Perry Rhodan Neo 215: Botschafter des Imperiums. Rüdiger Schäfer

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Perry Rhodan Neo 215: Botschafter des Imperiums - Rüdiger Schäfer Perry Rhodan Neo

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einleiten!« Die Stimme der Matriarchin klang entschlossen. Doch der Arkonide hatte lange genug am Hof der Imperatrice gedient, um die Angst zu riechen, die diese beiden Wörter in der Zentrale der VETRONA verbreiteten. Statt Nottransition hätte Patralis auch Selbstmord sagen können. Es wäre auf das Gleiche hinausgekommen.

      »Das ist Wahnsinn, Mutter!« Selim war offenbar der gleichen Ansicht. Die Spitzen des hellroten Flaums auf seinen Wangen, den er in grenzenlosem Optimismus als Bart bezeichnete, zitterten. »Bei dieser Geschwindigkeit reißt es uns das Schiff auseinander!«

      Mit zwei schnellen Schritten war Patralis bei ihrem Sprössling und rammte ihm mit aller Kraft ihren Ellbogen gegen die rechte Kopfseite. Selim kippte mit einem Ächzen von seinem Sessel und schlug hart auf den Boden. Benommen rappelte er sich wieder auf. Er sah aus, als wolle er jeden Moment zu weinen anfangen.

      »Das war keine Aufforderung zur Diskussion, sondern ein Befehl!«, stellte die Matriarchin klar. »Wenn wir die nächsten Minuten überleben wollen, ist das unsere einzige Chance. Und jetzt mach deine Arbeit, oder du wirst dir deine Mahlzeiten einen Monat lang aus den Abfallcontainern der Kantine zusammensuchen!«

      »Ja, Mutter.« Es klang eher wie ein Schluchzen als wie eine Bestätigung.

      Tamanur da Gonozal schüttelte kaum merklich den Kopf. Als Arkonide war er mit autoritärem Führungsstil vertraut. Dennoch übertrieb es Patralis seiner Meinung nach hin und wieder – vor allem, wenn es um die Mitglieder der eigenen Familie ging.

      Khasurn tem Prago, Khasurn tem Zarakh. Familie ist Tag, Familie ist Nacht. Mit diesen Worten hatten Arkoniden schon vor mehr als zehntausend Jahren ausgedrückt, dass das eigene Blut sowohl größtes Glück als auch ewige Verdammnis bedeuten konnte. Doch was auch immer geschah: Die Familie stand über allem! Man demütigte ein Mitglied des eigenen Hauses nicht grundlos vor anderen.

      Die VETRONA brüllte auf wie ein verwundetes Tier. Aus ihren Eingeweiden drang ein unheilvolles Grollen. Dazu kam ein enervierendes Prasseln, als werfe jemand Steine gegen die Außenhülle des Frachters. Im nächsten Augenblick wurde Tamanur bewusst, dass dieser Vergleich der Wahrheit sehr nahe kam.

      »Der Schutzschirm ist in über zwanzig Sektoren ausgefallen!«, meldete Tarena. »Bei allen Marktschreiern und ehrbaren Kaufleuten: Da draußen regnet es ultrahochverdichteten Kohlenstoff ...«

      »Diamanten?«, vergewisserte sich die Matriarchin ungläubig.

      »Diamanten«, bestätigte ihre Schwiegertochter. »Wir fliegen durch einen Schauer aus bis zu faustgroßen Edelsteinbrocken. Sie schlagen mit mehreren Tausend Stundenkilometern auf den Rumpf. Das gibt ein paar ziemlich hässliche Beulen. Außerdem durchfliegen wir gerade eine ziemlich heftige Sturmzone. Die Windgeschwindigkeiten betragen hier über zweitausend Stundenkilometer.«

      »Schirm in Flugrichtung verstärken!«, wies die Matriarchin an.

      »Ist längst geschehen.« Tarena blieb trotz der prekären Situation überraschend gelassen. »Ich fliege nicht erst seit gestern.«

      Patralis ignorierte diese Respektlosigkeit, denn gerade verkündete Selim, dass die Vorbereitungen für die Nottransition abgeschlossen waren.

      Tamanur leckte sich über die aufgesprungenen Lippen. So ging es also zu Ende. Er hatte nicht wirklich Angst vor dem Sterben; es quälte ihn nur, dass er seine Mission nicht hatte abschließen können. Er hatte vor Emthon V. versagt. Das würden die Sternengötter nach dem letzten Übergang nicht gerade zu seinem Vorteil auslegen.

      »Nur Mut, Helon!«, rief ihm Patralis zu. »Noch sind wir nicht tot.«

      Tamanur ärgerte sich über sich selbst. Offenbar war ihm sein Gemütszustand deutlich anzusehen. An seinen Tarnnamen – Helon da Sofukar – hatte er sich längst gewöhnt, sodass er ohne Verzögerung reagierte. »Wenn wir unser Schicksal in die Hände der Götter gelegt haben, ist es sowohl für Furcht als auch für Heldentum zu spät«, sagte er.

