Vorträge über das Johannes-Evangelium, Band 2. Augustinus von Hippo

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Vorträge über das Johannes-Evangelium, Band 2 - Augustinus von Hippo Die Schriften der Kirchenväter

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an. Aber doch erhob er den Einsichtigen das Herz und berührte das, was er häufig sagt: „Ich bin nicht von mir selbst gekommen, jener hat mich gesandt, von Gott bin ich ausgegangen und gekommen“. Erinnert euch an das, was wir oft sagen: Von ihm ist er gekommen, und* von* dem er gekommen ist,* mit* dem ist er gekommen. Christi Sendung also ist die Menschwerdung. Der Ausgang des Wortes von Gott ist ein ewiger Ausgang; bei dem trifft die Zeit nicht zu, durch den die Zeit geworden ist. Niemand sage in seinem Herzen: Bevor das Wort war, wie war es da Gott? Sage nie: Bevor das Wort Gottes war. Gott war nie ohne das Wort, weil das Wort etwas Bleibendes, nicht etwas Vorübergehendes ist, Gott, nicht ein Schall, derjenige, durch welchen Himmel und Erde gemacht worden ist, nicht etwas, das vergangen ist mit dem, was auf der Erde gemacht worden ist. Also es ist von ihm ausgegangen als Gott, als gleich, als einziger Sohn, als Wort des Vaters, und zu uns gekommen; denn das Wort ist Fleisch geworden, um unter uns zu wohnen1187. Sein Kommen ist seine Menschheit; sein Bleiben ist seine Gottheit; seine Gottheit ist das Ziel, dem wir zueilen, seine Menschheit der Weg, auf dem wir gehen. Wenn er für uns nicht der Weg geworden wäre, auf dem wir gehen, so würden wir nie zu ihm, dem Bleibenden, gelangen.

       9.

      „Warum“, sagt er, „kennet ihr meine Sprache nicht? Weil ihr mein Wort nicht hören könnt.“ Darum konnten sie nicht erkennen, weil sie nicht hören konnten. Aber warum konnten sie nicht hören, als weil sie sich nicht bessern wollten durch Glauben? Und warum dies? „Der Vater, von dem ihr seid, ist der Teufel.“ Wie lange erwähnt ihr den Vater? Wie lange ändert ihr die Väter, bald den Abraham, bald Gott? Höret den Sohn Gottes, wessen Söhne ihr seid: „Der Vater, von dem ihr seid, ist der Teufel“.

       10.

      Hier nun muß man sich hüten vor der Irrlehre der Manichäer, welche behauptet, es gebe eine gewisse Natur des Bösen und ein Reich der Finsternis mit seinen Fürsten, das sich erkühnte, gegen Gott zu kämpfen; jener Gott aber habe, damit die feindselige Schar sein Reich nicht zerstöre, gegen dieselbe Fürsten von seinem Lichtreich gleichsam als seine Söhne gesendet, und diese Schar sei gänzlich besiegt worden, und davon komme der Teufel her. Von daher lassen sie auch unsern Leib stammen und in diesem Sinne sei, meinen sie, vom Herrn gesagt worden: „Der Vater, von dem ihr seid, ist der Teufel“, weil sie gleichsam von Natur böse wären, da sie ihren Ursprung aus der feindlichen Schar der Finsternis hätten. So irren sie, so verblenden sie sich, so machen sie sich selbst zu einer Schar der Finsternis, indem sie glauben, was falsch ist, wider den, von dem sie geschaffen sind. Denn jede Natur ist gut, aber die Natur des Menschen ist durch den bösen Willen verschlimmert worden. Was Gott gemacht hat, kann nicht böse sein, wenn der Mensch nicht selbst sich böse ist; aber allerdings der Schöpfer ist Schöpfer, das Geschöpf ist Geschöpf; das Geschöpf kann dem Schöpfer nicht gleichgesetzt werden. Unterscheidet den, der es gemacht hat, von dem, was er gemacht hat. Nicht gleich sein kann dem Schreiner die Bank, nicht gleich sein kann die Säule dem Erbauer, und doch hat der Schreiner, wenn er eine Bank anfertigte, das Holz nicht selbst geschaffen. Der Herr aber, unser Gott, hat, weil er allmächtig ist und durch das Wort machte, was er gemacht hat, zu allem, was er machte, nichts gehabt, woraus er es machte, und doch hat er es gemacht. Denn es ist geworden, weil er wollte; es ist geworden, weil er sprach, aber was geworden, kann mit dem Schöpfer nicht verglichen werden. Du suchst, was du (mit ihm) vergleichen könntest, anerkenne den einzigen Sohn. ― Wodurch also sind die Juden Kinder des Teufels? Durch Nachahmung, nicht durch Abstammung. Höret den Sprachgebrauch der Heiligen Schrift. Der Prophet sagt zu denselben Juden: „Dein Vater ist ein Amorrhäer, und deine Mutter eine Kethäerin“1188. Die Amorrhäer waren ein Volk, von dem die Juden nicht abstammten; auch die Kethäer waren ein Volk, das mit dem Stamme der Juden durchaus nichts gemein hatte. Allein weil die Amorrhäer und Kethäer gottlos waren, die Juden aber ihre Gottlosigkeiten nachahmten, nahmen sie sich Eltern, von denen sie zwar nicht abstammten, deren Sitten sie aber nachahmten, so daß sie gleichfalls verdammt wurden. Ihr fragt aber vielleicht, woher der Teufel selbst sei? Von daher natürlich, woher auch die übrigen Engel sind. Aber die übrigen Engel verharrten in ihrem Gehorsam; jener ist durch Ungehorsam und Stolz als Engel gefallen und ein Teufel geworden.

