Reisch un berümp!. Reiner Hänsch

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Reisch un berümp! - Reiner Hänsch

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Sabine ist ebenfalls sehr gespannt auf meine Antwort, sagt erst mal gar nichts und zieht die Augenbrauen hoch.

      „Und wat war dann da los?“, poltert Papa Dieter und ich sehe ein, dass es wohl keinen Sinn mehr hat, irgendwas zu verheimlichen. Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit ist hier angesagt.

      Also erzähle ich eben doch die ganze üble Geschichte mit der Schlieper-Gang. Ich sage aber nichts von den fünfzig Euro. Dafür berichte ich aber umso ausführlicher, wie heldenhaft der Knoche mich da rausgehauen hat. Ich bin richtig stolz auf den alten Knaster und habe die ganze Sache noch ein wenig ausgeschmückt.

      „Soso“, sagt Papa Dieter und schnauft noch mal verächtlich. Was bedeutet, dass ihn mein Bericht überhaupt nicht oder nur wenig beeindruckt und schon gar überzeugt hat.

      „Pass mal auf, Till, wenn dat wieder eine von deinen Fantasiejeschichten ist, dann sachet lieber gleich. Und ich sachet jetzt nur ein Mal: Du hältst disch ab sofort einfach wesch von diesem Verrückten! Der hat nur einen schleschten Einfluss auf dich. Wer weiß, wat da noch alles passiert. Und wenn ich disch noch einmal vor oder sogar in diesem Laden sehe, dann kommst du jar nisch mehr vor die Tür. Dann nur noch zur Klavierstunde bei Frau Dröge-Semmeling und da bringe isch disch eijenhändig hin. Also, Schule, Klavier und jute Noten! Un’ keine Faxen mehr! Ist dat klar?“

      „Ja, aber die Schliepers …“, werfe ich ein.

      „Un’ von diesen Schliepertypen hältst du disch natürlisch auch wech!“

      „Aber wenn die sich nicht von mir …“

      „Isch will jetzt nix mehr hören,Till! Is’ dat klar?“

      Papa Dieter ist richtig laut geworden. Er hat mal wieder so … ’ne richtige Dreckslaune und klarer kann es eigentlich nicht sein. Ja, ja, ja, es ist klar. Es heißt also: keine Gitarre, kein Spezialunterricht bei Knoche und noch nicht einmal in die Nähe des Ladens darf ich. Mann! Ist das ungerecht!

      „Aber es war doch alles ganz anders“, starte ich einen allerallerletzten verzweifelten Versuch.

      „IS’ DAT KLAR?“, donnert der böse Dieter noch mal.

      „Ja, ja, ist schon klar.“

      „Und sag bloß nisch ’ja, ja’! Dat heißt, leck misch am …“

      Beinahe hätte er auch noch das zu leckende Körperteil genannt, aber Mama Sabine fällt ihm schnell ins Wort.

      „Et reischt, Dieter. Der Junge hattet ja bejriffen.“ Und Dieter trottet beleidigt und eingeschüchtert Richtung Wohnzimmer zurück.

      Dann wendet sie sich zu mir und sieht mich ehrlich besorgt mit gespitztem Mund an.

      „Also, Tillmann, tu mir den Jefallen, un’ jeh da nie mehr hin. Der alte Knoche scheint ja wirklisch ein jefährlischer Verrückter zu sein. Isch hab escht Angst um disch. Jeh da bitte nie mehr hin!“ Und dann fügt sie noch völlig unnötigerweise und mit Seitenblick auf Papa Dieter hinzu: „Da jebe isch deinem Vater AUSNAHMSWEISE mal Rescht.“

      Das war einer zu viel! Oh, da verwandelt sich Dieters Gesicht sich in eine einzige Fratze der Empörung die unrasierte Klappe fällt ihm runter.

      Ojeoje, denke ich nur, wenn das jetzt wieder losgeht, dann ist der Tag wirklich voll gelungen.

      „Hab schon verstanden“, murmle ich. „Ich geh dann mal. Aber eins sag ich euch: Der Knoche ist ’n super Typ!“, und verschwinde ganz schnell nach oben in mein Zimmer und schließe die Tür ab.

