Messerwetzen im Team Shakespeare. Ulrich Land

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Messerwetzen im Team Shakespeare - Ulrich Land Mord und Nachschlag

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Rechten des Vaters, in nomine Patris et Filii und so weiter. Weidet sich an Mariens sakrosanktem Busen und greift ihr, die allgemeine Verwirrung nutzend, flink mal unters jungfräuliche Mieder.«

      »Donnerkeil! Katholikin, wie? Und dullendicke, was?« Allemal Anlass genug, dass einem der Kragen platzte, befand der Constable, verlegte sich dann aber doch lieber aufs Lachen. »Betagte Maid in einem respektablen Gasthaus: granatenvoll und stockkatholisch! Das nenn ich eine fidele Geschicht. Aber so erzähl sie ruhig in Ruhe weiter, niet- und nagelfestnehmen kann ich Euch gleich ja immer noch.«

      »Marlowe, so viel ist sicher«, ließ die Gute sich nicht beirren, warf Kyd einen griemelnden Blick zu, als habe sie …

      … weiß der liebe Himmel, woher sie die Chuzpe nahm, welche steife Brise sie sich in die Segel pusten ließ …

      … als habe sie Grund zur untrüglichen Gewissheit, den Mittdreißiger-Schönling auf ihrer Seite zu haben, und salbaderte weiter ohne Punkt und Komma: »Marlowe muss ein Mann des Sakraments gewesen sein. Denn wem wird schon die heilige Ehre zuteil, mit Leib und Seel, mit Haut und Haar aufzufahren? Egal ob’s regnet.«

      Highway to heaven.

      »Leise jetzt!«, zischte Witwe Bull, »Ihr schwadroniert Euch ja um Kopf und Kragen.«

      »So schweigt nun, denn gesprochnes Wort gefährdet den Zauber!«, kam Helen wieder mit einem Marlowe-Wort rüber.

      Aber der Constable schien auf den Geschmack gekommen zu sein. »Wer weiß, ob’s in Wahrheit nicht der Wahrheitsfindung dient. – Lasst Euch nicht vom munter gradeheraus Reden abbringen, gute beste Frau, sprecht nur weiter. Weiter so!«

      Worauf er nicht lange warten musste. »Ein Heiliger, der blutjunge, blutrote Mann. In Nomine Domini. Da hat, da muss der Deibel persönlich die Finger im Spiel gehabt haben. Mutter Gottes, erhöre mein Gebet, Vater unser, der du … Nicht dass der Satansbraten von einem Beelzebub noch hier ist, unter uns weilt, in irgendeinem Winkel hockt und grient! Mutter Gottes, bewahre mich. Und führe mich nicht in Versuchung, ich meine, den Marlowe oben, dass du den man nicht in Versuchung führst. Und mich auch nicht, ich bin noch nicht fertig mit meinem irdischen Dasein, will noch ’n bisschen Buße tun hienieden.«

      Die Witwe wischte sich den in ausufernden Pfützen auf der Stirn stehenden Schweiß in den Ärmel, nahm den Ordnungshüter zur Seite und wisperte ihm beschwörend ins Ohr: »Constable, hört drüber weg! Küchenmamsell bei den Jesuiten in Reims, glaub ich, bis man sie rausgeschmissen hat, und exkommuniziert, weil sie selbst in fortgeschrittenem Alter noch die Patres reihenweise dazu gebracht hat, mit Luthers Aufhebung des Zölibats zu liebäugeln. Wahrscheinlich hat Marlowe sie da aufgegabelt. Behauptet die Alte jedenfalls immer, wenn sie zu tief und zu lang in ihren Brandy geschielt hat. Christopher Marlowe soll ja im Auftrag seiner Majestät die Jesuiten dort ausspioniert haben. Ich weiß es nicht. Jedenfalls ist die Alte jetzt in unserm schönen, protestantischen England. Und hier in Deptford, wie Ihr nur zu gut wisst, strandet ja so einiges an abgehalfterten Kummergestalten vom Kontinent. Ihr dürft ihr ihre versoffenen Redensarten nicht übel nehmen.«

      »Was ich dürfen darf und was nicht, ist allein meine alleinige Sache. Und Sache unserer Elisabetha Regina, versteht sich. – My Virgin virgin Queen! – Aber eigentlich, ich mein’, recht eigentlich war ich doch in andrer Sache hier.«

      »Weil mein Christophorus das Bett besudelt hat nämlich. Mit unserm Bier und seinem Blut.« Die alte Housemaid war trotz Trunkenturbelschädel nach wie vor einigermaßen bei Sinnen.

