Reisch un berümp!. Reiner Hänsch

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Reisch un berümp! - Reiner Hänsch

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Uwe Hartkötter, steht plötzlich breitbeinig vor mir und will gerade Knoches Laden sehr amtlich betreten, wie mir scheint.

      „Ah, Tag, Herr Hartkötter.“

      „Wat machs’ du denn hier? Hier soll jeschoss’n word’n sein. Du hass’ doch wohl nix damit zu tun?“, sagt er und sieht mich listig an. „Einen etwa fünfzehnjährigen Jungen soll man erschoss’n oder wenigstens schwer verletzt hab’n. Bis’ du dat?“ Dabei zieht er seine linke Augenbraue hoch, öffnet etwas dümmlich den Mund, als ob da noch etwas kommen würde und starrt sehr intensiv auf mein Pflaster an der Stirn.

      „Ich bin nicht erschossen worden, sehen Sie ja, und das da ist nur ’n Kratzer. Also, es war so … äh …“

      Aber die ganze Geschichte mit den Schliepers und so würde zu viel für ihn sein. Das würde dauern, vielleicht begreift er’s gar nicht und wahrscheinlich würde er mich noch mit auf seine Wache nehmen, um ein blödes Protokoll zu machen. Und das alles würde meinen Ärger mit den Schlieperbopys sowieso nur vergrößern. Also sage ich ihm nur: „Wir haben bloß Sylvesterknaller getestet. Herr Knoche und ich. Müssen ja funktionieren, wenn’s dann soweit ist“, und hoffe, ihm die Angelegenheit damit erklärt zu haben.

      „Sylvästerknaller tästen, ja klar“, meint er nun, zieht die rechte Augenbraue auch noch hoch und grinst wissend. „Na, da woll’n wir doch mal selber seh’n, wat hier eigentlisch los is’.“

      Und mit diesen endgültigen, hochpolizeilichen, amtlichen Worten stiefelt er dann in den Laden. So ein Fuck, denke ich, jetzt bekommt Knoche auch noch Ärger wegen mir. Welchen Ärger ich gleich bekommen soll, ahne ich da allerdings noch nicht.

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      3

      Keine Faxen mehr

      „TILLMANN! Wat is’ denn mit dir passiert? Um Jottes willen! Du siehs’ ja AUS! Jetz’ erzähl doch mal!“ Mama Sabine ist entsetzt.

      „Ja, also …“

      Tja, alles kann ich ihr natürlich nicht erzählen. Sie würde vor lauter Sorgen sterben. Ich beschließe also, auf jeden Fall nichts vom Knoche zu sagen, denn den finden meine Eltern auch sehr seltsam, das weiß ich. Und von den Schlieperboys will ich ihr auch nichts erzählen und von der Gitarre schon gar nicht. Eigentlich finden sie’s ja gut, dass ich Musik mache. Deswegen ja auch der Klavierunterricht.

      Aber eine Gitarre? Elektrisch?

      Wenn meine Eltern wüssten, dass ich mein Geld dafür ausgeben will, dann würden sie glatt ausrasten, und ich weiß genau, dass sie dabei an Sodom Terror denken, die sie schon mal versehentlich im Fernsehen in einem Videoclip gesehen haben. Meine Mutter hat dann ganz entsetzt und angewidert auf einen anderen Sender geschaltet. So, wie sie’s immer macht, wenn sich plötzlich beim ’Traumschiff’ oder beim ’Gebirgsdoktor’ doch noch völlig unerwartet eine Sexszene androht. Dann gibt’s immer irgendwie auf einem anderen Sender „doch bestimmt noch was Besseres“. Ganz hektisch schaltet sie dann um und macht dann meinen armen Papa an, der mal wieder nichts gemerkt hat. „Dieter, also wirklisch! Ts, ts, ts!“

      Wie albern! Als ob ich nicht schon längst wüsste, was passiert, wenn im Traumschiff die Kabinentüren zugehen, oder was der Gebirgsdoktor und die Sennerin so ganz privat auf der Alm treiben.

      Ich bin fast fünfzehn! Aber egal. Eltern sind so. Die Gitarre muss also auf jeden Fall geheim bleiben.

      Und wenn Mama Sabine erfährt, was für ein gefährliches Leben ich in Wirklichkeit führe, dass ich tagtäglich gegen brutale Räubergangs mein trauriges Leben verteidigen muss, dann bricht sie mir hier auf den Stufen vor dem Haus zusammen. Das ist alles nichts für Mütter.

