Befreite Schöpfung. Leonardo Boff

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Befreite Schöpfung - Leonardo Boff

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Sprungfeder, die bereit ist, das gesamte grünende Potenzial der Erde freizusetzen“ (Douglas-Klotz 1990, 20). Sowohl Dharma als auch Malkuta bringen dies auf unterschiedliche Art auf den Begriff, doch für die Absicht dieses Buches können wir sie in dem Sinne auffassen, dass sie auf dieselbe Wirklichkeit verweisen wie das Tao – eine Realität, die sich letztlich einer prägnanten und kurzen Beschreibung entzieht, sondern nur auf einer tieferen Ebene intuitiv erfasst werden kann.

      Das chinesische Zeichen für das Tao vereint die Begriffe für Weisheit und für das Gehen miteinander und beschwört so das Bild eines Prozesses herauf, der Weisheit in das Handeln, oder mit anderen Worten in eine Form von Praxis umsetzt. Im „Tao der Befreiung“ suchen wir nach dieser Art von „voranschreitender Weisheit“, wie sie dem Gefüge des Kosmos selbst innerlich ist.

      Auf der Suche nach dieser Weisheit ziehen wir Einsichten und Erkenntnisse aus so unterschiedlichen Gebieten wie Wirtschafswissenschaften, Psychologie, Kosmologie, Ökologie und Spiritualität heran. In gewissem Sinne bleibt es dennoch unmöglich, die Gestalt des Tao der Befreiung vollständig zu entwerfen. Das Tao ist eine Kunst, keine exakte Wissenschaft. In einem sehr realen Sinne ist das Tao ein Geheimnis. Wir können Wegweiser anbieten, doch wir können keine detaillierte Landkarte zeichnen.

      Wir suchen nach Weisheit in der Hoffnung, Einsichten zu finden, welche die Menschheit in die Lage versetzen, Wahrnehmungen, Vorstellungen, Gewohnheiten und Systeme hinter sich zu lassen, welche Ungerechtigkeit und die Zerstörung der Fähigkeit unseres Planeten, auf Dauer Leben zu beherbergen, fortschreiben. Wir hoffen dabei neue Lebensweisen zu finden, die es möglich machen, die Bedürfnisse aller Menschen mit den Bedürfnissen und dem Wohlbefinden der umfassenderen planetarischen Gemeinschaft und auch des Kosmos selbst in Einklang zu bringen.

      Wir benutzen das Wort Befreiung für diesen Prozess der Veränderung. Bis jetzt wurde dieser Begriff entweder im personalen Sinne der spirituellen Verwirklichung oder im kollektiven Sinne für ein Volk benutzt, das sich aus unterdrückerischen politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Strukturen befreit. Bei unserer Verwendung dieses Begriffs sind beide Dimensionen mit einbezogen, aber gleichzeitig in einen weiteren ökologischen, ja sogar kosmologischen Kontext gestellt. Für uns ist Befreiung der Prozess in Richtung einer Welt, in der alle Menschen in Würde und in Harmonie mit der umfassenderen Gemeinschaft der Daseinsformen leben können, die Gaia, die lebendige Erde, bilden. Befreiung meint von daher, den schrecklichen Schaden wiedergutzumachen, den wir einander und der Erde zugefügt haben. Auf einer tieferen Ebene erkennt Befreiung die Fähigkeit der Menschen als schöpferische, das Leben fördernde Beteiligte an der weitergehenden Entwicklung Gaias.

      Wir können Befreiung sogar innerhalb einer kosmischen Perspektive als den Prozess auffassen, im Verlauf dessen das Universum sein Potenzial zu verwirklichen versucht, indem es nach einem je höheren Grad an Ausdifferenzierung, Verinnerlichung (Interiorisation oder Selbstorganisation) und Gemeinschaft strebt. Innerhalb eines solchen Kontextes werden Menschen und Gesellschaften in dem Maße befreit, in dem sie:

       – vielfältiger und komplexer werden und die Unterschiede wahrhaftig respektieren und freudig begrüßen;

       – den Aspekt der Innerlichkeit und des Bewusstseins vertiefen, indem sie kreative Prozesse der Selbstorganisation stärken und

       – die Bande der Gemeinschaft und der Verwiesenheit aufeinander stärken, einschließlich ihrer Verbundenheit mit der umfassenderen planetarischen Gemeinschaft des Lebens.

