Reisch un berümp!. Reiner Hänsch

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Reisch un berümp! - Reiner Hänsch

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gibt oft Streit. Eines meiner weiteren Probleme. Heute gibt es zwar keinen Streit, weil Mama Sabine sich schwer zusammennimmt, aber die Stimmung ist erst mal im Eimer und wir essen schweigend, bis ich dann so schnell wie’s geht nach oben verschwinde.

      Oben in meinem Zimmer lege ich erst mal Sodom Terror auf. Und zwar richtig laut.

      Dieter hat mir diese CD zwar vor längerer Zeit weggenommen, als er das fiese Cover gesehen hat, weil er natürlich den schlechten Einfluss dieser „verjammelten, brutalen, stinkenden und lärmenden Bande“ so weit wie möglich von mir fernhalten will, aber ich habe sie natürlich längst wieder.

      Ich meine … gut … auf dem Cover sieht man vier Typen, also Sodom Terror, wie sie mit Äxten und riesigen Vorschlaghämmern eine große, weiße Luxuslimousine zerdeppern und dabei offensichtlich auch noch einen Mordsspaß haben. Naja, ich sag mal, vielleicht ist diese Limousine ja Schrott, vielleicht schon ganz durchgerostet, was man von außen gar nicht so sieht, und sie tun dem Besitzer lediglich einen Gefallen damit, sie zu zerlegen. Vielleicht ist es auch ihre eigene Limousine, die sie nicht mehr mögen, weil sie günstig ein anderes Auto bekommen können, oder die Karre hat ihnen vielleicht sogar die Vorfahrt genommen. Es muss auf jeden Fall einen Grund geben, warum sie das machen. Ganz so üble Kerle sind Sodom Terror nicht.

      „Mach’ dat verdammte Jedröhne aus!“, brüllt Papa Dieter die Treppe rauf.

      „Warzen abmähen!“, schreit der Sänger nach unten und mit dieser Botschaft ist die Welt für mich erst mal wieder in Ordnung.

      Am nächsten Tag repariere ich nach der Schule mein Rad - heute morgen bin ich mit Papa Dieters Rad gefahren - bringe meine Brille zu Optiker Heimann und als ich den Laden verlasse - ohne Brille und leider etwas kurzsichtig - riecht es sehr verdächtig ganz in meiner Nähe. Ich schnüffle fast blind in der Luft herum und in die Richtung, aus der der Geruch zu kommen scheint. Eindeutig Schweiß.

      „Ronny?“, rufe ich in die Richtung, aus der der Geruch kommt.

      „Isch bin dat nisch!“, tönt es aus der Nische zwischen Optiker Heimanns und Walter Knoches Laden.

      So ein Blödmann!

      Ich knibble mit den Augen angestrengt dort hin. Etwas unscharf und schemenhaft sehe ich ihn: Ronny Rexona. Alleine. Das wäre meine Chance jetzt.

      „Ronny, du Stinktier, gib mir sofort meine Kohle wieder“, brülle ich ihn an und gehe mit großen Schritten auf den groben Kerl zu. Er scheint sogar so was wie Respekt zu haben und weicht langsam zurück.

      „Hau ab!“, sagt er und versucht mir auszuweichen. Als er merkt, dass das nicht funktioniert, weil ich mich ganz breit mache und ihm mit den Armen den Fluchtweg versperre, blickt er sich nach hinten zur Mauer um, stößt sich mit einem Fuß ab, und plötzlich schießt der massige Kerl wie eine Sprungfeder nach vorne und überrennt mich einfach. Und dann eiert er schnell über den Dorfplatz davon. An seinen Stinkfüßen glänzen neue goldene Sneakers.

      „Wat für ’ne Kohle?“, ruft er noch und lacht dreckig. „Hab mir wat Schönes jekauft dafür!“

      Leider kann ich ihn dann auch schon nicht mehr sehen, weil ich ja keine Brille mehr habe. Nur die Sneakers glänzen noch trübe in der Ferne.

      Mistkerl! Dann ist die Kohle wohl einfach weg.