      »Das liebe ich an euch Arkoniden«, gab die Matriarchin spöttisch zurück. »Ihr habt für jede Lebenssituation den passenden Spruch parat ...«

      Die weiteren Ereignisse ließen weder Patralis noch Tamanur Zeit, ihren Dialog zu vertiefen. Die Kräfte, die bereits damit begonnen hatten, den Frachter auseinanderzunehmen, griffen nun auch auf die Zentrale über. Nur wenige Meter vor dem Arkoniden schoss eine Stichflamme aus einer der Steuerkonsolen und traf eine Mehandor mitten im Gesicht. Ihre Haare gingen in Flammen auf; die graublaue Uniform an Brust und Schultern brannte zwar nicht, warf aber urplötzlich Blasen und färbte sich dunkelbraun. All das geschah so schnell, dass die bedauernswerte Frau nicht mal mehr einen Schrei ausstoßen konnte. Mit von der Hitze entstelltem Gesicht kippte sie einfach zur Seite und blieb reglos am Boden liegen.

      »Jeder bleibt, wo er ist, und erfüllt seine Aufgabe!«, rief Patralis warnend. »Um alles andere kümmern sich die Roboter.«

      Tatsächlich war eine der in der Zentrale stationierten Maschinen binnen Sekunden zur Stelle und schaffte die tote Mehandor weg. Ein junger Mann der Bereitschaft nahm ihre Stelle ein und überprüfte vorsichtig die noch immer rauchende Konsole.

      »Sprungsequenz wird eingeleitet in ... drei ... zwei ... eins ... jetzt!«

      Ein greller Blitz blendete Tamanur. Danach sah er einen Moment lang nur bunte Schemen, die vor ihm einen wilden Tanz aufführten. Als es dunkel wurde, glaubte er zunächst, sein Augenlicht verloren zu haben. Doch einen Atemzug später zuckten weitere Lichtblitze durch die Zentrale und verwandelten das Chaos ringsum in eine Abfolge zittriger Bilder und Bewegungen.

      Tamanur verspürte einen mörderischen Druck auf seiner Brustplatte. Das Atmen fiel ihm schwer, weil sich die Luft anscheinend in eine Art Gelee verwandelt hatte. Das Gefühl des Erstickens befeuerte seine ohnehin schon vorhandene Panik weiter. Warum hatte er nicht versucht, diesen Irrsinn zu verhindern?

      Weil Patralis dich nur ausgelacht hätte, gab er sich selbst die Antwort auf seine Frage. Er war nichts weiter als ein Passagier auf einem Frachtschiff. Er saß überhaupt nur deshalb in der Zentrale, weil er die Matriarchin für seinen Platz an Bord der VETRONA überaus großzügig entlohnt hatte. Die alte Schachtel hatte sehr schnell mitbekommen, dass er verzweifelt und dass Geld das geringste seiner Probleme gewesen war.

      Eine Reihe weiterer Explosionen ließ Tamanur zusammenzucken. Dicker, schwarzer Rauch waberte durch den Raum. Die Notsysteme schafften es offenbar nicht, den Qualm schnell genug abzusaugen. Er hörte würgendes Husten, Schreie, dazwischen weitere Detonationen und die wütenden Befehle der Sippenchefin.

      Das große Außenbeobachtungsbild zeigte einige milchige Flecken. Wahrscheinlich waren ein paar der Holoprojektoren ausgefallen oder arbeiteten nicht mehr einwandfrei. Tamanur erkannte eine Landschaft aus glitzernden Eisflächen, die in zartem Pink schimmerten. Dazwischen erstreckten sich diverse Gebiete aus hellem Braun. Die VETRONA flog aktuell hoch genug, dass er die Krümmung des Horizonts deutlich sehen konnte. Das war somit keinesfalls mehr Neptun. Dieser Eisbrocken da vorn war deutlich kleiner. Es musste einer der Monde des Gasplaneten sein.

      Die im Holo eingeblendeten astrophysikalischen Daten nahm der Arkonide eher unbewusst in sich auf. Er hatte nahezu die Hälfte seines Lebens an Bord von Raumschiffen verbracht; da geschah so etwas ganz automatisch.

      »Triton«, las er den terranischen Namen des Trabanten. Noch ein Wassergott. Wie für so viele Kulturen spielte das Leben spendende Nass auch für die Menschen eine beherrschende Rolle. Triton war mit 2700 Kilometern Durchmesser fast so groß wie der Mond, der um die Erde kreiste, hatte aber noch fünfzehn Brüder – zwei davon hatten die

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