Fürstenkrone 11 – Adelsroman. Viola Larsen
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Die schöne Prinzessin von Bernadette verlässt das Palace Hotel nicht. Jetzt, da ihr Vorhaben gescheitert ist, da sie nicht erreicht hat, Fürst Wolfhart wieder für sich zu gewinnen, kreisen finstere Pläne hinter ihrer glatten Stirn. Aber ihrer beherrschten Miene ist davon nichts anzumerken, als sie nach kurzem Anpochen Sabrinas Appartement betritt. Lächelnd schwebt sie auf die erstarrte Sabrina zu und reicht ihr mit einer Geste überschwänglicher Herzlichkeit beide Hände.
»Mein armes, liebes Kleines!«, flötet sie. »Nehmen Sie sich dieses Londoner Konzert nicht so zu Herzen. Sie sahen zauberhaft aus und haben sehr gut gespielt. Es war unverzeihlich von Wolfhart, Sie nach Paris sofort in London auftreten zu lassen, denn die Engländer sind ganz, ganz anders als die Franzosen, viel kühler, zurückhaltender und distanzierter.«
Unaufgefordert nimmt Prinzessin von Bernadette in einem der tiefen Sessel Platz.
»Wirklich, Wolfhart, ist zu hart mit Ihnen«, sagt sie jetzt, um aber sofort mit einem boshaften Lächeln hinzuzufügen: »Nun ja, niemand kennt ihn besser als ich, die ich immerhin einige Jahre als seine Frau an seiner Seite lebte.«
Sabrina zuckt zusammen, als habe sie einen empfindlichen Schlag erhalten. Fassungslos sind ihre klaren, schönen Augen auf das Antlitz der Prinzessin gewandt!
»Ich – ich verstehe Sie nicht!«, stammelt sie leise und denkt bei sich verzweifelt, wie kann es geschehen, dass ich von dieser Ehe gar nichts weiß, dass weder Tante Tabea noch Wolfhart selbst zu mir jemals davon gesprochen haben?
Simone Prinzessin von Bernadette nickt. »Sie können das ja auch nicht verstehen, Sie armes Kind«, sagt sie, »denn ich bin überzeugt davon, dass Wolfhart über unsere Ehe nie zu Ihnen gesprochen hat. Oh, wir haben uns unendlich geliebt und waren namenlos glücklich. Es war eine herrliche Zeit, die ich auf dem Moorschloss verbrachte. Unser Glück erreichte seinen Gipfel, als unsere Anschi geboren wurde, unser geliebtes Töchterchen. Aber unser Kind verunglückte tödlich durch einen tragischen Unfall, dessen Einzelheiten ich Ihnen ersparen möchte, und durch dieses entsetzliche Geschick fand auch Wolfharts und mein Glück ein jähes Ende.« Sie zuckt die Schultern, lächelt wehmütig und bemerkt abschließend: »Ich bin aber sehr froh, dass ich Wolfhart nun wiedergefunden habe, denn in Wahrheit habe ich ihn nie vergessen können, wie auch er mich nicht vergessen hat.«
Sabrina ist in sich zusammengesunken, und trostlos starrt sie vor sich hin ins Leere. Sie hat noch nicht einmal die Kraft, den Blick zu heben, um die schöne grausame Frau anzusehen.
»Ich hoffe«, sagt sie, noch immer lächelnd, »dass wir gute Freundinnen werden. Ich habe nämlich den Eindruck, dass Wolfhart in Ihnen unsere süße kleine Anschi sieht, die heute nur etliche Jahre jünger wäre, als Sie es sind, mein Kind.«
Sie reicht Sabrina nicht mehr die Hand, sondern schwebt huldvoll und herablassend nickend zur Tür.
Für Sabrina aber ist während des kurzen Besuches der Simone Prinzessin von Bernadette eine ganze Welt eingestürzt.
Wäre nur Fürst Wolfhart bei ihr, sie möchte so gern mit ihm sprechen, aber niemand ist da, um ihr trostreich zur Seite zu stehen.
*
Am anderen Morgen regnet es nicht mehr, und zum ersten Mal seit Tagen lacht über die Weltstadt an der Themse ein fast wolkenloser Himmel.