       11.

      Aber nunmehr vernehmet, was der Herr sagt: „Ihr“, spricht er, „habt den Teufel zum Vater und wollt die Gelüste eures Vaters tun.“ Siehe, warum ihr seine Söhne seid; weil ihr nämlich solche Gelüste habt, nicht weil ihr von ihm abstammt. Welches sind seine Gelüste? „Er war ein Mörder von Anbeginn.“ Siehe, was es heißt: „Ihr wollt die Gelüste eures Vaters tun; ihr suchet mich zu töten, einen Menschen, der euch die Wahrheit sagt“. Auch jener beneidete den Menschen und tötete den Menschen. Denn da der Teufel den Menschen beneidete, redete er in der Hülle einer Schlange zum Weibe und mit dem Weibe vergiftete er auch den Mann. Sie starben, weil sie auf den Teufel hörten1189, auf den sie nicht gehört hätten, wenn sie hätten den Herrn hören wollen. Es stand ja der Mensch zwischen dem, der ihn erschuf, und dem, der fiel; er sollte dem Schöpfer gehorchen, nicht dem Betrüger. Also „jener war ein Mörder von Anbeginn“. Betrachtet die Art des Mordes, Brüder! Ein Mörder heißt der Teufel1190; nicht mit dem Schwerte bewaffnet, mit dem scharfen Eisen umgürtet, kam er zum Menschen, ein böses Wort säte er und tötete ihn. Glaube also nicht, du seiest kein Mörder, wenn du deinem Bruder Böses einredest; wenn du deinem Bruder Böses einredest, tötest du ihn. Und damit du wissest, daß du ihn tötest, so höre den Psalmisten: „Die Menschenkinder ― ihre Zähne sind Waffen und Pfeile, und ihre Zunge ein scharfes Schwert“1191. Ihr also „wollt die Gelüste eures Vaters tun“; darum wütet ihr gegen das Fleisch, weil ihr nichts vermöget gegen den Geist. „Jener war ein Mörder von Anbeginn“, nämlich beim ersten Menschen. Seit jener Zeit war er ein Mörder, seitdem ein Mord stattfinden konnte; ein Mord konnte erst von da an stattfinden, als der Mensch geworden war. Denn es könnte kein Mensch ermordet werden, wenn nicht vorher ein Mensch geworden wäre. Also „jener war ein Mörder von Anbeginn“. Und warum ein Mörder? „Und er bestand nicht in der Wahrheit.“ Also er war in der Wahrheit, aber weil er darin nicht bestand, fiel er. Und warum „bestand er nicht in der Wahrheit“? „Weil die Wahrheit nicht in ihm ist.“ Nicht wie in Christus, der die Wahrheit so ist, daß Christus selbst die Wahrheit ist. Wenn er also in der Wahrheit bestanden wäre, so wäre er in Christus bestanden, aber „er bestand nicht in der Wahrheit, weil die Wahrheit nicht in ihm ist“.

       12.

      „Wenn er Lüge redet, so redet er aus dem Eigenen; denn er ist ein Lügner und der Vater von ihr.“ Was heißt das? Ihr habt die Worte des Evangeliums gehört, ihr habt sie aufmerksam vernommen; siehe, ich wiederhole es, damit ihr erkennet, was ihr erwägen sollt. Vom Teufel hat der Herr das gesagt, was vom Teufel der Herr sagen mußte. „Er war ein Mörder von Anbeginn“; das ist wahr, denn er hat den ersten Menschen gemordet; „und er bestand nicht in der Wahrheit“, denn er fiel von der Wahrheit ab. „Wenn er Lüge redet“ ― natürlich der Teufel ―, „so redet er aus dem Eigenen; denn er ist ein Lügner und der Vater von ihr“1192. Betreffs dieser Worte haben einige gemeint, der Teufel habe einen Vater, und haben gefragt, wer der Vater des Teufels sei. Dieser verabscheuungswürdige Irrtum der Manichäer aber nimmt daraus immer noch einen Anlaß zur Täuschung Unerfahrener. Sie pflegen nämlich zu sagen: Angenommen, der Teufel sei ein Engel gewesen und gefallen (von ihm fing die Sünde an, wie ihr sagt): Wer war sein Vater? Wir dagegen urteilen ganz anders; denn wer von uns hat je gesagt, der Teufel habe einen Vater? Jene erwidern darauf: Der Herr sagt es, das Evangelium verkündet es, vom Teufel redend, spricht er: „Er war ein Mörder von Anbeginn und bestand nicht in der Wahrheit, weil die Wahrheit nicht in ihm ist; wenn er Lüge redet, so redet er aus dem Eigenen, weil ein Lügner ist auch sein Vater“.

       13.

      Höre, verstehe; ich schicke dich nicht weit fort, in den Worten selbst suche das Verständnis. Den Teufel nennt der Herr den Vater der Lüge. Was heißt das? Höre, was es heißt; betrachte nochmal die

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