77 versteckte Orte in Berlin. Johannes Wilkes

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77 versteckte Orte in Berlin - Johannes Wilkes

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– und unter dieser Wolke verbergen sich die erstaunlichsten Dinge. Kaum eine zweite Metropole hat so viele Ecken und Kanten wie Berlin und hinter den Ecken und Kanten verstecken sich Orte, die besondere Geschichten zu erzählen haben, tragische, leidenschaftliche, wissenswerte und humorvolle. Diese Geschichten zu sammeln, sie neu zu erzählen, das ist die Absicht dieses Buches. Mit Hilfe der beigefügten Karte kann man die versteckten Orte leicht selbst aufsuchen und sich auf Entdeckungsreise begeben, man muss es aber nicht. Auch vom heimischen Sofa aus oder in der Badewanne planschend kann man durch Berlin und seine Geschichte spazieren. Der Autor dieses Buches hat seine Touren alle mit dem Fahrrad gemacht, für ihn die schönste Art, Berlin zu erkunden. Und wenn Sie bei Ihren Touren eine neue Geschichte entdecken sollten, einen geheimen Ort, der etwas zu erzählen hat, teilen Sie Ihr Geheimnis doch dem Autor mit, dann wird es vielleicht schon bald einen Nachfolgeband geben. Aber nun ran an de Buletten!

      1 Obelisk im Schlosspark Charlottenburg (Charlottenburg)

      Schloss Charlottenburg

      Obelisk, Marmor, im Schlossgarten Charlottenburg von Braco Dimitrijevic: 11. März, das könnte ein Tag von historischer Tragweite sein, 1976–79. Das Datum 11. März wählte Peter Malwitz, ein zufälliger Passant, denn es war sein Geburtsdatum. Collection Schloss und Garten Charlottenburg.

      Obelisken errichtet man, um an ein bestimmtes Ereignis oder einen besonderen Menschen zu erinnern, an einen gewonnenen Krieg etwa oder einen speziellen Herrscher. Der Obelisk vom Schlosspark in Charlottenburg aber gibt Rätsel auf. In ihn gemeißelt ist nur ein Datum, und zwar nicht einmal ein komplettes. Nur Tag und Monat sind angegeben: »11. März«, das Jahr aber fehlt. Was will uns der Künstler damit sagen? Hat er an diesem Tag etwas Besonderes erlebt, hat er vielleicht seine Frau das erste Mal geküsst? Ist es das Tag seiner Abschlussprüfung an der Akademie oder wurde ihm gar am 11. März ein Kind geboren? Gerüchten zufolge hat Braco Dimitrijevic, als er 1979 den Carrara-Marmor bearbeitete, einen Passanten nach dessen Geburtsdatum gefragt. Es hätte also auch der 13. oder 28. Juli sein können oder der 14. November. Demnach hat er Lotterie gespielt und wollte mit dem Zufallsdatum nur ausdrücken: Alle steinernen Denkmäler sind eine Dummheit. Wenn der Menschheit oder einem Menschen ein Datum wichtig ist, dann ist es ihm ins Herz geschrieben, dann braucht es keinen Stein. Wie der 9. November, der 14. Juli oder der 24. Dezember, als der Welt ein Baby geschenkt worden ist, dessen Geburtstag heute noch viele Kinderaugen zum Leuchten bringt.

      Wenn Sie romantisch veranlagt sind und dazu noch frisch verliebt (eine beneidenswerte Kombination) und zudem nach dem passenden Ort und der passenden Stunde suchen, ihrem Partner einen Hochzeitsantrag zu machen, dann kann ich Ihnen diesen Obelisken sehr empfehlen. Seien Sie sicher: Sie und Ihr Schatz werden den Tag nie vergessen! Und Sie dürfen gerne behaupten, der 11. März sei nur für Sie gemacht.

      Der Litauer Vytautas Landsbergis wurde am 11. März 1990 zum Parlamentspräsidenten gewählt und erklärte am selben Tag die Unabhängigkeit seines Landes. Im Gegensatz zum Künstler hatte für ihn das Datum auf dem Charlottenburger Obelisken daher eine tiefere Bedeutung, und es ist ihm ein Bedürfnis gewesen, die Säule aufzusuchen. Bereits der erste Architekt von Schloss Charlottenburg, Johann Friedrich Eosander von Göthe, hatte 1717 einen Obelisken an der Spree vorgesehen.

