroffen, aber in seinem Geiste haben sie nichts hervorgebracht. Warum? Weil er es nicht verstanden hat. Ihr aber, wenn ihr es verstanden habt, wodurch habt ihr es verstanden? Der Schall, der von mir ausging, traf euer Ohr; habe ich etwa auch im Geiste ein Licht angezündet? Ohne Zweifel, wenn das wahr ist, was ich gesagt habe, und ihr diese Wahrheit nicht bloß gehört, sondern auch verstanden habt; zwei Dinge sind dort geschehen, unterscheidet sie, das Hören und das Verständnis. Das Hören ist durch mich bewirkt worden, durch wen das Verständnis? Ich habe zum Ohr gesprochen, daß ihr höret; wer hat zu eurem Herzen gesprochen, daß ihr es verstehet? Ohne Zweifel hat jemand auch zu eurem Geiste etwas gesprochen, damit nicht bloß jenes Wortgeräusch euer Ohr treffe, sondern auch in euren Geist etwas von der Wahrheit gelange; es hat einer auch zu eurem Geiste gesprochen, aber ihr seht ihn nicht; wenn ihr es verstanden habt, Brüder, so ist auch zu eurem Geiste etwas gesprochen worden. Eine Gabe Gottes ist das Verständnis. Wer hat dies in eurem Geiste gesprochen, wenn ihr es verstanden habt? Der, zu welchen der Psalmist sagt: „Gib mir Verständnis, damit ich deine Gebote lerne“1127. Z. B. der Bischof hat gesprochen. Was hat er gesprochen? sagt einer. Du teilst ihm mit, was er gesprochen hat,

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