Fürstenkrone 11 – Adelsroman. Viola Larsen

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Fürstenkrone 11 – Adelsroman - Viola Larsen Fürstenkrone

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Herzen der Zuhörer im Fluge gewann, verhält sich das Londoner Publikum abwartend, kühl und distanziert.

      Auch Fürst Wolfhart wirkt an diesem Abend keineswegs so sicher wie sonst. Er ist merkwürdig nervös und gibt ungeduldig das Zeichen zum Einsatz.

      Sabrina nickt unmerklich und beginnt ihr Spiel, aber heute jubiliert ihr Herz nicht.

      Es erfüllt sie nicht das starke und beglückende Bewusstsein ihrer jungen Liebe, sondern ihr Herz ist stumm und still. Sie spielt das Adagio technisch einwandfrei und gekonnt, aber ihre Geige singt und klingt nicht, denn Sabrina vermag es nicht, ihr eine Seele einzuhauchen.

      Dann ist Sabrinas Solospiel zu Ende. Es bleibt totenstill im Saal. Lediglich nach dem Finale des Orchesters setzt ein lauter Höflichkeitsapplaus ein, der aber schnell wieder verebbt.

      »In London gibt es keinen offenen Skandal«, murmelt Rulle halblaut vor sich hin, »dieser erbärmliche Beifall ist aber schon Skandal genug.«

      Rulle ist so verzweifelt, dass er nicht einmal die Kraft findet, Sabrina, die nun blass und verstört ins Künstlerzimmer zurückkommt, ein gutes Wort zu schenken, und stumm warten sie beide auf das Erscheinen Fürst Wolfharts.

      Als dieser dann auch eintritt, stehen feine Schweißperlen auf seiner Stirn, und seine Haltung ist nicht so straff wie sonst. Er sagt kein Wort, beachtet weder Sabrina noch Rulle und nimmt schweigend auf dem altmodisch grünen Sofa Platz, das in der Ecke am Fenster steht.

      Wie anders war alles in Paris! Dort konnten sich Sabrina und Fürst Wolfhart der begeisterten und hingerissenen Verehrer kaum erwehren, aber in London will niemand zu ihnen. Es werden auch keine Blumen abgegeben. Man kümmert sich überhaupt nicht um sie.

      Plötzlich pocht es an die Tür, und ein uniformierter Page übergibt Gebinde blassroter Rosen. Rulle wirft einen einzigen Blick auf die elegante Handschrift des Begleitbriefes und wird blass. Er drückt dem Pagen ein Trinkgeld in die Hand und reicht Blumen und Brief dem Fürsten, der beides zuerst achtlos auf den Tisch legen will, dann aber die Handschrift des Begleitschreibens erkennt und das zartgrün getönte Kuvert doch rasch öffnet.

      Nach einem Blick auf die schmale Briefkarte zuckt ein bitteres und verächtliches Lächeln um seinen Mund. Rasch legt er die Rosen und die Karte zur Seite.

      Dann steht er auf und beginnt unruhig in dem schmalen, altmodisch ausgestatteten Künstlerzimmer hin und her zu gehen. Eine steile Falte gräbt sich zwischen seine dunklen Brauen und wächst drohend in die hohe vorgewölbte Stirn.

      Voller Angst beobachtet Sabrina den heimlich geliebten Mann, der ihr so nah und zugleich doch so fern ist. Sie möchte weinen, aber ihr Herz ist so erschöpft und leer, dass sie nicht einmal mehr Tränen findet.

      Auch während des zweiten Programmteils ändert sich die Haltung der Zuhörer nicht. Es bleibt drohend still im Saal, als Sabrina auftritt. Eisige Ablehnung weht ihr entgegen.

      Aber das berührt sie nicht. Jetzt ist ihr alles gleichgültig, und sie ist darauf bedacht, sorgfältig und gewissenhaft zu spielen, um die anderen nicht auch noch durch einen Fehler zu verwirren.

      Kein noch so höflicher Applaus dankt der jungen Künstlerin, als sie nach ihrem Spiel Geige und Bogen sinken lässt. Die Stille ist beschämend, und gesenkten Hauptes tritt Sabrina von der Rampe zurück.

      Fürst Wolfhart jagt nun das Programm förmlich zu Ende. Nachdem der letzte Ton verklungen ist, verlässt er, ohne sich dem Publikum überhaupt noch einmal zuzuwenden, raschen Schrittes das Podium.

      Rulle hat bereits einen Wagen gerufen, und so können er, Fürst Wolfhart und Sabrina die Konzerthalle sofort verlassen und in das Palace Hotel zurückkehren.

