Die Reise der Bounty in die Südsee. William Bligh
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Читать онлайн книгу Die Reise der Bounty in die Südsee - William Bligh страница 6
Der Wind veränderte sich plötzlich und blies mit großer Stärke aus Westsüdwest. Am 23. morgens erblickten wir die Küste des Feuerlandes. Bei dem ungünstigen Wind schien es mir ratsam, östlich um die Staateninsel zu segeln, darauf lag die Le-Maire-Straße so offen vor uns, dass man sie nicht verfehlen konnte. Ich hielt mich etwa sechs Meilen vom Land entfernt, um steten Wind zu behalten und nicht den vom Gebirge herabstürzenden Fallwinden ausgesetzt zu sein. Der Anblick des Neujahrshafens hätte mich fast verführt, dort anzulegen, aber es war zu spät in der Jahreszeit, und meine Leute befanden sich so wohl, dass ich an keine Landung denken mochte, ehe wir in Tahiti waren.
Am 24. verloren wir das Land außer Sicht, und bis zum Ende des Monats kämpften wir mit schlechtem Wetter und widrigen Winden. Am 31. drehte der Wind nach Nordnordost, und wir hatten große Hoffnung, mit dessen Hilfe unsere Reise um Kap Hoorn ohne große Schwierigkeiten zu vollenden, aber bereits in der Nacht fing der Wind an, unstet zu werden, und tags darauf setzte er sich im Westen fest und wuchs zu einem Sturm an, der heftiger war, als ich je einen Orkan erlebt hatte. Die Wogen brausten fürchterlich daher, aber unser Schiff hielt sie recht gut unter dem Großsegel und dem Vorderstagsegel aus. Der Sturm dauerte diesen und den folgenden Tag mit heftigen Stößen, die Hagel und Schloßen brachten. Ich war gezwungen, Tag und Nacht ein Feuer zu unterhalten, an dem einer der Wachhabenden die Kleider trocknete, wodurch ohne Zweifel die Gesundheit meiner Leute erhalten wurde.
Unsere Begleiter waren Albatrosse und Sturmvögel, die sich im Kielwasser des Schiffes niederließen, was unsere Leute auf den Gedanken brachte, sie mit Angelschnüren zu fangen, was ihnen auch gelang. Der Sturm legte sich für kurze Zeit, tobte aber bald von Neuem, und die See ging gewaltig hoch. Die Folgen der ständigen Erschütterung begannen, sich nun am Schiff zu zeigen. Wir mussten uns alle Stunden an die Pumpen stellen. Die Decks waren so leck, dass ich die große Kajüte den Leuten, deren Schlafstellen zu nass waren, einräumen musste, damit sie ihre Hängematten dort befestigen konnten. Dies hatte noch den Vorteil, dass das Matrosenlogis nicht so gedrängt voll war.
Zu allem Unheil mussten wir noch am Ende jeden Tages feststellen, dass wir zurückgefallen waren, statt vorwärtszukommen, und so sehr wir uns auch mühten, trieben wir doch nur vor dem Wind her. Unser Koch fiel auf dem schwankenden Deck hin und brach sich eine Rippe. Ein Matrose renkte sich die Schulter aus. Der Konstabler bekam rheumatische Schmerzen und musste sich hinlegen, sodass wir zum ersten Mal während der Reise eine Krankenliste hatten.
Wir fingen noch immer Vögel genug, aber sie waren so mager und schmeckten so tranig, dass wir einen Versuch mit ihnen anstellten, der uns glänzend gelang. Wir sperrten sie ein und fütterten sie mit Weizenschrot, wovon sie in kurzer Zeit zunahmen. Die Sturmvögel schmeckten nun wie die schönsten Enten, und die Albatrosse wurden so fett und schmeckten so gut wie die besten Gänse. Die unverhoffte Hilfe, die wir auf diese Weise gewannen, kam uns sehr gelegen, denn von unserem mitgenommenen lebendigen Vieh war außer den Schweinen nichts mehr am Leben, weder die Schafe noch das Federvieh hatten der strengen Witterung widerstehen können.
Am 20. legte sich der Wind, und es folgte eine Windstille von einigen Stunden, sodass wir auf eine günstige Änderung hofften. Ich ließ ein Schwein schlachten, damit die Mannschaft ein kräftiges Mittagsmahl von frischem Fleisch genießen konnte. Um Mittag erhob sich zu unserem Verdruss der Wind wieder von Westen und brachte heftige Schnee- und Hagelschauer. Wir waren bereits drei Grad vom westlichen Ende der Magellanschen Meerenge gewesen, aber wir verloren stündlich mehr.
Es schmerzte mich tief, nunmehr einsehen zu müssen, wie hoffnungslos, ja wie unverantwortlich jeder weitere Versuch sein würde, auf diesem Wege nach Tahiti zu gelangen. Dreißig Tage hatten wir jetzt in diesem stürmischen Ozean zugebracht. Einmal waren wir schon so weit nach Westen vorgedrungen, dass die Möglichkeit, die Umschiffung zu vollenden, bis zur Wahrscheinlichkeit gekommen zu sein schien, aber seitdem hatten die heftigsten Stürme von Westen her fast ununterbrochen gewütet, wenige Stunden abgerechnet, in denen es so war, mit einem aus Lord Ansons Reise entlehnten Ausdruck, »als wenn die Elemente Atem schöpften, um mit verdoppelter Wut auf uns loszustürmen«.
