Einfach mal die Klappe halten. Cornelia Topf

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Einfach mal die Klappe halten - Cornelia Topf Dein Erfolg

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nicht seinen Arbeitsplatz zu wechseln, sondern seine Gesprächsstrategie. Ich empfahl ihm, sich im nächsten Streit jede zweite Erwiderung zu verkneifen und souverän zu schweigen. Er schaffte es nicht ganz. Er schaffte nur jede dritte. Trotzdem war nach zehn Minuten der Streit beendet: »Mein Chef hat sich nicht mehr so aufgeregt wie früher. Kein Wunder, ich hab ihm ja ein Drittel weniger widersprochen.« Aber hat der Sachbearbeiter dabei nicht etwas Sachliches verschwiegen, das er hätte aussprechen müssen? Nein, und das ist das Schöne daran: Wir können gut 50 Prozent von dem, was wir sagen, getrost weglassen – es macht keinen Unterschied. In Konflikten sollten wir manchmal sogar 100 Prozent weglassen.

      ÜBUNG

      Nehmen Sie sich vor, bei nächster Gelegenheit zu schweigen, und beobachten Sie die Wirkung Ihres Schweigens. Auf Ihren Gesprächspartner und auf sich. Vergleichen Sie die Wirkung mit der Wirkung im üblichen Verlauf eines Gesprächs. Wo liegen die Unterschiede? Wie stark sind sie? Wie äußern sie sich?

      Wie stark wir zu schweigen verlernt haben, zeigt sich auch daran, dass bei einer so einfachen Übung oft ganz seltsame Fragen auftauchen: »Aber ich kann doch nicht schweigen, wenn mich jemand etwas fragt!«, wenden viele Menschen an dieser Stelle ein. Wer hat das verlangt? Natürlich verdient jede (nichtrhetorische, nichtsuggestive) Frage eine Antwort. Alles andere wäre grob unhöflich. Doch es fragt Sie ja nicht ständig jemand etwas, oder? Hinter dem seltsamen Einwand verbirgt sich der eigentliche Grund für die verbreitete Logorrhö:

       Wir reden meist nicht überlegt, sondern reflexhaft.

      Am deutlichsten wird das in Konfliktsituationen. Michael sagt zu Susi: »Du blöde Kuh, du!« Hinterher sagt sie zu mir: »Aber da muss ich mich doch wehren, wenn er so etwas sagt! Das kann ich doch nicht auf mir sitzen lassen!« Warum »sitzt« das auf Susi? Wie schon Eleonore Roosevelt sagte: »Es kann dich niemand beleidigen, dessen Beleidigung du nicht akzeptierst.« Man kann nur auf sich sitzen lassen, was man vorher akzeptiert hat. Was geht es mich an, dass Michael mich für eine blöde Kuh hält? Es reicht doch wohl, dass ich mich nicht dafür halte. Zumindest wäre das eine Überlegung wert. Aber nein, wir überlegen nicht, wir wehren uns sofort, reflexhaft und unüberlegt – und eskalieren damit den Streit! Natürlich ist es schwierig, in so einer Situation die Klappe zu halten und die Zote des Partners mit einem überlegenen, süffisanten Lächeln Marke »Red’ du nur, Alter!« zu übergehen. Gerade deshalb plappern wir doch: Es ist nicht besser, aber es ist leichter, als souverän zu sein. Deshalb lassen wir uns oft verführen, den Mund aufzumachen. Eingehend beschäftigen wir uns in Kapitel 3 mit all den Gründen, warum uns Schweigen manchmal so schwerfällt – auch wenn es besser für uns wäre.

      Einige Menschen lernen, der Versuchung der vorschnellen Rede zu widerstehen. Eine Abteilungsleiterin zum Beispiel, die für ihre resolute Art bekannt ist, gestand mir: »Wenn der Streit jedes konstruktive Niveau verlassen hat, schweige ich oft gezielt und ausdauernd. Das hilft immer!« Warum? »Na, versuchen Sie doch mal mit einer zu streiten, die keinen Ton sagt. Das wirkt.« Entweder rennt der Streithahn zur Tür hinaus, was gut ist. Oder er beruhigt sich, wird weniger persönlich und etwas sachlicher – was noch viel besser ist. Aber Vorsicht:

       Wer schweigt, sollte das niemals provokant oder trotzig tun.

