Die Tugend des Egoismus. Ayn Rand

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Die Tugend des Egoismus - Ayn Rand

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Verpflichtung“) – und es geht nur um wessen Laune? Die eigene oder die der Gesellschaft oder die des Diktators oder die Gottes?“ Worüber auch sonst sie sich uneinig sein mögen, die heutigen Moralphilosophen sind sich einig, dass Ethik ein subjektives Thema ist und dass die drei daraus ausgeschlossenen Sachen Vernunft, Verstand und Realität sind.

      Wenn Sie sich wundern, warum die Welt heute immer mehr zur Hölle wird, so ist dies der Grund.

      Wenn Sie die Zivilisation retten wollen, dann müssen Sie diese Prämisse der modernen – aber eigentlich urzeitlichen – Ethik bekämpfen.

      Um die Grundprämisse einer Disziplin zu bekämpfen, muss man am Anfang beginnen. In der Ethik muss man mit der Frage beginnen: Was sind Werte? Und warum braucht der Mensch Werte?

      Ein „Wert“ ist das, was man erlangen und/oder bewahren will. Der Begriff „Wert“ ist kein Grundsatz; er setzt eine Antwort auf die Frage „von Wert für wen und wofür?“ voraus. Er setzt eine Entität voraus, die in der Lage ist, ein Ziel angesichts einer Alternative zu erlangen. Wo es keine Alternative gibt, sind keine Ziele und Werte möglich.

      Ich zitiere aus Galts Rede:

      „Es gibt nur eine fundamentale Alternative im Universum: Sein oder Nichtsein – und sie gilt nur für eine einzige Art von Entitäten: Für lebende Organismen. Die Existenz von unbelebter Materie ist unbedingt, die Existenz von Leben ist es nicht; es hängt ab von einer bestimmten Handlungsweise. Materie ist unzerstörbar – ihre Form ändert sich, doch sie kann nicht aufhören zu existieren. Nur ein lebendiger Organismus sieht sich einer ständigen Alternative gegenüber: Leben oder Tod. Leben ist ein Prozess selbsterhaltenden und selbsterzeugten Handelns. Wenn ein Organismus dabei versagt, stirbt er; seine chemischen Bestandteile bleiben, doch das Leben hört auf zu existieren. Erst der Begriff ‚Leben‘ macht den Begriff ‚Wert‘ möglich. Nur für ein Lebewesen kann etwas gut oder böse sein.“

      Um diesen Punkt völlig klar zu machen, versuchen Sie sich einen unsterblichen, unzerstörbaren Roboter vorzustellen, eine Entität, die sich bewegt und handelt, aber durch nichts beeinflusst wird, durch nichts verändert, nicht beschädigt, verletzt oder zerstört werden kann. Solch eine Entität könnte keine Werte haben; sie hätte nichts zu gewinnen oder zu verlieren; sie könnte nichts als für sich oder gegen sich ansehen, um ihr Wohlergehen zu fördern oder zu bedrohen, um ihre Interessen zu erfüllen oder zu verfehlen. Sie könnte keine Interessen oder Ziele haben.

      Nur eine lebende Entität kann Ziele haben oder sie hervorbringen. Und nur ein lebender Organismus hat die Fähigkeit zu selbsterzeugter, zielgerichteter Handlung. Auf der physischen Stufe werden die Funktionen aller lebenden Organismen, von der simpelsten bis zur komplexesten – von der Energieversorgung in der einzelnen Zelle einer Amöbe bis zur Blutzirkulation im Körper des Menschen – vom Organismus selbst erzeugt und richten sich auf ein einziges Ziel: Die Aufrechterhaltung des eigenen Lebens.2

      Das Leben eines Organismus hängt von zwei Faktoren ab: Dem Material oder Brennstoff, den es von außen, aus seiner körperlichen Umgebung benötigt, und von der Handlung seines eigenen Körpers, diesen Brennstoff richtig zu nutzen. Welcher Maßstab bestimmt, was in diesem Zusammenhang richtig ist? Der Maßstab ist das Leben des Organismus oder: Das, was der Organismus zum Überleben braucht.

      In diesem Bereich gibt es für einen Organismus keine Wahlmöglichkeit: Das, was der Organismus zum Überleben braucht, wird definiert durch seine Natur, durch die Art von Entität, die er ist. Viele Variationen, viele Formen der Anpassung an seine Umgebung sind einem Organismus möglich, einschließlich der Möglichkeit, für eine Weile in einem verkrüppelten, behinderten oder kranken Zustand zu existieren. Doch die grundsätzliche Alternative seiner Existenz bleibt dieselbe: Wenn ein Organismus in den von seiner Natur geforderten Grundfunktionen scheitert – wenn das Protoplasma einer Amöbe aufhört, Nahrung zu assimilieren oder das Herz eines Menschen aufhört zu schlagen – stirbt der Organismus. In einem fundamentalen Sinn ist Stillstand die Antithese des Lebens. Leben kann nur durch einen fortwährenden Prozess selbsterhaltender Handlung existieren. Das Ziel dieser Handlung, der ultimative Wert, der, um bewahrt zu werden, in jedem Moment erlangt werden muss, ist das Leben des Organismus.

