Der Diwan. Mohammad Schemsed-Din Hafis Hafis
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XXXIX.
Jetzt, da edenischer Hauch
Vom Garten wehet,
Trennet mich nichts von dem Wein,
Von Himmelsmädchen.
Sollen die Bettler denn nicht
Mit Herrschaft prahlen,
Ist nicht der Himmel ihr Zelt,
Die Flur ihr Tanzsaal?
Jetzo erzählet die Flur
Des Mais Geschichten,
Wer sich mit Geld jetzt befängt,
Der ist nicht weise.
Frische dein Herz auf mit Wein!
Die Erd’ ist nur ein
Bau, zu dem unser Gebein
Den Mörtel hergibt.1
Suche beim Freunde nicht Treu’,
Sie ist erstorben,
Heiliges Feuer kömmt nicht
Aus Kirchenlampen.2
Du verschwärze mich nicht
Ob meinem Rausche.
Wem ist bekannt, was das Los
Schrieb auf die Stirne?
Wende die Schritte nicht ab
Vom Grab Hafisens;
Wenngleich in Sünden versenkt,
Harrt er des Himmels.3
1Wir sind Erde, aus dieser Erde brennt das Schicksal Kalk, um den Ruin der immer alternden und immer sich verjüngenden Natur aufzubauen. Mache diesen Mörtel also mit Wein an.
2Es wäre gerade so, meint Hafis, als wenn ein frommer Moslim das Licht seiner himmlischen Eingebungen aus einer christlichen Kirche holen wollte.
3Dies ist der Vers, der nach Hafisens Tod ihm die anfangs verweigerte Ehre des Begräbnisses verschaffte.
XL.
Aufs Paradies, o Klausner, lass
Verzicht uns tun,
Wir sind von Anfang her dazu
Nicht eingeschrieben.
Wer Gott zulieb’ auf dieser Welt
Kein Körnlein pflanzet,
Der wird mit keinem Körnlein auch
Des Daseins froh.
Dir ziemt Moschee und Rosenkranz,
Gebet und Tugend,
Und mir die Schenk’ und Glockenton
Und Kirch’ und Kloster.1
Du frommer Mann, o halte mich
Nicht ab vom Weine,
Es ward mein Staub am Schöpfungstag
Mit Wein geknetet.
Der ist kein Weiser, der verdient
Nicht Himmelsfreuden,
Wer in der Schenke nie sein Kleid
Für Wein verpfändet.
Wer seines Freundes Kleidersaum
Entschlüpfen lasset,
Wird Edenslust und Engelskuss
Nie recht genießen.
Hafis, wenn Gottes Gnade dich
Mit Gunst bezeichnet,
Scheu du die Hölle nicht, du bist
Des Himmels sicher.
1Hafis suchte seine Geliebten in christlichen Klöstern, wie noch heute häufig die Türken. Diese kennen sogar in den Zoten ihres chinesischen Schattenspieles keine gesalznere Posse, als wenn sie griechische Kelogeren und Popos vor den Augen der ernst zuschauenden Versammlung gewaltsam missbrauchen.
XLI.
In Bogenformen sind die Augenbrauen geworfen,
Den blut’gen Pfeil hast du damit auf mich geworfen.
Ob einer einzigen Liebkosung der Narzisse1
Hat dein Betrügeraug’ die ganze Welt zerworfen.
Es schämt sich der Jasmin, dass man ihn dir vergleichet,2
Er hat sich durch den Ost selbst Staub ins Maul geworfen.
Betrunken ging ich gestern auf der Flur vorüber,
Die Rose hat vom Mund mir Zweifel aufgeworfen.3
Die Veilchen kräuselten die Schelmenlocken,4
Da hat der Ost von deinem Haar das Wort geworfen.
Ich war enthaltsam, wusste nichts von Wein und Sänger,
Da hat die Knabenlust in beides mich geworfen.
Jetzt wasch’ ich ab mit rotem Wein die Ordenskutte;
Allein es wird das Los von mir nicht abgeworfen.
Man wusste von zwei Welten nichts, da war schon Liebe,
Die Zeit hat nicht erst heut dazu den Grund geworfen.
Zerstöret bin ich durch die Linien der Wangen,
Welch eine Feder hat, o Gott! den Riss entworfen?
Vielleicht ist die Zerstörung für Hafis ein Ausweg,
Ihm hat das Los den Wein des Wirtes zugeworfen.
Nun geht nach meinem Wunsch der Kreislauf dieses Glückes,
Es hat mich in den Dienst des Herrn der Welt geworfen.
1Die Narzisse unterstand sich, liebäugeln zu wollen, wie du; du zürntest