      Obelisk im Schlosspark Charlottenburg

      Spandauer Damm 10–22

      Nordöstlicher Zipfel des Parks

      14059 Berlin

      2 Schlosspark Charlottenburg (Charlottenburg)

      Was unterscheidet Berlin von London, Paris oder New York? Viele sagen: Berlin ist grüner. Durch die weitsichtige Stadtplanung früherer Generationen hat man viele Freiflächen geschaffen, zudem wurde die Breite der Straßen auch aus feuerpolizeilichen Erwägungen so großzügig bemessen, dass genügend Platz für Bäume blieb. 439.000 Straßenbäume zählt Berlin heute, jeder Dritte ist älter als 40 Jahre. Das tut der Berliner Luft gut, filtern hohe Bäume doch nicht nur Schadstoffe, sondern produzieren darüber hinaus so viel Sauerstoff, wie zehn Menschen verbrauchen.

      Es wäre ungerecht, einen besonderen Baum herauszuheben. Viele stattliche Exemplare finden sich aufs Stadtgebiet verteilt, es wären noch mehr, wenn nicht in der bitterkalten Nachkriegszeit viele Berliner aus der Not heraus zu Axt und Säge gegriffen hätten. Der angeblich älteste Baum Berlins, die Dicke Marie, steht im Tegeler Forst, mein Liebling, eine Blutbuche, erhebt sich im Garten des Literaturhauses in der Fasanenstraße. Auch unter den mächtigen Kastanien im Biergarten des Zollpackhofs gegenüber dem Kanzleramt sitzt man wunderbar. Wenn wir dennoch einem Baum etwas mehr Platz widmen, dann nicht allein wegen dessen Schönheit, sondern mehr noch wegen des Gärtners, der ihn pflanzen ließ. Es handelt sich um die Sumpfzypresse im Schlosspark Charlottenburg. Aus Nordamerika stammend, fühlte sie sich an der Spree so wohl, dass sie auf einen Umfang von 5,40 Meter angewachsen ist. Man nimmt an, dass sie bei der Umgestaltung des ursprünglich barocken Gartens in einen englischen Landschaftsgarten von Peter Joseph Lenné gepflanzt worden ist. Kaum ein zweiter hat die Stadtstruktur von Berlin so geprägt wie der preußische Gartenkünstler und Landschaftsarchitekt. Im Zeitalter der wachsenden Fabriken und Mietskasernen machte er sich Gedanken, wie man ein grünes Berlin für alle gestalten könnte. Nicht nur die zahlreichen Potsdamer Parks gestaltete er, auch und insbesondere seine Berliner Projekte, die Anlage von Sichtachsen und die Schaffung begrünter Kanäle, erfreuen bis heute. Den Ehrentitel Lenné-Stadt würde Berlin zu Recht tragen.

      Sumpfzypresse im Schlossgarten Charlottenburg

      Schlossgarten Charlottenburg südlicher Teil

      Spandauer Damm 10–22

      14059 Berlin

      3 Schloßbrücke Charlottenburg und überall entlang der Spree (Charlottenburg)

      Die Spree ist eine Künstlerin. Nicht nur, dass an ihren Ufern mit den Umgebindehäusern die originellsten Handwerkerunterkünfte stehen, sich mehrere Dome in ihren Wassern spiegeln, im Spreewald sich aufs Schönste die Gurken krümmen, die Spree versteht sogar das Kunststück, rückwärts zu fließen. Gut, werden Sie einwenden, das kennt man auch von der Elbe in Hamburg oder der Themse in London. Diese Flüsse jedoch stehen unter dem Einfluss des nahen Meeres, also der Gezeiten. Fließt die Spree rückwärts aber, hat das gänzlich andere Ursachen. Verschiedene Faktoren müssen zusammenkommen: eine trockene Zeit am Oberlauf, der Lausitz also, Wasserentnahme aus der Spree durch die Flutung der ehemaligen Braunkohlegruben bei Bautzen und Cottbus, Niederschlag hingegen im nördlichen Brandenburg und auf der Mecklenburger Seenplatte, sodass die Havel gut gefüllt ist – und Millionen von Berlinern, die sich unter die Dusche stellen. Dann passiert es, dann staunen die Angler, die ihre Köder ins Wasser werfen, dann kehrt sich die Strömungsrichtung um und die Spree scheint zur Quelle zurückzufließen. Achten Sie mal drauf! (Vielleicht, weil besonders schön

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