Perry Rhodan Neo 218: Abstieg in die Zeit. Rainer Schorm

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Perry Rhodan Neo 218: Abstieg in die Zeit - Rainer Schorm Perry Rhodan Neo

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werten, dass ich mich von ihr abwende. Wir haben uns entzweit, und jetzt verstärkt jede kleine Geste diesen Eindruck. Ich wollte das nicht ... und sie sicher ebenso wenig.

      Dabei hatten Laura und Sophie Bull-Legacy eine Art Stillhalteabkommen geschlossen; ohne Worte sozusagen. Rhodans Heilung war für beide das Wichtigste, und zumindest was das anging, waren sie sich einig. Sie würden ihre Differenzen irgendwann ausdiskutieren, vielleicht sogar heftig streiten, aber nicht im Moment und auf keinen Fall an diesem Ort.

      Da lag er: schweigend, die Augen geschlossen, die Wangen eingefallen. Perry Rhodan war bleich, das Gesicht hatte die Farbe ausgebrannter Asche. Das dunkelblonde Haar sah spröde aus, die Haut trocken und beinahe brüchig.

      Laura hatte sich immer gefragt, was Leute wohl sagen wollten, wenn sie davon sprachen, jemand sei »durchscheinend«; nun sah sie es mit eigenen Augen. Perry Rhodan hatte Substanz verloren, als sei das Fleisch verdunstet und habe die Haut zurückgelassen wie eine dünne Hülle aus Pergament.

      Neben der Chefärztin Pari Sato war ihre Assistenzärztin Lena Olsen anwesend. Beide ließen sich durch Lauras Eintreten nicht stören.

      »Wie geht es ihm, Doktor Sato?«, fragte Laura.

      Die Ärztin hob den Kopf, auf dem pechschwarzen Haar lag ein leicht bläulicher Schimmer. Sie machte ebenfalls einen erschöpften Eindruck. Dass Rhodan ein wichtiger Patient war, lag auf der Hand, aber da war noch etwas anderes.

      »Es geht ihm schlecht«, antwortete Sato. »Das wird Sie nicht überraschen. Immerhin leidet der Protektor bereits eine ganze Weile unter diesen Ausfallerscheinungen.«

      Laura musterte Rhodan. Seine Nase wirkte spitzer, als sie das in Erinnerung hatte. Die Wangen wölbten sich ungesund nach innen. »Er sieht ... unheimlich aus.«

      »Er hat das hippokratische Gesicht«, sagte Sato. »Es ist typisch für Sterbende, besonders für Menschen, die sich in Agonie befinden. Man kennt diese Symptome seit der Antike. Sie wurden zum ersten Mal von Hippokrates von Kos beschrieben.«

      »Kein gutes Zeichen«, flüsterte Laura.

      »Nein, ganz und gar nicht«, bestätigte Sato. »Es geht zu Ende. Daran gibt es nichts mehr zu rütteln. Wir sind am Ende unserer Möglichkeiten angelangt. Ich glaube, nicht mal auf Mimas wäre noch Hilfe möglich. Wahrscheinlich sogar nicht mal auf Aralon ... Sud hätte ihm vielleicht helfen können, nehme ich an. Als ... Parabegabte, nicht als Ärztin im normalen Sinn. Ihre Gabe ist beeindruckend. Ich wurde ein paarmal Zeuge, wie sie ihre Psi-Fähigkeit einsetzte. Wie auch immer: Sud ist nicht hier.«

      Laura warf ihrer Schwester einen fragenden Blick zu, der den MINSTREL streifte. Sophie schüttelte nur düster den Kopf.

      Natürlich hat sie gefragt, wurde Laura klar. Aber obwohl NATHAN sehr viel mehr weiß als wir alle zusammen, sogar über uns: Er ist kein Arzt. Wahrscheinlich verfügt er über ein gewaltiges Arsenal an medizinischen Fakten, biologischen und chemischen Kenntnissen. Aber alles, was mit Patienten zusammenhängt, überfordert ihn wahrscheinlich nach wie vor. Zumindest das Dunkelleben ist für die Hyperinpotronik ebenso rätselhaft wie für uns. Aber warum ist er dann hier – in Gestalt des MINSTRELS? Voyeurismus ist ihm fremd.

      »Sie sind sicher, was die Diagnose angeht?«, fragte sie dennoch.

      Satos Blick war mitleidig. Die erfahrene Ärztin hatte wahrscheinlich genügend Erfahrung, nicht nur mit Sterbenden, sondern ebenso mit denen, die hilflos und schmerzgeplagt zurückblieben. Sato streifte einen Ärmel des Krankenhemds zurück.

