Mord im Hause des Herrn. Franziska Steinhauer

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Mord im Hause des Herrn - Franziska Steinhauer Mord und Nachschlag

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style="font-size:15px;">      Ob er dem Gespräch mit Grete überhaupt zuhörte? »Der Name Gunnar Thaisen sagt dir auch nichts?«

      »Nein.«

      Grete schüttelte so heftig den Kopf, dass ihre beeindruckende Oberweite rhythmisch mitzuschwingen begann.

      »Ist das der Name des Toten?«, fragte sie.

      »Nein. Nicht direkt. Aber er hat sich als Gunnar Thaisen ausgegeben. Selbst das Auto war auf diesen Namen geliehen. Der echte Gunnar Thaisen lebt in Dänemark.«

      »Das ist ja ein Ding! Meine Nichte erzählte mir gerade neulich von einem Skandal bei ihr im Dorf. Da hatte jemand eine Todesanzeige in die Zeitung gesetzt – dabei lebte der Mann gesund und lustig! Alle seine Freunde waren in heller Aufregung und riefen ständig bei seiner Frau an, um ihr zu kondolieren. Das muss für die beiden ziemlich schlimm gewesen sein. Am Ende stellte sich raus, es sollte ein Scherz sein! Na, über solche Scherze kann ich wirklich nicht lachen. So was ist nicht nur sehr makaber, das ist schon richtig geschmacklos!«

      »Ja, da hast du Recht. Der echte Gunnar Thaisen war auch ganz schön aufgebracht, als die Polizei seine Frau darüber informierte, man hätte in eurer Kirche seine Leiche entdeckt. Gott sei Dank«, Sven Lundquist zuckte kurz zusammen, als ihm klar wurde, dass diese Formulierung in einem Pfarrhaus eine sehr gewichtige Bedeutung haben musste, »rief sie sofort geistesgegenwärtig sein Handy an und er meldete sich! Du kannst dir sicher vorstellen, wie unangenehm uns diese Sache war.«

      Lars Knyst biss in einen von Gretes duftenden Lebkuchen und erklärte ungerührt mit vollem Mund:

      »Nun dachten wir eben, vielleicht hat der Name für irgendjemanden im Ort doch eine Bedeutung. Vielleicht war er ja mal im Rahmen eines Kulturprojekts als Austauschschüler hier. Oder mit seiner Familie in den Sommerferien: Ferien auf dem Bauernhof oder so.«

      Er fegte ein paar Kekskrümel von seinem Ärmel. »Aber alle im Dorf betonen, dass es nie einen Rollstuhlfahrer im Ort gegeben habe«, sagte Grete.

      »Bei wem könnten wir uns noch erkundigen?«, schaltete sich Lundquist ein.

      »Ich weiß nicht. Die alte Hanne kennt alles und jeden und weiß über alle Dinge Bescheid. Frag doch mal bei ihr nach.«

      »Er muss ja damals auch noch gar nicht auf einen Rollstuhl angewiesen gewesen sein«, sagte Lundquist. »Es ist ja durchaus möglich, dass die Behinderung Folge eines früheren Unfalls war – oder einer Erkrankung.« Sven Lundquist kämpfte mit seiner Stimme, räusperte sich und nahm einen Schluck von Gretes Tee. Narr, schalt er sich, mach dich endlich von deinen Ängsten frei, sonst steht dir dein Kopf nicht zum Denken zur Verfügung!

      »Tja, das ist natürlich möglich. Aber wenn er gar nicht der Tote ist, könnt ihr ihn doch einfach danach fragen.«

      »Das stimmt.«

      Knyst probierte noch eine Plätzchensorte, die in der Mitte einen roten Marmeladenklecks aufwies. Ein echtes Polizistenplätzchen, dachte Lundquist. Sieht aus wie eine Stoppkelle.

      »Und ihr wisst tatsächlich nichts über den Toten aus der Kirche? Es wird doch wohl hoffentlich von irgendjemandem bemerkt werden, dass er nicht mehr nach Hause kommt. Ein entsetzlicher Gedanke: zu sterben, ermordet noch dazu und von niemandem vermisst zu werden.«

      »Wir konnten ihn noch nicht identifizieren«, sagte Lundquist. »Wir wissen nur eines: Er war nicht gelähmt und seine Haare waren gefärbt.«

      »Ist doch eigentlich eine total verrückte Idee, oder?«, stieß Grete perplex hervor. »Da täuscht einer eine Behinderung nur vor. Wozu in aller Welt soll das gut sein?«

      Ja, dachte Lundquist, wenn wir diese Frage beantworten könnten, wären wir einen gewaltigen Schritt weiter.

