Schon wieder einer tot. Irene Wondratsch
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»Na im Supermarkt.« Sie reichte mir das Buch, in dem sie gelesen hatte. »Glück aus dem Supermarkt« stand auf dem Cover. »Da lernen sich ein Mann und eine Frau beim Einkaufen kennen und lieben.«
Ich griff nach meinem Reiseführer und studierte die Seiten unter »Einkaufen«. Einem Scheich würde ich nicht auf den Leim gehen, um unter »ferner liefen« im Harem zu landen, da könnte ich ja gleich bei meinem Mann bleiben. Aber vielleicht ein netter Tourist, ein weltgewandter Geschäftsmann auf Reisen, dessen Koffer nicht mitgekommen war und der sich in der Mall neu einkleiden musste.
Als ich auf die Toilette ging, sah ich meinen Angetrauten. Er war eingeschlafen. Der Mund stand ihm offen, was sein attraktives Aussehen ziemlich beeinträchtigte, und die Brille war von der Nase gerutscht. Ich musste diese teure Brille vor Schaden bewahren, nahm sie vorsichtig ab und verstaute sie in meiner Handtasche.
Bevor er das Flugzeug nach der Landung verließ, begann er ein Lamento über den Verlust seiner Augengläser. Er war ziemlich kurzsichtig und hatte zudem eine Hornhautverkrümmung. Seine Reservebrille war daheim geblieben.
Meine Flitterwochen verbrachte ich solo in Dubai. Ich fand zwar keinen Mann, aber hinreißende Dessous, die ich daheim meinen Freundinnen vorführen konnte.
Als ich die Rückreise antrat und eincheckte, bat mich die Hostess am Schalter, mich bei der Flughafenpolizei zu melden. Dort empfing mich ein liebenswürdiger, ein wenig besorgt aussehender Beamter, der mir in bedauerndem Tonfall eröffnete, dass er eine traurige Nachricht für mich habe.
Ich erfuhr, dass mein Mann bereits am Tag der Ankunft in Dubai beim Überqueren einer Straße überfahren worden war. Der Unfall ereignete sich unmittelbar vor einem Optiker-Geschäft. Ich sei weder im Hotel noch telefonisch erreichbar gewesen.
Ich hatte mir sofort ein anderes Hotel gesucht, um meinem Mann nicht begegnen zu müssen und der Akku meines Handy war leer. Ich hatte mein Aufladegerät daheim vergessen.
»Wissen Sie, mein Mann und ich haben uns im Flugzeug gestritten und sind danach getrennte Wege gegangen.«
»Das tut mir leid.« Er bot mir einen Cognac an und fragte, ob ich psychische Betreuung brauche. Ich schüttelte stumm den Kopf. Er begleitete mich zum Boarding. Ich war so gerührt über diese Fürsorge, dass ich ein bisschen weinen musste.
Ich wurde vor allen anderen Passagieren an Bord gelassen und in die Erste Klasse upgegradet. Die Chefstewardess bemutterte mich bis zur Landung. Sie beriet mich bei der Menüauswahl und fragte, ob ich lieber Melissentee – »sehr beruhigend« – oder ein Glas Champagner haben wolle. Ich entschied mich für letzteres.
Nach der Landung wurde ich einem jungen Mann vom Bodenpersonal übergeben, der mich bis zum Flughafenausgang brachte und mich einem Taxifahrer übergab.
Daheim drückte ich die Gläser aus dem Brillengestell meines Verflossenen und gab sie in den Eiscrusher, den ich anschließend auf der Mülldeponie entsorgte. Aus dem Drahtgestell sollte mir eine Freundin, die Modeschmuck herstellte, einen Armreifen formen.
Dubai Chicken
Zutaten für 4 Portionen:
1 kg Hühnerbrustfilets
150 g Oliven, schwarz
100 g Trockenaprikosen
2 Knoblauchzehen
80 ml Olivenöl
Saft und 1 TL Abrieb einer ungespritzten Zitrone
150 ml Weißwein
1 EL Pul Biber
1 TL Paprikapulver, rosenscharf
1 TL Zimtpulver
1 TL Kardamompulver
1 TL Korianderpulver
1 TL Ingwerpulver
1 TL brauner Zucker
Salz
Pfeffer
nach Belieben ein Spritzer Rosenwasser
Rosenwasser ist in der arabischen Küche eine beliebte Zutat, nicht nur bei Desserts. Pul Biber ist eine Würzmischung aus hauptsächlich grob zerstoßenem getrocknetem Paprika und Salz. Sie müssen also beim Marinieren nicht übermäßig salzen, schmecken Sie lieber nach dem Marinieren noch einmal ab.
Zubereitung:
Hühnerbrustfilets waschen, parieren (von Häuten, Sehnen und Fett befreien) und in 3x3 cm große Stücke schneiden. Die Aprikosen halbieren, Oliven gegebenenfalls entsteinen, den Knoblauch schälen und kleinhacken.
Alle Zutaten außer dem Weißwein in einer Schüssel gut miteinander vermischen und abgedeckt über Nacht im Kühlschrank marinieren lassen.
Am nächsten Tag Backofen auf 180° C vorheizen, alle Zutaten in eine geeignete Auflaufform geben, noch einmal abschmecken und den Weißwein angießen. Ohne Abdeckung etwa 30 Minuten backen. Mit Fladenbrot servieren.
Hojotoho
Herr Havlicek führte ein zufriedenes Leben in seinem Reihenhaus am Stadtrand. Als Witwer war er ein begehrter Mann.
Doch ließ er kein Weib an sich heran, das die Ordnung in seinem Haus durcheinandergebracht hätte. Jahrzehnte hatte es gedauert, bis seine verstorbene Trude endlich das Plaid so über den Lehnstuhl gefaltet hatte wie er, und jetzt sollte er noch einmal von vorne anfangen?
Ein Plausch über den Gartenzaun genügte ihm allemal mit dem beruhigenden Gefühl, sich jederzeit in seine vier Wände zurückziehen zu können, wo er Wagner hörte, ohne dass eine Frau die Augen verdrehte oder dreinquatschte.
Die Leute in der Siedlung waren mit ihm alt geworden und ihre Kinder groß. Eines Tages zog das Ehepaar vom Nachbarhaus in ein Pensionistenheim. Ihre Tochter und deren Mann, beide in den mittleren Jahren, bewohnten es nun. Sie waren kinderlos, was Havlicek sehr begrüßte, hatten aber einen Hund.
Bei seinem Morgenspaziergang begegnete er stets vielen verwitweten Frauen, die ihre Köter an der Leine führten. Erst haben sie ihre Männer unter die Erde gebracht und nun verwöhnen sie ihre vierbeinigen Lieblinge, dachte er. Er war sich sicher, dass sie ihren Verflossenen nie so viel Zuneigung geschenkt hatten.
Ungeniert verrichteten die »Hunderl« mitten auf dem Gehsteig ihr Geschäft.
»Nimm ein Sackerl für mein Gackerl« war in diese Gartenhaussiedlung noch nicht vorgedrungen. Im Gegenteil, die Frauerl betrachteten die Hundstrümmerl ihrer Gefährten mit Genugtuung und dachten nicht im Mindesten daran, sie zu entfernen.
Wie kam er dazu, dass er hochkonzentriert Zickzack-Wege in Kauf nehmen musste und obendrein noch seine feine Nase beleidigt wurde?
Jenny war ein weißer Königspudel, den seine neuen Nachbarn allzu oft allein ließen, wie sein jammervolles Winseln oder wütendes Kläffen bezeugte. Und man weiß ja: Wenn einer anfängt, fallen alle Artgenossen in der Umgebung