Mit Diplomatie zum Ziel. Stéphane Etrillard

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Mit Diplomatie zum Ziel - Stéphane Etrillard Dein Erfolg

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nur um die Befindlichkeiten des anderen, sondern primär um die eigenen Emotionen. Wer die eigenen Gefühle und ihre Ursachen nicht kennt und entsprechend gut einschätzen kann, fährt leichter aus der Haut und vergreift sich im Ton. Und damit werden unter Umständen langwierige Bemühungen mit einem Schlag wieder zunichtegemacht. Es kann also nicht schaden, sich mit diplomatischer Kommunikation zu beschäftigen und die wesentlichen Prinzipien anzuwenden.

      Diese Prinzipien klingen zunächst recht einfach. Unverzichtbar für eine diplomatische Gesprächsführung ist es:

      

jeden Gesprächspartner grundsätzlich ernst zu nehmen und ihm aufmerksam zuzuhören;

      

den Gesprächspartner in jeder Situation sein Gesicht wahren zu lassen und ihn nicht unnötig in die Enge zu treiben;

      

einen Gesprächspartner niemals vor anderen bloßzustellen;

      

in allen Gesprächen und Verhandlungen nach Vorteilen für beide Seiten zu suchen, um so eine Win-win-Situation zu schaffen;

      

die Absichten und Wünsche aller Beteiligten möglichst gut zu kennen und zutreffend einschätzen zu können;

      

einen langfristigen Nutzen im Blick zu behalten, statt durch kurzfristige (Einmal-)Erfolge dauerhafte Nachteile in Kauf zu nehmen;

      

das gegenseitige Vertrauen auszubauen und sich als glaubwürdiger Gesprächspartner zu erweisen;

      

wenn es darauf ankommt, schweigen zu können.

      Wie sehr dieser letzte Punkt von Diplomaten beachtet wird, zeigt sich übrigens darin, dass viele gelungene Schachzüge der Diplomatie niemals bekannt geworden sind – eben weil sie von den Protagonisten nicht an die große Glocke gehängt wurden. Der Hintergrund all dieser diplomatischen Prinzipien: Man möchte die Beziehungen zum Gesprächspartner möglichst dauerhaft erhalten und sie stärken. Denn wenn eine Beziehung tatsächlich einmal abgebrochen wird, bleiben uns nicht mehr allzu viele Möglichkeiten, sie zu retten.

      3. Wenn das Tischtuch zerschnitten ist

      Wenn Menschen sich derart entzweien, dass eine Versöhnung unmöglich erscheint, heißt es, das Tischtuch zwischen ihnen sei zerschnitten. Diese Redensart kommt ursprünglich aus dem Mittelalter. Damals wurde bei Ehescheidungen das von den beiden Partnern gehaltene Tischtuch in der Mitte zerschnitten. Obwohl sich die Zeiten geändert haben, ändert das nichts am Ergebnis: Wo diese Redensart heute zutrifft, gibt es offenbar unüberbrückbare Differenzen. Der persönliche Umgang wird abgebrochen oder auf das Unvermeidliche reduziert. In einigen Situationen mag das der einzig konsequente Schritt sein. In vielen anderen bringt es Nachteile für beide Seiten und war oft in dieser drastischen Form auch gar nicht gewollt. Gehen Beziehungen – berufliche oder private – in die Brüche, entsteht Stress und es geht ein wichtiger Rückhalt verloren.

       Der Mensch ist ein Beziehungswesen und strebt nach Kooperation, Zugehörigkeit und Anerkennung. Belastete Beziehungen versetzen ihn in eine Art Alarmzustand.

      Menschen sind per se keine Einzelkämpfer, sie zeichnen sich vielmehr durch ihre Fähigkeit zur Kooperation aus. Tatsächlich fühlen sich Menschen am wohlsten, wenn sie auf stabile Beziehungen setzen können und Teil einer soliden Gemeinschaft sind. Der Mensch ist also schon seiner Veranlagung nach voll und ganz ein Beziehungswesen und strebt nach Kooperation, Zugehörigkeit und Anerkennung. All dies finden wir in stabilen Beziehungen. Das gibt uns Sicherheit.