Jetzt war es zu spät in der Jahreszeit, um noch auf besseres Wetter und günstigen Wind zu hoffen. Andererseits ließen mir die in südlichen Breiten vorherrschenden Westwinde keinen Zweifel, dass wir eine schnelle Reise um das Kap der Guten Hoffnung und von dort weiter ostwärts haben würden. Am 22. April, fünf Uhr abends, bei starkem Westwind, gab ich deshalb den Befehl, das Steuerruder windwärts zu richten, wodurch ich eine allgemeine Freude an Bord auslöste. Unsere Krankenliste war unterdessen bereits auf acht Personen angewachsen, von denen die meisten an Rheumatismus litten. Sonst war die Mannschaft trotz ununterbrochener Anstrengungen zwar sehr abgemattet, aber vollkommen gesund.
DRITTES KAPITEL
Die Fortdauer des stürmischen Westwindes gab mir keinen Grund, meinen Entschluss zu bereuen. Wir hatten einen ausreichenden Wasservorrat an Bord, um bis zum Kap der Guten Hoffnung damit auszukommen, weshalb ich es nicht für nötig hielt, eine der Falkland-Inseln anzulaufen. Am 9. Mai befanden wir uns in der Nähe der Insel Tristan da Cunha. Ich wünschte, die Insel in Sicht zu bekommen, und ich lavierte deshalb die Nacht hindurch und am folgenden Tag, aber es zeigte sich keine Spur von der Nähe des Landes, und da das Wetter trübe und regnerisch wurde und wir uns bereits östlich der Insel befinden mussten, ließ ich es dabei bewenden und richtete unseren Kurs wieder nach dem Kap der Guten Hoffnung.
Am 22. Mai, zwei Uhr nachmittags, erblickten wir den Tafelberg am Vorgebirge der Guten Hoffnung. Da man den Aufenthalt in der Tafelbucht in dieser Jahreszeit für unsicher hält, richtete ich meinen Lauf nach der False Bay und ging am 24. in der inneren Bucht vor Anker. Hier trafen wir ein von Europa kommendes Schiff der Holländischen Ostindischen Kompanie, fünf andere holländische Schiffe und ein französisches Schiff an. Nachdem ich das Fort begrüßt und eine gleiche Anzahl Kanonenschüsse als Gegengruß empfangen hatte, ging ich an Land. In der Tafelbucht lag noch ein anderes, nach Europa bestimmtes holländisches Schiff, dem ich Briefe an die Admiralität mitgab.
Ich traf sogleich Anstalten, unsere Weiterreise zu ermöglichen. Das Schiff musste überall kalfatert werden, denn es war so leck, dass wir auf der Fahrt vom Kap Hoorn bis hierher stündlich hatten pumpen müssen. Dazu mussten die Segel und das Tauwerk ausgebessert werden. Unsere nächste Sorge aber bestand darin, alle Vorräte zu untersuchen, die zum Teil verdorben waren, besonders der Schiffszwieback. Einstweilen ließ ich der Mannschaft täglich frisches Fleisch, dazu reichlich Brot und Gemüse verabreichen.
Einige Tage nach unserer Ankunft begab ich mich nach Kapstadt und machte Sr. Exzellenz, dem Herrn Gouverneur van der Graaf, meine Aufwartung. Er begünstigte unsere Angelegenheiten so sehr, dass wir kaum die Entfernung von der Kapstadt spürten, woher wir unsere Vorräte beziehen mussten. Während unseres Aufenthalts suchte ich auch allerlei Sämereien von Pflanzen zu bekommen, die in Tahiti von Wert sein konnten. Der Oberst Gordon, Befehlshaber der am Kap stationierten Truppen, erwies mir dabei manche Hilfeleistung. Als jemand den Schiffbruch des englischen Ostindienschiffes »Grosvenor« erwähnte, bedauerte der Oberst, dass man eine Äußerung von ihm so habe auslegen können, als bestehe für die Angehörigen der unglücklichen Schiffsgesellschaft noch einige Hoffnung. Er erzählte, auf einer Reise in das Land der Kaffern habe er einen Eingeborenen angetroffen, der ihm berichtete, dass sich unter seinen Landsleuten eine weiße Frau mit ihrem Kind aufhalte. Oft umarme sie das Kind und weine bitterlich. Da der Oberst sich auf der Rückreise befand und gesundheitlich stark gelitten hatte, konnte er nicht mehr tun, als den Eingeborenen durch Geschenke zu gewinnen, der Frau einen Brief und ihm die Antwort zu überbringen. Der Kaffer versprach dies hocherfreut, allein er hat nichts wieder von sich sehen oder hören lassen.
Ich