Die Tugend des Egoismus. Ayn Rand

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Die Tugend des Egoismus - Ayn Rand

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Laufbahn in einer rationalen Unternehmung, groß oder bescheiden, auf jeder Stufe der Leistungsfähigkeit. Nicht der Grad der Fähigkeit oder der Umfang der Arbeit sind hier ethisch relevant, sondern die vollste und zweckmäßigste Ausübung des eigenen Verstandes.

      Die Tugend des Stolzes ist die Anerkennung der Tatsache, dass „der Mensch die charakterlichen Werte, die sein Leben erhaltenswert machen, ebenso schaffen muss wie die physischen Werte, die er zum Erhalt seines Lebens benötigt; dass der Mensch seine Seele ebenso wie seinen Reichtum aus eigener Kraft erschaffen muss“ („Der Streik“). Die Tugend des Stolzes kann am besten mit dem Begriff „moralischer Ehrgeiz“ beschrieben werden. Sie bedeutet, dass man sich das Recht verdienen muss, sich selbst durch Erreichen der eigenen moralischen Vollkommenheit als höchsten Wert anzusehen – was man dadurch erreicht, dass man nie einen Kodex irrationaler Werte annimmt, der unmöglich zu praktizieren ist und man es niemals unterlassen darf, die Werte zu praktizieren, die man als rational erkannt hat; dass man niemals eine unverdiente Schuld annehmen oder eine verdienen sollte, oder, wenn man sie verdient hat, sie niemals unberichtigt lässt; dass man sich nie passiv seinen Charakterfehlern hingibt; dass man niemals eine Sache, einen Wunsch, eine Angst oder eine augenblickliche Laune über die Wirklichkeit der eigenen Selbstachtung stellt. Und vor allem bedeutet sie die Zurückweisung der Rolle eines Opfertieres, die Zurückweisung jeder Lehre, die Selbstopferung als moralische Tugend oder Pflicht predigt.

      Das gesellschaftliche Grundprinzip der objektivistischen Ethik lautet, dass, so wie das Leben ein Selbstzweck ist, jeder lebende Mensch ein Selbstzweck und nicht das Mittel für die Zwecke oder das Wohlergehen anderer ist. Es bedeutet somit, dass der Mensch um seiner selbst willen leben muss und weder sich selbst für andere noch andere für sich opfert. Um seiner selbst willen leben bedeutet, dass das eigene Glück der höchste moralische Zweck des Menschen ist.

      In psychologischer Hinsicht wird das Bewusstsein mit der Frage des Überlebens nicht in Form von „Leben oder Tod“ konfrontiert, sondern in Form von „Freude oder Leid“. Freude ist der Zustand erfolgreichen Lebens. Leid ist das Warnsignal des Scheiterns und des Todes. So wie der Freude-Schmerz-Mechanismus des Körpers ein automatischer Indikator des Wohles oder des Schmerzes ist, ein Barometer der grundlegenden Alternative von Leben oder Tod, so ist der emotionale Mechanismus des Bewusstseins darauf geeicht, dieselbe Funktion auszuführen – wie ein Barometer, das die gleiche Alternative mittels zweier Gefühle registriert: Freude oder Leid. Gefühle sind die automatischen Resultate der vom Unterbewusstsein integrierten Werturteile des Menschen; Gefühle sind Einschätzungen dessen, was die Werte des Menschen fördert oder bedroht, was für oder gegen ihn ist – Blitzrechner, die ihm die Summe seines Gewinns oder Verlustes ausgeben.

      Doch während der auf dem physischen Freude-Schmerz-Mechanismus operierende Wertmaßstab des Menschen automatisch und angeboren und durch die Natur seines Körpers bestimmt ist, ist es der den emotionalen Mechanismus leitende Wertmaßstab nicht. Da der Mensch kein automatisches Wissen besitzt, kann er keine automatischen Werte haben; da er keine angeborenen Ideen hat, kann er keine angeborenen Werturteile haben.

      Der Mensch wird sowohl mit einem emotionalen als auch mit einem kognitiven Mechanismus geboren; doch sind beide bei Geburt „Tabula rasa“. Das Erkenntnisvermögen des Menschen, sein Geist, bestimmt den Inhalt beider. Der emotionale Mechanismus des Menschen ist wie ein Computer, den der Verstand programmieren muss – und das Programm besteht aus den Werten, die sein Geist wählt.

      Aber da die Arbeit des Geistes nicht automatisch ist, sind die Werte des Menschen – wie all seine Prämissen – entweder das Produkt seines Denkens oder seiner Unterlassung: Der Mensch wählt seine Werte durch einen bewussten Denkprozess – oder akzeptiert sie durch dessen Unterlassung, durch unterbewusste Assoziationen, durch Glaube, durch jemandes Autorität, durch eine Form gesellschaftlicher Osmose oder blinder Imitation. Die Gefühle eines Menschen werden durch seine Prämissen produziert, seien sie nun bewusst oder unterbewusst, explizit oder implizit.