      Muss man neidlos anerkennen. Offenbar konnte sie, wie gesagt, so einiges vertragen. Übung macht die Meisterin. Wer wüsste das besser als Sie! – Ja, nein, so war das nicht gemeint. Sakrale Übungen, mein’ ich, fromme Exerzitien haben Sie zum Meister der Gottgläubigkeit gemacht. Was sonst würde Sie berechtigen, als Geschworene des Jüngsten Gerichts – ja gut, dann eben als Beisitzer unserm Herrn zur Seite zu stehen. Das wollte ich sagen. Und nichts als das.

      »Belfer nicht rum!«, krähte die Witwe Richtung Housemaid und wandte sich dann, weiterhin bemüht, kleine Brötchen zu backen, an den Freund und Helfer mit den nassen Füßen: »Es geht um keinen geringeren als besagten Marlowe, weil der nämlich auf diesem Bett …«

      »Sag ich doch«, trotzte die Zimmerfrau.

      »Also: Wo ist der Mann? Man führe ihn herbei!«, beschied, sich in seiner Amtsgewalt sonnend, der muskulöse Arm des Gesetzes. »Sofort und augenblicks.«

      »Sag ich doch.«

      »… weil der nämlich auf diesem Bett…«, warfen sich die alte Bull und ihr noch älteres Zimmermädchen jetzt in bemerkenswerter Einhelligkeit die Bälle zu.

      »Eben. Bier- und Blutbad. Und den Herold des Bösen hab ich noch gesehn. Den Schnitter, wie er seine Sense abwischt und davonstiebt in die Regen der Nacht. Und seine schwarzen Kumpanen am langen Bändel hinterher.«

      »Und hat dieser schneidige Schnitter auch einen Namen?«, darauf der Constable.

      »Wird wohl, muss wohl«, orakelte die Elder Maid, »weiß ich nicht, mein Schnaps kam viel zu spät.«

      Und jetzt presste sich die Bull’sche denn doch zwei Krokodilstränen ab und schluchzte was von wegen Marlowes Ableben in ihrem, »jawohl, in meinem« Gasthaus. Dass der große Dichter, ach was sage sie, der größte Dichter aller Zeiten in diesem Bett just dort oben seinen letzten Odem ausgehaucht habe, müsse man sich mal vorstellen, also das sei doch wahrhaftig eine große, eine außerordentliche Ehre.

      Worauf ihre Bedienstete nicht ganz ohne makabren Eifer anfügte: »Erstochen mit seinem eigenen Dolch, der durch sein Auge bis ins Gehirn gedrungen ist. Geführt aber nicht von seiner Hand selbst, sondern … Wenn bloß nicht dieser verfluchte Bierfleck und das ganze Blutzeugs …«

      »Jung an Jahren«, nahm Helen den Faden auf und versuchte, den Gesprächsverlauf wieder in zivilisierte Bahnen zu lenken, »blutjung und bildschön. Dramen in Verse gegossen von ewiger Schönheit und Wahrheit.«

      Dahin, dahin.

      Und die Housemaid schlug fahrig ein Kreuz in die Luft. »Rauf ins Reich Gottes, sag ich doch, und sitzet zur Rechten …«

      »Meinetwegen«, unterbrach sie der Constable rüde, als fürchte er, dass sich ein ausladendes ›Ora pro nobis‹ anschließen könnte. »Aber wo indes ist die bleiche Leiche?»

      »Sag ich doch«, antwortete die Maid so schnell, dass ihrer Chefin nur ein »Wenn wir das wüssten« blieb.

      Das war der Moment, wo der Constable den Rücken durchdrückte und eingedenk des Gewichtes seines Amtes zwar, aber unverhohlen begeistert verkündete: »Womit denn der Kasus glücklich abgeschlossen wäre. Ohne Leiche keine Mordtat. – Und jetzt mein Frühstück, wenn ich bittschön bitten darf. Ich nehm ordentlich saure Buttermilch zum Porridge.«

      8

      Es mochten ein paar Tage ins Land gegangen sein. Weißer Tüll hatte sich in den steinalt knorrigen Wacholderbüschen verfangen und legte nasse Schals um die hochgeschossenen Grasbüschel. Alle Ungereimtheiten tauchten unter. Die weiße Gnade der schottischen Nebel. Die sich nachts in bleierne Trauer verwandelt.

      Ich sagte ja bereits, dass manches von dem, was ich über Marlowes turbulente Geschichte weiß, auf nichts als nachträglicher Rekonstruktion, in alle möglichen und unmöglichen Himmelsrichtungen ausgreifender Recherche, bienenfleißigem Sammeln von wagen Hinweisen beruht, wenn nicht auf reinen Mutmaßungen. Je waghalsiger, desto weiter ich vom

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