      »Was ist das?«, fragte Laura unruhig.

      »Das nennt man Kirchhofrosen«, sagte Sato leise. »Dass sie am Oberarm auftreten, ist nicht allzu häufig.«

      Laura musterte die rosettenförmige, rötlich blaue Verfärbung. »Was ist das?«, fragte sie nochmals. »Ich habe das Wort nie zuvor gehört.«

      »Es sind Totenflecken, die bei noch Lebenden auftreten.« Die Assistenzärztin Olsen sprach nur zögerlich. »Während der Agonie sinkt das Blut in tiefere Teile des Körpers ab. Das führt zu diesen Verfärbungen.«

      Lauras Mund war übergangslos staubtrocken. »Soll das ... heißen ... Heißt das etwa ...?«

      Das kann einfach nicht wahr sein, dachte sie verzweifelt. Wir stehen kurz davor, Lashat zu erreichen. Wir haben so viel durchgemacht ... Und jetzt ist es zu spät? So kurz vor dem Ziel ...?

      Sato schloss kurz die Augen. »Ja. Er stirbt. Obwohl ich nicht sagen kann, wie lange es sich hinziehen wird. Mister Rhodan ist in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Das wissen Sie besser als ich.«

      Von Sophie kam ein ersticktes Geräusch. Laura sah, dass ihre Augen wässrig glänzten.

      »Kann man ...«, setzte Laura an.

      »Wir haben alle nötigen palliativen Behandlungen eingeleitet«, sagte Sato. »Schmerzbehandlung, alles, was nötig ist, um ihm das Ende erträglicher zu machen.«

      »Erträglich!«, stieß Laura hervor.

      »Wahrscheinlich eine unglückliche Wortwahl«, gab Sato zu. »Unter normalen Umständen gehört dazu die Anwesenheit von Familie und Freunden.«

      »Seine Familie ist nicht hier, sondern Zehntausende von Lichtjahren entfernt«, sagte Laura bitter. »Neben mir und Sophie sind ein paar alte Freunde an Bord. Aber Conrad Deringhouse und Gabrielle Montoya sind nicht abkömmlich. Sie werden in der Zentrale gebraucht und leiten den Anflug auf Lashat. Da sie ihre Pflichten überaus ernst nehmen, werden sie nicht kommen können. Sosehr ihnen das jetzt und später zusetzen wird. Sie werden furchtbar darunter leiden. Wir alle sind aufgebrochen, um Perry Rhodan zu helfen. Er selbst hat seine Familie abgehalten mitzukommen, weil er die Verantwortung allein übernehmen wollte. Als Preis dafür stirbt er nun in der Fremde – allein.«

      »Sie beide sind hier«, sagte Olsen sanft.

      Laura schluckte. »Er hat drei Kinder. Eine Frau, die ihm mehr bedeutet als das eigene Leben. Unser Vater wäre sicher hier, wenn er könnte. Sophie und ich sind nur ein müder Ersatz.«

      Olsen schwieg. Sie spürte wohl, dass Laura ihre Worte ernst meinte, ohne dass diese abwertend gemeint waren.

      Laura fühlte Sophies Verzweiflung, als sei es ihre eigene. Die Verbindung über den MINSTREL funktionierte reibungslos, sogar in dieser recht oberflächlichen Form. Durch sie trug jede der beiden die emotionale Last der anderen, ohne dass dies Erleichterung gebracht hätte.

      Da nützt nicht mal eine Umarmung etwas, dachte sie müde. Man sieht im anderen, wie es einem selbst früher oder später ergehen wird. Das Leben endet tödlich, und nichts wird am Ende gut.

      Sie ließ sich tiefer in den Konnex fallen, die Verbindung zum MINSTREL, die auf gewisse Weise dem Kontakt eines Emotionauten mit seinem Raumschiff ähnelte. Sie fühlte die ganze Fremdartigkeit des NATHAN-Ablegers. Sie war nicht feindlich oder bedrohlich, aber wohl fühlte sich Laura ebenfalls nicht. Sophies Gegenwart hingegen war ein Quell von Wärme und Geborgenheit.

      Gibt es nichts, was wir tun können?, fragte Laura.

      Der MINSTREL antwortete nicht konkret. Die Informationen, die er umwälzte, erinnerten sie eher an Melodien, die sich ergänzten und zu einem höherdimensionalen Gebilde verwoben.

      Eine Fuge, erinnerte sie sich an ein Gespräch, das sie vor langer Zeit mit Leibnitz auf

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