      Sabrina ist wie gelähmt. Es drängt sie, Wolfhart zu sagen, wie leid es ihr tut, dass sie so versagt hat, aber kein einziges Wort ringt sich über ihre blassen, bebenden Lippen.

      Vor dem Hoteleingang verabschiedet sich Fürst Wolfhart mit einem flüchtigen Neigen des Hauptes von Sabrina und dem getreuen Rulle, dann geht er wortlos durch die Hotelhalle zum Lift.

      »Es war schrecklich, Rulle!«, stöhnt Sabrina gequält, als der Mann, den sie liebt, ihren Blicken entschwunden ist. »Ich mache mir entsetzliche Vorwürfe, weil ich versagt habe, denn dass ich versagt habe, weiß ich ganz genau.«

      Rulle ist zu ehrlich, um Sabrina zu widersprechen, aber er tröstet sie trotzdem und sagt: »Das kann vorkommen, man darf es nur nicht zu tragisch nehmen. Hoffentlich können Sie schlafen, denn es wird jetzt nichts besser davon, wenn wir die Nerven verlieren. Passen Sie auf, in Stockholm und Oslo ist alles wieder ganz anders!« Aber im Grunde genommen glaubt er nicht daran, dass der Chef nach diesem Londoner Misserfolg die zwei noch geplanten Konzerte geben wird. Blass und bekümmert reicht er Sabrina die Hand. »Ich habe auch versagt«, meint er mit einem schwachen Lächeln. »Ich habe heute Morgen nicht ›Hänschen klein‹ gespielt und habe heute Abend vergessen, vor Konzertbeginn auf die Rampe zu spucken.«

      »Das ist freilich entsetzlich!«, lächelt Sabrina zurück, aber es ist ein müdes, trauriges und gequältes Lächeln. »Gute Nacht, Rulle! Schlafen auch Sie gut!« Sie nickt ihm noch einmal zu und geht dann schnell durch die Hotelhalle zum Lift.

      Es wäre alles nicht so schlimm, denkt sie, wenn ich mit ihm sprechen und ihm erklären könnte, wie es kam, dass ich versagt habe. Aber alles Grübeln nützt jetzt nichts mehr, Rulle hat vollkommen recht.

      Allein und verlassen steht Sabrina dann in ihrem bezaubernden Kleidchen aus Silberchiffon in ihrem vornehmen Hotelzimmer. Tränenlos starrt sie vor sich hin ins Leere, und das Herz ist ihr so schwer wie ein Stein.

      *

      Um die gleiche Zeit geht Fürst Wolfhart ruhelos in seinem Hotelzimmer auf und ab. Er raucht seine kleine Pfeife und wartet darauf, dass eine von ihm angemeldete Verbindung mit seiner Konzertagentur hergestellt wird. Sein Antlitz ist verschlossen und trägt einen fremden, hochmütigen Zug.

      Als endlich das Telefon klingelt, nimmt er ungeduldig den Hörer ab und meldet sich. Ohne Einleitung erklärt er seinem aus dem Schlaf geschreckten Agenten, der erst gar nicht begreift, dass er um diese späte Stunde aus London angerufen wird: »Dieses Konzert war die größte Blamage meines ganzen Lebens. Ich werde die Kritiken mit einem rosa Seidenbändchen versehen und Ihnen zuschicken. Hören Sie noch? Ich werde sofort auf meinen Landsitz reisen. Sagen Sie die geplanten Konzerte in Stockholm und Oslo ab! Guten Abend!«

      Ehe der Konzertagent auch nur ein einziges Wort hat sagen können, legt Fürst Wolfhart den Hörer wieder auf und trennt so die Verbindung.

      Mit einem erleichterten Aufseufzen lässt er sich in einem der tiefen Sessel, die um einen Klubtisch stehen, nieder. Das wäre also erledigt, denkt er. Keine Macht der Welt könnte mich dazu bewegen, nach diesem entsetzlichen Misserfolg noch in Stockholm oder Oslo aufzutreten.

      Dabei vermeidet er es, an Sabrina zu denken, die durch den entsetzlichen Misserfolg ja noch schwerer getroffen sein muss als er selbst.

      Aber noch ehe er seinen Gedanken eine neue Richtung geben kann, pocht es leise an seiner Tür, die sich gleich darauf öffnet. In ihrem Rahmen steht Simone von Bernadette.

      Fürst Wolfhart springt auf.

      »Du?«, fragt er, und seine Stimme klingt rau. »Was – was willst du hier?«

      Die schöne Frau lächelt. Aber es ist ein maskenhaft starres Lächeln, das ihre Lippen umspielt. Ihre Augen glitzern höhnisch.

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