      Mein Vater würde nur fragen: „Wer war dat?“, „Prüjelei?“, „Haste jeheult?“, Wehr disch!“ und „Musste eben besser aufpassen!“ oder so was. Naja, so sind Väter eben. Manchmal ganz problemlos und manchmal … naja.

      Ich sage also eigentlich nichts.

      „Wo is’ denn dat Pflaster her?“, fragt Mama Sabine mit aufgerissenen Augen.

      „Ach, das … äh … hatte ich noch … und die … die Schramme hab’ ich mir … also … ich bin gestürzt, ausgerutscht … Hundehaufen, riesengroß … und zack … ist nicht weiter schlimm. Die Brille ist übrigens auch kaputt“, setze ich fröhlich hinzu - alles immer noch direkt vor der Haustür unseres kleinen, fast farblosen Hauses stehend, das Opa uns mal vererbt hat und endlich mal wieder gestrichen werden müsste.

      Es ist so ein kleines, enges Siedlungshäuschen mit Spitzdach, Vorgarten, Hecke und Waschbetonplatten vor der Tür. Klein und spitz wie ein Vogelhaus und wie Millionen andere. Gar nicht aber auch ein bisschen was Besonderes. Aber dafür habe ich ja den Namen.

      Man kommt rein und links geht sofort die enge Bergsteigertreppe nach oben in drei weitere Winzkammern mit schrägen Wänden. Eine davon ist mein Vogelnest. Und unten quetscht man sich durch den schmalen Flur vorbei an Vogelklo und Vogelküche zum Vogelwohnzimmer. Das ist der größte Raum im Haus, der aber durch eine wuchtige, fette Polstergarnitur mit Blumenmuster und eine mordsmäßig gewaltige, braune Eichenschrankwand verstellt wird. Der restliche noch freie Platz ist durch Blumenhocker, Beistelltischchen und eine Glasvitrine verbaut. Wie wir es geschafft haben, in dieses Gedränge jetzt auch noch ein Klavier zu stellen, ist mir eigentlich immer noch ein Rätsel. Aber es steht da und wartet darauf, dass ich spiele.

      „Na, komm erstmal rein, Junge“, sagt Mama Sabine dann endlich. Danke.

      Also gehe ich durch die seit Ewigkeiten quietschende Haustür, die mein Vater einfach nicht ölt, ins Haus. Er müsste die schwere Tür dazu aushängen, Öl drauf und wieder einhängen. Das wäre alles. Aber Papa Dieter mag körperliche Arbeit nicht besonders und lässt die Tür lieber quietschen. Er ist leider zurzeit arbeitslos und jobbt nur gelegentlich mal bei ’Saftig und Grün’, so ’ner Gartenbaufirma, obwohl er eigentlich tschechischer Zeichner ist.

      Nein, war’n Witz, er ist technischer Zeichner! Aber zurzeit scheint einfach technisch nicht viel zu zeichnen zu sein.

      Und meine Mama Sabine hat einen Teilzeitjob als Kassiererin im Schnappes-Supermarkt, obwohl sie eigentlich Dekorateurin gelernt hat. Kassiererin ist auch nicht grad’ ’n Traumberuf. Den ganzen Tag „Wat kosten die Gürkschen?“ und „Kasse 12, Frau Heisterkamp!“ und so was zu hören.

      Aber was anderes ist eben zur Zeit nicht drin.

      „Wer war dat?“, fragt Papa Dieter. Er sitzt wie der Obergeier vom Vogelhaus am Tisch, hat wie immer den Niederrhein-Kurier vor der Nase und blickt nur einmal kurz auf.

      „Er is’ jefallen, der Arme“, antwortet ihm Mama Sabine und ihre Stimme bekommt einen Klang, als würde sie von einem Dreijährigen reden, der ganz böse Aua-Aua hat.

      „Oder waret ’ne Prüjelei?“ Dieter lässt nicht locker, als scheint er etwas zu ahnen und schielt noch mal ganz kurz an der Zeitung vorbei zu mir rüber.

      „Nee, nee, bin ausgerutscht! Hundekacke!“ Dabei kann ich ihn allerdings nicht direkt ansehen. Lügen liegt mir nicht so richtig.

      „Diese verschissenen Köter überall! Na, musste eben besser aufpassen“, sagt er, „auch mal nach unten kuck’n!“ und widmet sich wieder seiner Zeitung.

      Das scheint ihm wohl letztlich

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