      Sind die Beziehungen jedoch belastet, befinden wir uns in einer Art Alarmzustand. Gute Beispiele für diesen Alarmzustand sind Beziehungskrisen, Mobbing am Arbeitsplatz oder belastete Freundschaften – in all diesen Fällen stehen die Betroffenen unter starkem Druck. Dieser kann sich zu erheblichem Leidensdruck ausweiten, die Leistungsfähigkeit und Motivation deutlich reduzieren und sogar krank machen. Genau das ist übrigens auch der Grund dafür, dass weitsichtige Unternehmen heute verstärkt in ein positives Betriebsklima investieren. Das liegt weniger daran, dass ihnen das Wohl ihrer Mitarbeiter so sehr am Herzen liegt. Vielmehr ist inzwischen klar, dass eine gute Atmosphäre am Arbeitsplatz nachweislich den Krankenstand vermindert und zugleich die Produktivität erhöht.

      Wie Feindbilder entstehen

      Gute Beziehungen sind eine Bereicherung für uns, die das Leben angenehmer und leichter machen. Sie sind vor allem dann gefährdet, wenn es im Gespräch zu persönlichen Verletzungen kommt. Eigentlich wissen das alle und sollten diese Verletzungen tunlichst vermeiden. Dennoch zielen viele Menschen im Eifer des Gefechts immer wieder unter die Gürtellinie. Das geschieht meist nicht aus heiterem Himmel, sondern nach einem mehr oder weniger langen Vorspiel. Dieses Vorspiel könnte beispielsweise so aussehen: In der Abteilung eines Büros geht es drunter und drüber und alle Mitarbeiter wissen, dass am nächsten Tag unendlich viel Arbeit anfallen wird. Ein Kollege, der ein wenig reserviert und schon deshalb nicht sehr beliebt ist, hat dummerweise ausgerechnet an diesem Morgen auf dem Weg zur Arbeit eine Autopanne. Als Folge kommt er mehr als eine Stunde zu spät ins Büro. Seine Kollegen sind verständlicherweise alles andere als begeistert und tuscheln hinter seinem Rücken über den »Zuspätkommer«. Einige Monate später kommt es zu einer ganz ähnlichen Situation: Wieder hat die ganze Abteilung alle Hände voll zu tun und wieder kommt derselbe Kollege zu spät ins Büro. Auch diesmal ist es nicht seine Schuld, doch will davon niemand etwas hören. Auch scheinen alle vergessen zu haben, dass der Kollege in all den Jahren überhaupt nur zweimal zu spät kam. Doch jetzt hat er seinen Ruf weg: Er ist nun der Zuspätkommer, auf den kein Verlass ist, wenn jeder gebraucht wird. Hinter vorgehaltener Hand wird also tüchtig gelästert.

      So entsteht allmählich ein Feindbild. Schon bald kann der Mitarbeiter machen, was er will, bei jeder Gelegenheit heißt es: »Das ist mal wieder typisch für den!« Und hat sich erst einmal ein solches Feindbild manifestiert, haben alle, die sich darauf eingeschossen haben, eine verzerrte Wahrnehmung. Die Objektivität geht völlig verloren; stattdessen entwickelt das Ganze eine negative Eigendynamik mit reichlich (Fehl-)Interpretationen, Wertungen, Unterstellungen, Urteilen und Vorurteilen. Was sich zunächst gegen einen richtet, greift in vielen Fällen schnell weiter um sich, bis im gesamten Büro dicke Luft herrscht.

       Vor allem persönliche Verletzungen belasten und gefährden eine Beziehung.

      Kaum jemand behält Ärger und Frust für sich, im Gegenteil: Wer sich ärgert, wird möglichst vielen davon berichten – und er wird dabei selten objektiv bleiben. Er wird vielmehr die Situation einseitig und mit allerlei Wertungen und Unterstellungen gewürzt weitertragen. Eine Lappalie wie das zweimalige Zuspätkommen zieht so weite Kreise und infiziert nach und nach einen größeren Teil der Belegschaft. Derjenige wiederum, der in die Schusslinie geraten war, wird sich wehren und seinerseits Verbündete suchen. Es entstehen also ständig neue Fronten und kaum jemandem wird mehr bewusst sein, wie das Ganze überhaupt angefangen hat. Niemand argumentiert noch sachlich, es kommt vielmehr zu persönlichen Verletzungen, was die Beziehung schwer belastet und sie schließlich zerstört – das Tischtuch

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