Die Reise der Bounty in die Südsee. William Bligh
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Reise der Bounty in die Südsee - William Bligh страница 5
Unter dem gemeinen Volk herrscht ein Grad von Elend und Bedürftigkeit, der nirgends so auffällig ist wie in spanischen und portugiesischen Niederlassungen. Um diesem Übel zu steuern, hat der jetzige Gouverneur von Teneriffa eine wohltätige Gesellschaft gegründet, die er selber leitet. Von den ansehnlichen Beiträgen ist ein großes Gebäude errichtet worden, das einhundertzwanzig arme Mädchen und ebenso viele Männer aufnimmt. Seine Exzellenz erwies mir die Ehre, mir dieses Hospicio, wie man es nennt, selber zu zeigen, und auf allen Gesichtern las ich Zufriedenheit und Heiterkeit. Die jungen Mädchen waren sittsam und anmutig gekleidet und saßen in bewunderungswürdiger Ordnung in einem großen, gut durchlüfteten Zimmer an ihren Spinnrocken und Webstühlen. Eine Aufseherin leitete ihre Arbeit, die in der Anfertigung von grober Leinwand und seidenen Bändern besteht, die sie selber färben. Nach fünf Jahren dürfen die Mädchen sich verheiraten, wozu sie ihr Spinnrad oder ihren Webstuhl als Gabe erhalten, dazu eine Summe des Geldes aus dem Fond der Gesellschaft, dem ihre Arbeit jetzt jährlich zweitausend spanische Taler einbringt. Für die Männer und Knaben, die größere Wolltücher und Flanelle weben, wird ebenso gut gesorgt. Die Alten und Kranken bringen hier den Rest ihrer Tage unter sorgfältiger Pflege zu. Der Gouverneur besucht sie täglich, und jeden Abend findet sich auch ein Priester bei ihnen ein. Auf solche Art werden viele Menschen in den Stand gesetzt, nützlich und fleißig zu werden, und zwar in einem Land, wo die Armen, vom Himmelsstrich begünstigt, nur zu leicht ein untätiges Leben, wenn auch mit dem Elend verbunden, der besseren Existenz vorziehen, die sie durch Arbeit und Fleiß finden können.
Bäuerin auf Teneriffa
Santa Cruz ist ungefähr eine halbe Englische Meile lang und ebenso breit, mit geräumigen, luftigen Häusern, aber sehr schlecht gepflasterten Straßen. Die Einwohner sollen, wie man sagt, nur wenigen Krankheiten unterworfen sein. Wenn aber eine ansteckende Krankheit ausbricht, so pflegt sie die schlimmsten Folgen zu haben, wie dies besonders der Fall ist bei den Kinderpocken, die man jetzt durch Impfen zu bekämpfen sucht. Die Gefahr von Epidemien ist auch der Grund, weshalb man den ankommenden Schiffsbesatzungen die Landung nur gestattet, wenn sie Gesundheitsscheine mitgebracht haben.
Nachdem unsere Geschäfte zu Teneriffa erledigt waren, gingen wir am 10. Januar bei Südostwind unter Segel. Die gesamte Mannschaft war gesund und guten Mutes. Ich hielt es für ratsam, die Leute in drei Wachen einzuteilen, und gab die Aufsicht über die dritte Wache einem der Steuermannsmaate, Herrn Fletcher Christian. Diese Einrichtung halte ich für die beste, denn ich bin überzeugt, dass ungestörte Ruhe während der Freiwachen die Gesundheit der Mannschaft fördert und sie auch befähigt, notfalls schnell und wirksam einzugreifen.
Da ich wünschte, die Reise nach Tahiti ohne Aufenthalt durchzuführen, verminderte ich die tägliche Ration Schiffszwieback für jedermann um ein Drittel. Unser Trinkwasser ließ ich durch die in Teneriffa gekauften Filter laufen. Gegen Abend umschifften wir die Südspitze der Insel, und am folgenden Morgen hatten wir kein Land mehr in Sicht. Jetzt eröffnete ich der Schiffsmannschaft den Zweck unserer Reise, und da man mir die Erlaubnis erteilt hatte, ihnen einen Ansporn zu geben, so versicherte ich ihnen, dass es an verdienten Beförderungen nicht fehlen werde.
Ich verteilte Angelschnüre und Netze, und wir fingen einige Doraden. Der Himmel bewölkte sich und ließ uns Regen erwarten. Ich ließ deshalb Vorkehrungen treffen, mittels ausgespannten Segeltuchs und ableitender Schläuche Wasser aufzufangen. Der Erfolg lohnte diese Mühe, insbesondere kam am 29. ein solcher Regenguss, dass wir siebenhundert Doppelmaß Wasser auffangen konnten.