      Die Fähigkeit, zu fühlen, dass etwas gut oder böse für ihn ist, unterliegt nicht der Entscheidungsfreiheit des Menschen – doch was er für gut oder böse halten wird, was ihm Freude oder Schmerz geben wird, was er lieben oder hassen, begehren oder fürchten wird, hängt von seinem Wertmaßstab ab. Wenn er irrationale Werte wählt, verwandelt er seinen emotionalen Mechanismus von seinem Beschützer zu seinem Zerstörer. Das Irrationale ist das Unmögliche; es widerspricht den Tatsachen der Realität; Tatsachen können nicht durch einen Wunsch verändert werden, doch sie können den Wünschenden zerstören. Wenn ein Mensch Widersprüche wünscht und verfolgt – wenn er seinen Kuchen behalten und ihn gleichzeitig essen will – löst er sein Bewusstsein auf; er verwandelt sein Innenleben zu einem Bürgerkrieg blinder Mächte, die in dunklen, unzusammenhängenden, sinnlosen Konflikten verstrickt sind (was heute bezeichnenderweise der innere Zustand der meisten Menschen ist).

      Glück ist der Bewusstseinszustand, der aus der Erlangung der eigenen Werte folgt. Wenn ein Mensch produktive Arbeit wertschätzt, ist sein Glück der Maßstab seines Erfolges im Dienste seines Lebens. Aber wenn ein Mensch Zerstörung wertschätzt, wie ein Sadist, oder Selbstzerstörung, wie ein Masochist, oder Leben jenseits des Grabes, wie ein Mystiker, oder sinnlose „Kicks“, wie der Fahrer eines Rennwagens, so ist sein angebliches Glück der Maßstab seines Erfolges im Dienste der eigenen Zerstörung. Ergänzend muss hier gesagt werden, dass man den emotionalen Zustand all dieser Irrationalisten nicht wirklich als Glück oder Freude ansehen kann: Es ist bloß ein Moment der Erleichterung von ihrem chronischen Angstzustand.

      Weder Leben noch Glück können durch das Streben nach irrationalen Launen erlangt werden. Genau wie es dem Menschen freigestellt ist, durch zufällige Mittel überleben zu wollen, sei es als Schmarotzer, als Schnorrer oder als Räuber, es ihm aber nicht freigestellt ist, damit über die Dauer des Augenblickes Erfolg zu haben, genauso ist es ihm freigestellt, sein Glück in irrationalen Betrügereien, in Launen, Trugschlüssen oder hirnlosen Ausflüchten vor der Wirklichkeit zu suchen, aber nicht freigestellt, damit über die Dauer des Augenblickes hinaus Erfolg zu haben oder den Konsequenzen zu entkommen. Ich zitiere aus Galts Rede: „Glück ist widerspruchsfreie Freude; Freude ohne Schuld und Reue; Freude, die nicht unvereinbar ist mit euren Werten und die nicht eurer Zerstörung dient… Glück ist nur möglich für einen rationalen Menschen, einen Menschen, der nur rationale Ziele erstrebt, nur rationale Werte sucht und seine Freude nur in rationalem Handeln findet.“

      Die Aufrechterhaltung des Lebens und das Streben nach Glück sind nicht zwei separate Bereiche. Das eigene Leben als höchsten Wert und das eigene Glück als höchsten Zweck anzusehen, sind zwei Aspekte der gleichen Leistung. Existenziell gesehen ist das Streben nach rationalen Zielen die Aufrechterhaltung des eigenen Lebens; psychologisch gesehen ist das Resultat, die Belohnung und seine Begleiterscheinung ein Zustand des Glücks. Durch das Empfinden von Glück lebt man sein Leben, in jeder Stunde, jedem Jahr, der gesamten Lebensspanne. Und wenn man den Zustand des reinen Glücks erfährt, der ein Selbstzweck ist – der Zustand, der einen denken lässt: „Dafür lohnt es sich zu leben“ – dann begrüßt und bejaht man emotional die metaphysische Tatsache, dass das Leben ein Selbstzweck ist.

      Aber die Beziehung von Ursache und Wirkung kann nicht umgekehrt werden. Nur wenn man „menschliches Leben“ als Grundsatz vertritt und nach den rationalen Werten strebt, die dafür nötig sind, kann man Glück erreichen – nicht wenn man „Glück“ als undefinierten, unreduzierbaren Grundsatz vertritt und dann versucht, nach dessen Führung zu leben. Wenn du das erreichst, was nach einem rationalen Wertmaßstab gut ist, wird es dich zwangsläufig glücklich machen; aber das, was dich nach einem undefinierten emotionalen Maßstab glücklich macht, ist nicht zwangsläufig das Gute. Wenn man „das, was dich glücklich macht“ als Handlungsanleitung hat, bedeutet das, nur durch die eigenen emotionalen Launen geleitet zu werden. Gefühle sind keine Werkzeuge der Wahrnehmung; von Launen geleitet zu werden – von Wünschen, deren Ursprung, Wesen und Bedeutung man nicht kennt – bedeutet, sich zu einem blinden Roboter zu machen, der von unerkennbaren Dämonen

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