      Denn in dieser Form eskaliert das Schweigen selbstverständlich jede Kommunikation und führt zur Beziehungsbeschädigung. Ist das nicht erstaunlich? Man kann auf verschiedene Arten schweigen! Nämlich konstruktiv oder destruktiv. Geben Sie Ihrem Partner nie das Gefühl, dass Sie ihn anschweigen, schweigend anstarren, mit verschränkten Armen und verkniffenem Gesicht (Körpersprache!) auflaufen lassen, boykottieren. Vermitteln Sie ihm immer, dass Sie schweigend bei ihm sind, dem Gespräch folgen, sich Ihre Gedanken über ihn und das Gesprochene machen. Mit dieser Empfehlung im Hinterkopf können Sie sogar Schweigeregeln brechen. Eben sagten wir, dass man niemals auf eine Frage hin schweigen sollte. Selbst das ist erlaubt und wirkt überraschend gut, wenn Sie dabei die Beziehung wahren.

      Es gibt einen unterschied zwischen trotzigem und zugewandtem Schweigen

      Eine Hausfrau, Mutter und Gattin berichtete mir in einem Seminar über etwas, das viele Ehefrauen kennen: »Mein Mann kommt jeden Abend heim, grüßt mich und die Kinder, fragt uns, wie es geht, und erzählt dann von seinem Tag. Ich komme oft gar nicht dazu, von unserem Tag zu erzählen, weil sein Beruf natürlich viel spannender ist und mehr Geschichten hergibt. Also habe ich vorgestern zum ersten Mal auf seine Frage nicht mit dem üblichen höflichen ›Ja, gut, und dir?‹ geantwortet, sondern mich ihm einfach nur zugewandt, gelächelt und geschwiegen.« Es hat eine Weile gedauert, bis der Gatte das unerwartete Schweigen einordnen konnte, doch danach fragte er besorgt: »Schatz, was hast du? Ist etwas passiert?« An diesem Abend hörte er ihr zu. Wenigstens bedeutend länger als sonst üblich. Warum? Warum wirkt Schweigen oft so viel besser als Reden?

      Warum Schweigen wirkt

      Es ist ganz erstaunlich, wie viele gute Gründe es für die hohe Wirksamkeit von Schweigen gibt. Betrachten wir im Folgenden die stärksten Wirkfaktoren.

      Der Überraschungs-Effekt

      Schweigen überrascht

      Alles Ungewöhnliche wirkt ungewöhnlich gut. Und in einer plapperhaften Welt ist Schweigen wirklich das Ungewöhnlichste, was ein Mensch in einer Kommunikation erleben kann. Nehmen wir den Chef des Sachbearbeiters, den ich oben erwähnte. Der erwartet doch im fünfhundertsten Streit zweifellos, dass der Sachbearbeiter ihm wie 499 Male zuvor wieder das Leben schwer machen und ständig widersprechen wird. Und dann tut er das nicht! Wenigstens viel seltener als vorher. Das überrascht den Chef. Und verunsichert ihn. Und wer verunsichert ist, der tritt für gewöhnlich auf die Bremse. Schweigen nimmt jedem Konfliktgegner den Wind aus den Segeln. Weil er sich aufs Streiten eingestellt hat. Das Schweigen überrascht ihn erst einmal.

      Der Spielabbruch-Effekt

      Schweigen verhindert Sprachspiele

      Nehmen wir an, ich sage zu Ihnen: »Allein der Umstand, dass Sie dieses Buch lesen, beweist, dass Sie ein mieser Kommunikator sind!« Sie würden mir vehement widersprechen? Dann hätte ich schon gewonnen. Denn wenn Ihnen jemand einen Vorwurf macht, dann ist sein vordergründiges Ziel immer die Provokation. Und wenn Sie sich verteidigen, gehen Sie auf die Provokation ein. Das ist so vorhersehbar wie ein Brettspiel. Deshalb nennen es die Transaktionsanalytiker auch tatsächlich ein Spiel. Es gibt Dutzende solcher Kommunikationsspiele: Vorwurf – Rechtfertigung, Behauptung – Rechthaben, Anschuldigung – Kadi einschalten, Jammern – Trösten, Drohen – Zurückschlagen, … John Badham drehte mit dem jungen Mathew Broderick einst den Film War Games, in dem ein Computer im Pentagon die Welt zu vernichten drohte, weil er auf einen atomaren Zwischenfall mit dem atomaren Gegenschlag reagieren wollte: Zug – Gegenzug. Auch der dritte Weltkrieg wird ein Spiel sein. Im Film legte der junge Protagonist dem Computer daraufhin mithilfe einer Metapher logisch nachvollziehbar dar, was der Computer dann so formulierte: »A funny game. The only winning move is not to play.« Diese zentrale Erkenntnis der Transaktionsanalyse gilt für sämtliche Kommunikationsspiele: Wer mitspielt, hat schon verloren. Wer sich provozieren lässt, hat schon verloren. Wer auf eine Anschuldigung mit Rechtfertigung reagiert, hat schon verloren. Wer auf eine Drohung mit einer Gegendrohung reagiert, hat schon verloren. Nämlich die Nerven und die Transaktion.

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