Rulle, der zusammen mit den übrigen Mitgliedern des Ravenhill-Orchesters in einem kleineren Hotel wohnt, fühlt sich sofort wohler als am vergangenen Abend. Und als er nun in das Frühstückszimmer kommt, kann er feststellen, dass er es nicht allein ist, dessen Stimmung sich etwas gebessert hat. Er findet zwar vorerst nur den Pianisten Tonio Cirone vor, aber dieser ruft ihm sogleich entgegen:
»Nun, Rulle, was sagen Sie dazu? Es geschehen doch noch Zeichen und Wunder auf dieser Welt! Sie werden es nicht für möglich halten, aber wir haben gar keine so schlechten Kritiken, wie wir es gestern Abend doch alle befürchteten. Dieses Londoner Konzert war zwar die bisher größte Blamage unseres Lebens, aber immerhin …«
»Ausgeschlossen!«, behauptet da Rulle. »Es ist ganz ausgeschlossen, dass wir keine schlechten Kritiken haben. Geben Sie her, Menschenskind!« Er reißt dem Pianisten die Zeitung aus der Hand und liest.
Aber mit jeder Zeile, die er überfliegt, werden seine Augen größer und seine Züge heller. Tonio Cirone hat tatsächlich recht – die gefürchteten Kritiken sind gar nicht so schlecht.
»Jetzt bricht der Chef die Tournee sicher nicht ab!«, behauptet Tonio Cirone zuversichtlich. »Er wird London zwar schleunigst verlassen, aber passen Sie auf, Rulle, in Stockholm ist alles wieder in Ordnung.«
Mit diesem rosigen Optimismus soll der Pianist jedoch nicht Recht behalten, denn bereits eine knappe halbe Stunde später erreicht Rulle ein Anruf Fürst Wolfharts, wodurch dieser den getreuen Orchesterdiener bittet, sämtliche Musiker in das Palace Hotel zu bitten.
Kaum eine Stunde später kann Fürst Wolfhart seine Musiker in dem Konferenzzimmer des Palaces Hotel empfangen.
In wenigen sachlichen Worten teilt er seinem Orchester mit, was er beschlossen hat.
»Wir brechen die Tournee in London ab, meine Herren«, erklärt er. »Ich bedaure es, dass unsere Zusammenarbeit auf diese Weise ein überraschendes Ende findet, und selbstverständlich komme ich für den hierdurch für Sie entstehenden finanziellen Schaden auf. Darüber hinaus werde ich persönlich bemüht sein, Ihnen geeignete Engagements über meine Agentur zu vermitteln.«
Betreten und ratlos sehen sich die Musiker an. Irgendwie fühlen sie sich alle an dem Misslingen des vergangenen Abends mitschuldig, und jeder von ihnen möchte dem Chef ein entschuldigendes Wort sagen.
Aber nur Rulle bringt den Mut dazu auf. Langsam hinkt der kleine, gebückte grauhaarige Mann zu Fürst Wolfhart hin.
»Das tut uns allen leid, Chef«, sagt er, »und mir am meisten! Wir alle sind nicht ohne Schuld, aber könnten wir nicht …?«
Flüchtig huscht ein Lächeln über Fürst Wolfharts ernstes Antlitz.
»Schon gut, Rulle«, unterbricht er dann freundlich den Alten. »Machen Sie sich weiter keine Gedanken, meine Herren. Die Sache ist für mich erledigt!« Damit neigt er leicht und grüßend das Haupt und wendet sich rasch ab.
Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in London sucht Fürst Wolfhart Sabrinas Appartement auf.
Totenblässe überzieht Sabrinas zarte Wangen, aber darauf achtet Fürst Wolfhart nicht. Höflich reicht er ihr die Hand, und genauso höflich und korrekt verbeugt er sich vor ihr.
»Willst du nicht Platz nehmen?«, fragt Sabrina. Sie zweifelt keinen Augenblick daran, dass sich diese Aussprache auf das Konzert des vergangenen Abends beziehen wird.
»Du hattest vollkommen recht, Sabrina«, beginnt der Fürst schließlich. »Ich werde das Moor eindämmen.«
Sabrina glaubt, Wolfhart nicht recht verstanden zu haben. »Ich verstehe dich nicht«, sagt sie hilflos.
Wolfhart lächelt flüchtig. »Doch, Sabrina, ich habe mir in der vergangenen Nacht alles ganz genau und reiflich überlegt. Es ist zweifellos eine lohnendere Aufgabe für einen Mann, Land zu schaffen und