      Dieses Buch setzt mit der Frage ein: Wie geschieht Veränderung? Oder vielleicht etwas genauer: Warum ist es so schwierig, die Veränderungen auf den Weg zu bringen, die wir so dringend brauchen, um Gaia, die lebendige Gemeinschaft der Erde, deren Teil wir sind, zu retten? Ein wesentlicher Beitrag dieses Buches mag im Kontext bestehen, in den diese Frage eingeordnet wird. Hoffentlich kann unser Text als ein Ausgangspunkt für andere dienen, die nach neuen, schöpferischen Zugängen zu befreiender Veränderung suchen.

      Mark Hathaway hat in den letzten zwanzig Jahren in der Erwachsenenbildung gearbeitet und sich dabei für die Themen Gerechtigkeit und Ökologie engagiert. Acht Jahre davon waren der Arbeit als Volkserzieher und Pastoralreferent in einer armen Nachbarschaftsgemeinschaft in Chiclayo, einer Stadt an der Nordküste Perus, gewidmet. Im Lauf der Jahre hat er Mathematik, Physik, Theologie, Schöpfungsspiritualität und Erwachsenenbildung studiert und in katholischen, ökumenischen und interreligiösen Initiativen für Gerechtigkeit und Ökologie gearbeitet. Zurzeit lebt er in Kanada, seinem Heimatland, wo er als Koordinator des Südamerika-Programms der Vereinigten Kirche Kanadas und als freischaffender „Ökologe“ arbeitet, der über die Zusammenhänge zwischen Ökologie, Wirtschaft, Kosmologie und Spiritualität forscht und schreibt.

      Das ursprüngliche Herzstück dieses Buches bildete eine Abhandlung, die Mark für die Erlangung seines Magistertitels aus Erwachsenenbildung schrieb. Sie trug den Titel: „Verändernde Erziehung“. Während Leonardos Besuch in Toronto im Jahr 1996 bot sich für die beiden die Gelegenheit zur persönlichen Begegnung. Nachdem Leonardo die Abhandlung gelesen hatte, schlug er vor, in Zusammenarbeit ein Buch zu verfassen, das auch die lateinamerikanischen Perspektiven mit einbeziehe. Das vorliegende Buch ist das Ergebnis dieser gemeinsamen Anstrengung.

      Zwei zentrale Bezugspunkte des Textes sind die vorrangige Option für die Armen und die vorrangige Option für die Erde. Wir betrachten diese beiden Optionen als grundlegend miteinander verknüpft: Dieselben Kräfte und Ideologien, die die Armen ausbeuten und ausgrenzen, zerstören auch die gesamte Lebensgemeinschaft auf der Erde. In diesem Buch gehen wir den Beziehungen zwischen den verschiedenen Faktoren nach, die eine echte Veränderung behindern. Gleichzeitig bemühen wir uns um ein besseres Verständnis dessen, wie sich Veränderung in der Welt auf natürliche Weise vollzieht. Zusammengenommen können diese Einsichten als Leitfaden für diejenigen dienen, die um lebenfördernde Veränderungen kämpfen.

      Wir haben uns von einem breiten Spektrum von Perspektiven und Einsichten inspirieren lassen. Diese stammen von vielen unterschiedlichen Personen und spirituellen Traditionen, und wir empfinden all denen gegenüber große Dankbarkeit, die ihre Weisheit mit uns geteilt haben. Wir hoffen, dass diese Fäden im Verlauf des Schreibens zu einem Wandteppich zusammengeknüpft werden, der klar und voller lebendiger Farben zugleich ist. In vieler Hinsicht stellt dieses Unterfangen eine Herausforderung dar. Wir haben uns eher für die Weite der Vision und nicht so sehr für eine engere und gründlichere Analyse der einzelnen Teile entschieden. Damit hoffen wir, den Lesern Dimensionen zu erschließen, die sie selber tiefer erkunden können.

      Die Art und Weise, wie der Text zustande kam, möchten wir mit dem Bild der Spirale zum Ausdruck bringen. Zeitweise wird es ohne Zweifel so scheinen, als ob dieselben Themen wieder aufgegriffen würden, doch von einer anderen Perspektive aus. Wenn wir dem Weg der Spirale tiefer folgen, werden es uns diese unterschiedlichen Perspektiven ermöglichen, das Ganze zu erfassen, das größer ist als die Summe seiner Teile, das gewebte Bild, das sich nur zeigt, wenn wir einen Schritt zurücktreten und von einer Analyse einzelner Fäden aus der Nähe Abstand nehmen. Wir hoffen, dass sie dabei das Strömen und die Textur des Tao der Befreiung auf einer tiefen Ebene der Intuition erspüren werden, wo seine geheimnisvolle Weisheit ihr Handeln im Kampf für die Erneuerung der Welt leiten möge.

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