      ****

      »Kennt einer von euch diesen Mann hier? Vielleicht war er auf der Fähre nach Schweden rüber – am Donnerstag.«

      Vier Köpfe beugten sich interessiert über das Foto, welches Bernt Örneberg ihnen hinhielt. Pfeifen- und Zigarrenrauch stieg in der Mitte auf, wie bei einem Kriegsrat.

      »Wieso willst du das wissen? Und überhaupt – der Kerl sieht ziemlich merkwürdig aus. Ist dem was zugestoßen?«, wollte einer aus der Gruppe wissen.

      Er schien der älteste der Runde zu sein und erfüllte äußerlich alle gängigen Klischees über Seebären. Vielleicht gefällt das ja den Touristen, dachte Bernt amüsiert, und versetzt sie von Anfang an schon in Ferienstimmung. Quatsch, die Saison war längst vorüber. Um diese Jahreszeit gab es fast nur noch Tagesausflügler aus der Umgebung und die üblichen Alkoholtouris von der schwedischen Seite, und denen war das Outfit des Seemanns völlig gleichgültig. Der Mann verkleidete sich also zum eigenen Vergnügen. Oder schrieb ihm die Reederei das vor – als Dienstkleidung sozusagen? Für seine Ermittlungen hatte es ja bestimmt sein Gutes, dass um diese Zeit nicht so viel Andrang auf den Fähren herrschte. Im Sommergewimmel würde sich mit Sicherheit keiner an den Mann auf dem Foto erinnern können und so bestand immerhin eine kleine Chance, dachte er.

      »Ich bin Kommissar Bernt Örneberg von der Kripo in Göteborg. Der Mann auf dem Bild hier ist tot. Seine Leiche fand man in einer Kirche. Vor der Kirche stand sein Auto mit dänischem Kennzeichen.«

      Er machte eine dramaturgische Pause.

      »Der Mann war Rollstuhlfahrer.«

      »Was für’n Auto war denn das? Umgerüstet? Aufkleber an der Heckscheibe?«, fragte der Bilderbuchseebär nach.

      Irgendwie sieht der Typ mit seiner blauen Jacke, der Mütze und dem gestreiften T-Shirt lächerlich aus, dachte Bernt. Gut, dass er sich nicht so ausstaffieren musste: Trenchcoat, Hut, Sonnenbrille und Schirm.

      Unauffällige Normalität war eher sein Stil.

      Bis auf die Sonnenbrille vielleicht.

      Er erstand in jedem Sommer ein neues extravagantes Modell.

      »Es war ein Saab, Neuner, dunkelgrau, umgebaut mit Lenkradschaltung und anderen Extras. Auf der Heckscheibe hatte er einen blauen Aufkleber mit weißem Piktogramm für Rollstuhlfahrer«, erläuterte Bernt.

      Wieder steckten sie ihre Köpfe zusammen. Er verstand nicht, worüber sie tuschelten. Hin und wieder warfen sie ihm einen kritischen Blick zu, bevor sie in andeutenden Gesten weiterflüsterten.

      Endlich schienen sie zu einem Ergebnis gekommen zu sein.

      »Der ist mit mir gefahren.«

      Der picklige Typ neben dem Seebären hatte eine eigenartig piepsige Stimme. Nervös wischte er sich die feuchten Handflächen an den Oberschenkeln ab. Bernt hätte wetten können, dass die Hose an den Schenkeln schon ganz speckig war.

      »Wann?«

      »Ich glaube, das war schon in der Nacht zum Mittwoch.

      Aber da bin ich mir nicht ganz so sicher. Der Wagen ist mir aufgefallen, weil der Typ nicht ausgestiegen ist. Die meisten steigen doch während der Fahrt aus und gucken aufs Meer oder vertreten sich die Beine oder rauchen eine.

      Aber der ist ganz still sitzen geblieben. Da bin ich näher ran, man weiß ja nie, nachher ist ihm übel oder so. Na ja. Da habe ich

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