Reisch un berümp!. Reiner Hänsch

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Reisch un berümp! - Reiner Hänsch

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um vier bin ich wieder hier, Herr Knoche! Super. Und vielen Dank.“

      „Brauchst di net zu bedank’n, muaßt ja hart arbeit’n.“

      Ja. Ja. Ja.

      Alles wird gut! Bald werde ich mit meiner roten Gitarre mit Abi und Alex über die Rockbühnen dieser Welt fetzen - und es allen zeigen.

      An der Ampel hinter dem Schnappes-Supermarkt wird das Leben plötzlich brandgefährlich. Vanessa Hülsemann und irgendeine Freundin tauchen wie aus dem Nichts neben mir auf.

      Oh, oh, oh. Vanessa!

      Augenblicklich verdreifacht sich mein Pulsschlag und wahrscheinlich ändere ich auch gerade meine Gesichtsfarbe von mittelbeige in knallrot. Ich nehme mir vor, erst mal ganz unverfänglich starr geradeaus zu gucken, so als hätte ich die beiden gar nicht bemerkt. Das ist, glaube ich, das Beste, was man in solchen Momenten machen kann und was anderes fällt mir auch nicht ein.

      Vanessa Hülsemann!

      Wenn die auftaucht, ist Alarm. Jedenfalls bei mir. Vanessa ist eben, … wie soll ich sagen … sie ist eben nicht nur irgendeine Vanessa, sondern „Oh-Oh-Vanessa“, die absolute Topschnecke auf unserer Schule. Blond und blond und … einfach irgendwie … na, einfach toll eben. Und leider weiß sie das auch selber. Alle, aber auch wirklich alle stehen auf sie. Und ich natürlich auch. Aber ich denke mal, da brauch’ ich erst mal keine weiteren Planungen zu machen. Eigentlich hat sie mich noch nie beachtet.

      Nach „Vanessa-Oh-Oh-Vanessa“ kommt dann eigentlich erst mal gar nichts mädchenmäßig Erwähnenswertes … und diese Freundin da neben ihr kenne ich gar nicht. Wahrscheinlich neu auf unserer Schule.

      Oh Mann, oh Mann, Vanessa-Oh-Oh-Vanessa sieht so Hammer aus mit ihren langen, blonden Haaren und den großen, blauen Augen und diesem Gesicht mit der Nase und dem Mund mittendrin … äh, Quatsch … naja, also, so ein Mädchen kann man praktisch gar nicht ansprechen. Ich kann’s jedenfalls nicht.

      Deshalb bin ich auch eigentlich gar nicht da und gucke auch üüüberhaupt nicht hin, als die beiden so neben mir stehen und kichern. Ich versuche, nur aus dem Augenwinkel zu ihr hinzusehen, ohne dabei den Kopf zu drehen. Mir wird so heiß, dass die Brille leicht beschlägt.

      Da kichern sie schon wieder. Mädchen kichern einfach immer, wenn mindestens zwei von ihnen zusammen sind, und du denkst natürlich, sie kichern über dich. Und, richtig, das tun sie auch. Knallrot wie ich nun schon mal bin, glotze ich stur geradeaus und unheimlich angestrengt auf die verdammte Ampel, die diesmal einfach nicht grün werden will.

      „Hallo, Tilli, mein Süßer, warum sachste denn nix?“, fragt Vanessa-Oh-Oh-Vanessa mich und kommt sogar etwas näher ran.

      Sie spricht mit mir! Sie hat mich gesehen, sie wendet sich an mich, sie nennt mich bei meinem Vornamen, sie kennt mich, sie erfindet süße Koseworte für mich, … sie liebt mich … ’Tilli, mein Süßer’. Ich bin wie betäubt, es klingelt in meinen Ohren und mir wächst ein haariger Pelz auf der Zunge. Alles wird ganz klebrig und ich vermute, ich werde wahrscheinlich nie wieder sprechen können.

      „Mmpf! Ich? Mm, och, ich … Hallöchen!“, versuche ich, diesen fiesen Fremdkörper in meinem Mund zu bewegen und tue so, als hätte ich sie gerade erst gesehen. Was für eine Überraschung!

      Liebt sie mich wirklich?

      „Wat siehs’ du heute widder beklopp’ aus!“, sagt sie und prustet laut los. Die Freundin lacht nicht.