Am 31. bemerkten wir abends eine halbe Meile hinter uns ein starkes Kräuseln der Meeresoberfläche, das Klippen anzuzeigen schien. Wir hätten aber dort eine Untiefe wahrnehmen müssen, da wir sehr genau Umschau zu halten pflegten. Ich vermute deshalb, dass das Kräuseln von einem großen Fischschwarm herrührte. Ähnlichen Täuschungen glaube ich den Berichten von vielen Untiefen zwischen den Wendekreisen zuschreiben zu müssen, die zwar in den Karten verzeichnet wurden, aber in der See nie gefunden werden.
Am 4. Februar füllten wir bei einem starken Regenguss unsere leeren Wasserfässer, aber das anhaltend nasse und schwüle Wetter hatte zur Folge, dass im Schiff alles mit Schimmel bedeckt war. Wir lüfteten es oft mithilfe von Kohlefeuern und sprengten fleißig Weinessig, und bei trockenem Wetter ließ ich alle Luken öffnen und die nassen Kleidungsstücke waschen und trocknen, bis endlich der Südostpassat uns am 6. Februar erlöste und wir am folgenden Nachmittag den Äquator passieren konnten. Der Südost blies stetig und frisch.
Am 16. sichteten wir südwärts ein Schiff, das wir am folgenden Tag erreichten. Es war die »British Queen«, Schiffer Simon Paul aus London, unterwegs nach dem Kap der Guten Hoffnung zum Walfang. Es hatte am 5. Dezember Falmouth verlassen, also achtzehn Tage eher, als ich von Spithead abgesegelt war. Ich benutzte die Gelegenheit, Briefe nach England mitzugeben. Bei Sonnenuntergang kam das Schiff außer Sicht.
Das Wetter war, seit wir die Linie passiert hatten, beständig schön und heiter geblieben, aber die Luft war so schwül, dass wir uns sehr matt fühlten. Das Quecksilber im Thermometer stand am Tag zwischen 81 und 83, ja einmal sogar auf 85 Grad (Fahrenheit). Bei der Fahrt durch die nördliche Hälfte der heißen Zone war die Luft nicht so stark erhitzt, weil die Sonne in dieser Jahreszeit weit im Süden stand, dagegen lag ein solcher Nebel auf dem Horizont, dass man nur in geringer Entfernung etwas erkennen konnte. Bei Sonnenuntergang zerstreute sich der Nebel, und bei Sonnenaufgang kam er wieder zum Vorschein. Auf der Grenze zwischen den Nordost- und den Südostpassatwinden pflegen die Windstillen und Regengüsse, wenn sie lange anhalten, Krankheiten zu verursachen, wenn man nicht alle Sorgfalt anwendet, das Schiff rein und gesund zu erhalten, indem man es zwischen Decks durch Kohlenfeuer trocknet und die Kleider und Betten sorgfältig lüftet. Außerdem sprengten wir noch mit Weinessig und benutzten abends die Pumpen als Ventilatoren. So kamen wir durch die heiße Zone, ohne einen Kranken gehabt zu haben.
Am 21. Februar bekamen wir Nord- und dann Nordwestwind, wir hatten also die südliche Grenze des Passatwindes überschritten. Am folgenden Tag fingen wir einen Haifisch und fünf Doraden. Am 26. zogen wir neue Segel auf und machten anderweitige Vorbereitungen gegen die raue Witterung, die nun zu erwarten war. Wir mochten jetzt über hundert Seemeilen von der brasilianischen Küste entfernt sein.
Sonntags, den 2. März, ließ ich vormittags Gottesdienst halten, wie alle Sonntage zu geschehen pflegte, nachdem ich vorher gesehen hatte, dass jedermann gewaschen und rein angezogen war. Jetzt erteilte ich auch Herrn Fletcher Christian den schriftlichen Befehl, das Amt eines Leutnants zu übernehmen.
Da das Thermometer fiel und die Veränderung der Lufttemperatur deutlich zu spüren war, befahl ich, die leichte Kleidung beiseitezulegen und sich auf eine den kalten Regionen angemessene Weise zu kleiden, wofür ich vor der Abreise in England gehörig eingekauft hatte. Montags, den 10. März, fanden wir vormittags Grund in einer Tiefe von 83 Faden (etwa 150 m). Als wir vierzehn Meilen weitergesegelt waren, fanden wir bei 160 Faden keinen Grund mehr. Am folgenden Tag sahen wir eine große Menge Wale von ungeheurer Größe mit zwei Spritzlöchern am Hinterteil des Kopfes.
An diesem Tag sah ich mich genötigt, auf die Klage des Obersteuermanns den Matrosen Matthew Quintal wegen ungebührlichen widersetzlichen Betragens mit zwei Dutzend Hieben zu bestrafen. Bisher hatte ich mich noch nicht in der unangenehmen Notwendigkeit befunden, jemanden an Bord züchtigen zu lassen.
Am 12.