      Na, das ist ja alles toll gelaufen. Wie soll denn jetzt noch die Sache mit der Weltkarriere klappen, wenn’s an dieser Stelle schon blockiert? Ich muss das Ganze morgen gleich mit Alex und Abdullah besprechen.

      „Warzen abmähen!“

      „Mach dat scheiß Jedröhne aus!“

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      4

      Walt Bone and the Hurricanes

      „Till, du bist ja gar nicht bei der Sache!“ Herr Westermann, unser Klassenlehrer, steht direkt - ganz nah - vor mir und sieht mich entrüstet an. Mit Recht. Ich habe tatsächlich nicht zugehört, um was es eigentlich in seinem Unterricht geht und sehe ihn erschrocken und interessiert an. Er hat heute einen kleinen Pickel mit weißer Spitze rechts unten an der Nase. Könnte man schon ausdrücken. Der ist absolut reif.

      „Was ist denn los mit dir?“, fragt er streng, aber auch ein wenig besorgt, meine ich. „Was habe ich gerade gesagt?“

      „Sie haben gesagt: ‚Was ist denn los mit dir?’“, antworte ich wahrheitsgemäß. Die Klasse brüllt.

      „Tillmann, Tillmann“, seufzt Herr Westermann, schüttelt den grauhaarigen Kopf und zwinkert mir mit seinem rechten Auge zu. Das heißt aber nicht, dass er mir verschwörerisch ein Auge kneift. Nein, nein. Es muss wohl irgendwas mit seinen Nerven zu tun haben. Das Auge zuckt nämlich öfter mal. Das kennen wir alle schon.

      „Das hätte ich von dir nicht erwartet. Tut mir leid, aber du schreibst mir für morgen zwei Seiten zum Thema ‚Warum ist es wichtig, dem Unterricht zu folgen?’ Zwei Seiten ohne Rand!“

      Zwei Seiten ohne Rand. Ooch. Von mir aus. Es gibt Schlimmeres. Zum Beispiel die Frage, wie ich heute Nachmittag und überhaupt die ganze nächste Zeit doch noch zu Knoche komme, um mir meine Gitarre zu verdienen.

      „Hast du mich auch verstanden?“, fragt Herr Westermann zur Sicherheit noch mal und beugt sich ganz dicht zu mir herunter. Und da kann ich seinen Pickel noch mal ausgiebig bewundern und könnte fast dranfassen. Ist das ein Ding! Ich kann gar nicht wieder weggucken.

      „Sieh mir in die Augen, wenn ich mit dir rede!“

      „Geht klar, Herr Westermann. Ja, ja ...“, versichere ich ihm.

      „Und sag’ nicht ’Ja, ja’, das heißt …“

      Aber ich weiß ja schon, was das heißt.

      Kopfschüttelnd entfernt sich Westermann von meinem Platz, fasst sich kurz an den Pickel und setzt dann die Betrachtungen über die Landwirtschaft in der Niederrheinischen Tiefebene fort. Sehr interessant. Ab und zu zuckt das rechte Auge.

      Manchmal denke ich, vielleicht meint der Westermann es ja wirklich gut mit mir, aber ich mache es ihm nicht einfach. Den Rest der Stunde verbringe ich damit, sehr interessiert auszusehen, immer in Herrn Westermanns Richtung zu blicken, oft zu nicken und krampfhaft darüber nachzudenken, wie mein trauriges Leben denn jetzt weitergehen soll. Dann rettet mich der Gong in die Pause.

      „Hallo, Abi“, begrüße ich den einen meiner beiden besten Freunde, der eigentlich Abdullah heißt. Abdullah ist fast sechzehn und in meiner Parallelklasse auf dem Heinrich-Lübke-Gymnasium. Er hat halt mal ’ne Ehrenrunde gedreht. Was soll’s? Abi hat eben gewissenhaft den Lernstoff vertieft!

      Abdullah ist Türke, aber in Köln-Kalk geboren und wohnt seit drei Jahren hier in Jückerath. Er spricht wie Frau Dröge-S. voll den Kölner Slang mit „misch“ und „disch“ und dem „janz dicken, breiten L“. Türkisch kann er natürlich auch. Er ist schließlich der Sohn von Herrn

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