      Nein, … Vanessa liebt mich dann wohl eher nicht und ich schiebe mein Rad ohne Hoffnung weiter Richtung Dorfplatz an einem wütenden, hupenden Autofahrer vorbei.

      „Pass doch auf, du Blindfisch!“

      Ach, lasst mich doch alle in Ruhe!

      Ja, mein sehr spezielles Outfit aus dem Second-Hand-Laden gibt öfter mal Anlass zu dummen Bemerkungen. Das bin ich schon seit Längerem gewohnt. Auch meine Frisur könnte ich mir etwas gewagter vorstellen, aber mit solchen Plänen komme ich bei meinen Eltern einfach nicht durch. Aber ich rede mir seit einiger Zeit ziemlich erfolgreich ein, dass es mir gar nichts ausmacht, so rumzulaufen. Ich sage mir einfach: Es ist mir egal. TO-TAL E-GAL.

      Alle haben ja jetzt diese abgefahrenen, schlabberigen Jeans, die so tief hängen, dass oben immer ein Stück Unterhose rausguckt. Nein, keine Unterhosen, sondern Boxershorts, die meistens einem gewissen Calvin Klein gehören, weil sein Name oben auf dem Bund steht.

      Diese Hosensäcke sind so lang, dass es staubt beim Gehen, weil sie über den Boden schleifen mit coolen Tarnmustern, oder so. Viele tragen auch diese Kapuzen-Shirts mit fetten Nummern, amerikanischen Sprüchen oder diesen edlen Zeichen von all den wichtigen Marken drauf.

      ICH WILL DAS GAR NICHT HABEN.

      Ich brauche so was nicht! Wer mich liebt, der muss meine etwas zu große Cord-Hose und das T-Shirt, auf dem ’Hinterher weiß man immer mehr – der Niederrhein-Kurier’ steht, mögen.

      Das bin ich. Till Heisterkamp.

      Aber, wartet, Leute. Wenn ich erst mal der große und berühmte Gitarrist und Sänger in unserer bis jetzt leider noch namenlosen, unbekannten und unberühmten Partykellerband bin, dann lacht keiner mehr. Dann kriegen sie alle ihr großes Maul nicht mehr zu, stoßen sich ehrfürchtig mit den Ellbogen an und sagen voller Respekt

      „Dat is’ doch dä Heisterkamp da oben neben dä Robbie Williams! Den kenn isch! Dä war mal bei mir inne Parallel!“

      Und vielleicht … vielleicht erlaube ich Vanessa-Oh-Oh-Vanessa dann, meine Freundin zu werden.

      Mal seh’n. Wenn sie mich ganz nett bittet, natürlich nur.

      An der Haustür empfängt mich heute Papa Dieter persönlich und er ist sauer. Das kann man deutlich sehen.

      „TILLMANN!“

      Und wie er das sagt, daran kann man auch deutlich hören, wie sauer er ist.

      „Du has’ uns anjelogen!“

      „Wie-wieso?“

      Mama Sabine erscheint jetzt in der Küchentür, lehnt sich an den Türrahmen und verschränkt die Arme. Das jüngste Gericht.

      „Uwe Hartkötter hat misch anjerufen.“

      Ich hätte es wissen müssen.

      Die beiden spielen schon seit Jahren Skat mit Peter „Shorty“ Schortens und sind einigermaßen dicke Freunde. Immer noch, obwohl Papa Dieter meistens gewinnt. Naja, und wenn so was wie gestern passiert, dann ist es ja eigentlich ganz normal, dass Hartkötter sich mal meldet und seinen Kumpel Dieter über das geheime Doppelleben seines missratenen Sohnes Till informiert. Ich ziehe die quietschende Haustür zu und erwarte Dieters Standpauke.

      „Uwe hat mir erzählt, dat dieser verrückte, alte Knoche jestern mit ’ner jewaltigen Donnerbüchse auf dich jeschossen hat. Du hättes’ disch auf ’m Boden jewälzt und jeblutet wie n Schwein. Dann hätte der Kerl disch anjeblisch in sein’ Laden jezerrt oder so ähnlisch, sagen jedenfalls de Leute. Die haben alles jeseh’n und Uwe hat sie alle jefragt. Und später hat Uwe disch dann aus seinem Kramladen flüschten sehen, wo Knoche disch wahrscheinlisch umbringen wollte, oder wat weiß denn isch? Wat sachs’ du dazu?“

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