      Ein ultimativer Wert ist jenes endgültige Ziel oder jener endgültige Zweck, zu welchem alle anderen Ziele die Mittel sind – und er bestimmt den Maßstab, nach dem alle untergeordneten Ziele bewertet werden. Das Leben eines Organismus ist sein Wertmaßstab: Was sein Leben fördert, ist das Gute, was es bedroht, ist das Böse.

      Ohne ultimatives Ziel oder ultimativen Zweck kann es keine untergeordneten Ziele oder Zwecke geben: Eine Abfolge von Mitteln, die in unendlicher Folge einem nichtexistenten Zweck entgegenstreben, ist eine metaphysische und erkenntnistheoretische Unmöglichkeit. Nur ein ultimatives Ziel, ein Selbstzweck, macht die Existenz von Werten möglich. Metaphysisch gesehen ist Leben das einzige Phänomen, das ein Selbstzweck ist: Ein durch ein konstantes Vorgehen erlangter und bewahrter Wert. Erkenntnistheoretisch gesehen ist der Begriff „Wert“ abhängig und abgeleitet vom vorhergehenden Begriff „Leben“. „Werte“ und „Leben“ unabhängig voneinander zu diskutieren, ist schlimmer als ein Widerspruch in sich. „Erst der Begriff ‚Leben‘ macht den Begriff ‚Wert‘ möglich.“

      Den Philosophen, die behaupten, dass zwischen ultimativen Werten oder Zwecken und den Tatsachen der Realität keine Beziehung hergestellt werden könne, möchte ich antworten, dass die Tatsache, dass lebendige Entitäten existieren und funktionieren, die Existenz von Werten und eines ultimativen Wertes bedingt, welcher für jede lebendige Entität das eigene Leben ist. Auf diese Weise wird die Gültigkeit von Werturteilen durch Bezugnahme auf die Tatsachen der Realität erreicht. Die Tatsache, dass eine lebendige Entität ist, bestimmt, was sie tun sollte. So viel zur Beziehung zwischen dem „Sein“ und dem „Sollen“.

      Auf welche Weise entdeckt nun ein Mensch den Begriff „Wert“? Durch welche Mittel wird er sich der Frage „gut oder böse“ in seiner simpelsten Form überhaupt erst bewusst? Mittels der körperlichen Empfindungen von Freude oder Leid. Genau wie Empfindungen der erste Entwicklungsschritt eines menschlichen Bewusstseins im Reich der Erkenntnis sind, so sind sie der erste Schritt im Reich der Bewertung.

      Die Fähigkeit, Freude oder Leid zu empfinden, ist dem menschlichen Körper angeboren; sie ist Teil seiner Natur, Teil der Art von Entität, die er ist. Er kann darüber nicht entscheiden und er hat keine Wahl über den Maßstab, der bestimmt, was ihm Freude oder Leid verursacht. Was ist sein Maßstab? Sein Leben.

      Der Freude-Leid-Mechanismus im menschlichen Körper – und in den Körpern aller lebenden Organismen, die ein Bewusstsein besitzen – dient als automatischer Wächter des Lebens. Das physische Gefühl der Freude ist ein Signal, das anzeigt, dass der Organismus die richtige Vorgehensweise anwendet. Die physische Empfindung des Leids ist ein Warnsignal, das anzeigt, dass der Organismus die falsche Vorgehensweise anwendet, dass etwas die ordentliche Funktion seines Körpers beeinträchtigt, und es einer Handlung bedarf, um dies zu korrigieren. Das beste Beispiel dafür sind die seltenen außergewöhnlichen Fälle, bei denen Kinder ohne die Fähigkeit geboren werden, physischen Schmerz zu empfinden; solche Kinder überleben nicht lange; sie können nicht erkennen, was ihnen Schaden zufügen kann, und haben keinerlei Warnsignale. Daher kann ein kleiner Schnitt sich zu einer tödlichen Infektion entwickeln, oder eine Krankheit kann unentdeckt bleiben, bis es zu spät ist, sie zu bekämpfen.

      Für die lebenden Organismen, die über Bewusstsein verfügen, ist dieses ihre Überlebensgrundlage.

      Einfachere Organismen wie Pflanzen können mittels ihrer automatischen körperlichen Funktionen überleben. Die höheren Organismen wie Tiere und Menschen können es nicht: Ihre

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