      Wütend drehe ich mich zu Walter Knoche’s Laden um. Als ich gerade die Klinke drücken will, höre ich drinnen jemanden Gitarre spielen. Richtig gut.

      „Griaß di“, sagt Walter Knoche etwas erschrocken und legt die Gitarre zur Seite. „Hab’s noch amol probiert“, meint er verlegen und bietet mir einen knarzenden Stuhl an.

      „Sie sind ja echt gut, Herr Knoche.“„Ach, ja, lang nimmer g’spielt. Kannst ja auch amol spiel’n, wenn’st willst“, sagt er freundlich und reicht mir das rote Traumteil.

      „Mmh. Woaßt, Till, i hab gestern noch lang überlegt und i glaub, i hab a Idee, wie i dir helfen könnt“, meint der Alte nachdenklich. „Du willst die Gitarr’n doch unbedingt hab’n, oder?“

      „Ja, klar,“ sage ich und schrubbe ein paar meiner eingeübten Akkorde auf dem guten Stück.

      „Naja, woaßt, i wollt sie eigentlich gar net verkauf’n. I hob’s halt bloß ins Schaufenster g’hängt, weil’s schön ausschaut. Pass amol auf, Till, wir könnt’n an Deal machen.“

      Aha, was kommt jetzt, Till Heisterkamp? Ich höre auf zu spielen und sehe ihn erwartungsvoll an. Ein Deal?

      „Woaßt, i hob im Moment so wenig Zeit, mi um den Laden zu kümmern. I muaß immer zuschließ’n, wenn i weg bin und dann is’ er halt zu! Und a Laden, der immer zu is’, is’ halt koa richtiger Laden. I bräucht jemanden, der ab und zu amol hier is’ und aufpasst, woaßt?“

      Und der Deal? Er macht eine kleine Pause und ich halte vor Spannung die Luft an.

      „Woaßt, mei Frau, die Gunni, ist ziemlich krank, und i geh jeden Tag ins Krank’nhaus, um sie zu b’suchen. Vielleicht könnt’st du ab und zu a paar Stund’n hier im Laden …?“

      Ja. Warum nicht, aber wo ist der Deal?

      „Ja, das könnte ich, Herr Knoche. Das würde ich schon machen“, sage ich.

      „Naja, i hob mer ’dacht …“

      Jetzt kommt der Deal.

      „I hob mer halt so ’dacht, dann könnt’st du so die Gitarr’n sozusag’n abzahl’n. Ich tät hundertfünfz’g Euro dafür neh’n. Ich hoff’, des is’ dir net z’viel. Dann tät’s du arbeiten für mi, mir mach’n an Lohn aus und i geb dir dann die Gitarr’n, wenn’st dei Geld verdient hast. Wär des wos?“, fragt er vorsichtig.

      Deal!

      Des wär wos!

      „Ja, das wär’ super, Herr Knoche.“ Ich bin völlig von den Socken. „Und ich brauch dann gar nichts zu bezahlen und irgendwann gehört sie mir?“

      Jetzt hält mich nichts mehr auf dem knarzenden Stuhl.

      „Ja, so hob i mir des ’dacht. Könnt aber a bisserl dauern! I zahl dir bloß fünf Euro für an ganz’n Nachmittag.“

      „Egal, so machen wir’s!“

      Ich komme also doch noch an meine Gitarre!

      „Und für jeden Nachmittag, wo’sd do bist, mach’n mir an Strich do an die Wand.“ Er nimmt einen dicken Bleistift, dreht sich zur Wand um und macht den ersten Strich. „Oan schenk i dir!“, sagt er und grinst breit dabei.

      „Danke, Herr Knoche!“

      „Wannst willst, könnt’ i dir a poar Tricks auf der Gitarr’n zeig’n.“

      „Ja. Super. Wann fangen wir an?“, frage ich ihn.

      Er zuckt mit den Schultern, spitzt seine Lippen und sagt: „Morg’n? Um drei?“

      „Äh, … lieber erst um vier. Geht das?“

      Sechs Stunden Schule. Hausaufgaben. Üben für Mathe … seit ich mit Alex

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