Mord im Hause des Herrn. Franziska Steinhauer
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Читать онлайн книгу Mord im Hause des Herrn - Franziska Steinhauer страница 13
»Wir haben hier einen Toten, der unter dem Namen Gunnar Thaisen einen Wagen in Dänemark gemietet hat. Er konnte einen gültigen Führerschein und einen Ausweis vorlegen.«
»Na prima! Ich gratuliere! Und deshalb durchwühlt jetzt die dänische Polizei meine Firma und erzählt meiner Frau, ich sei ermordet worden! Es mag ja noch andere Gunnar Thaisens in Dänemark geben. So selten ist der Name ja wohl nicht.«
»Aber die werden wohl nicht alle unter deiner Adresse gemeldet sein, oder?«
»Meine Güte! Meine Adresse steht im Telefonbuch und im Internet auf der Website meiner Firma. Nichts leichter als das, die herauszufinden und sich gefälschte Papiere zu besorgen!«
»Sind die Kollegen noch bei dir? Gut, dann lass mich doch mal mit einem von ihnen sprechen.«
Lundquist deckte die Muschel mit der Hand ab, während er wartete.
»Dieser Gunnar Thaisen ist jedenfalls tatsächlich außerordentlich lebendig und stinksauer!«
Als sich einer der dänischen Ermittler meldete, besprachen sie, wie nun vorzugehen sei.
Gunnar Thaisen könne sich ausweisen, erfuhr Lundquist von seinem dänischen Kollegen, er sei Rollstuhlfahrer, habe auch einen Behindertenausweis und müsse sich kein Auto mieten, er fahre einen speziell für seine Bedürfnisse umgerüsteten knallroten Volvo S60 Cabrio.
»Aha. Gut. Dann müssen wir davon ausgehen, dass sein Name von dem Toten aus der Kirche nur benutzt wurde. Checkt vorsichtshalber noch sein Alibi für die Tatnacht – tja, tut uns aufrichtig leid.«
Ole kratzte sich nachdenklich am Kinn.
»Okay, er hat Recht. Es ist sicher kein Problem, seine Adresse rauszufinden: Er steht mit Anschrift im Telefonbuch und auf der Website seiner Firma. Trotzdem wurde der Name ja wohl nicht wahllos herausgepickt. Schließlich hat der Mörder ja auch gewusst, dass Gunnar Thaisen im Rollstuhl sitzt und vielleicht sogar, wie er aussieht. Er war also gut informiert und vorbereitet.«
Britta sah ihn missbilligend an.
Das raue Rascheln der Bartstoppeln, das entstand, wenn die Finger darüberfuhren, verursachte ihr ein unangenehmes Prickeln mit Gänsehaut vom Nacken abwärts.
Sie schüttelte sich.
»Ich frage mich, ob er dem echten Gunnar Thaisen wirklich sehr ähnlich sah. Immerhin hatte er sogar seine Haare gefärbt. Aber wollte er damit Ähnlichkeit erreichen oder nur sein eigentliches Aussehen verbergen? Können uns die Kollegen nicht ein Foto schicken?«
»Ja, können sie bestimmt. Ich werde sie anrufen. Wir müssen auch wissen, wie groß und schwer der echte Gunnar ist. Was soll die ganze Tarnung, wenn es dann an der Statur scheitert. Und wer sollte eigentlich getäuscht werden? Jemand, der Gunnar kannte? Dann müsste die Verwandlung tatsächlich nahezu perfekt gewesen sein. Und wozu?«
»Vielleicht eine Erbschaftsangelegenheit.«
Ole hatte ein Blatt vor sich hingelegt und begann wahllos Linien zu ziehen, die sich willkürlich kreuzten.
»Oder es ging um eine Frau«, mutmaßte Britta und lächelte süßlich.
»Britta, solltest du tatsächlich eine gut verborgene romantische Ader haben? Warum ist uns das bloß nie aufgefallen?«, stichelte Bernt.
»Wieso reagiert Ihr denn immer so ekelhaft, wenn die Liebe ins Spiel kommt, Meister Bernt? Habt Ihr vielleicht ein Problem mit der Romantik?«, konterte sie.
Lundquist trat ungerührt an die Pinnwand, um die allgemeine Konzentration wieder auf den Fall zu lenken.
»Was haben wir an konkreten Fakten?«, fragte er rhetorisch und begann aufzuzählen: »a) der Tote in der Kirche wurde nicht vom Kreuz erschlagen; b) wir wissen nicht, wo der Mord passiert ist; c) der Tote benutzte Rollstuhl und Wagen nur zur Tarnung; d) Name, Adresse waren korrekt angegeben, sind aber nicht seine Daten; e) offensichtlich hat er Gunnar Thaisen vorher ausspioniert; f) mehrere Täter haben den Mord gemeinschaftlich begangen oder zumindest zu vertuschen versucht, denn das Kreuz kann einer allein nicht bewegen.«
Während er sprach, schrieb er einige Stichworte auf Zettel und pinnte sie an die Wand.
»Es muss irgendeine Verbindung von Thaisen zu Holm geben«, meinte Bernt, »sonst macht doch die ganze Maskerade keinen Sinn. Und dass die Kirche nur durch Zufall als Ort für den Mord ausgesucht worden sein soll, kann ich auch nicht glauben.«
»Vielleicht hat das Opfer seine Mörder ja schon lange vor der Tat getroffen«, spekulierte Britta. »Geschäfte, irgendwas. Sie waren unterwegs und haben sich gestritten.
Sie schlugen auf Pseudo-Gunnar ein, und plötzlich war er tot. Da kamen sie auf die Idee, die Leiche in der nächsten Kirche zu deponieren, an der sie vorbeikommen würden.«
»Gut. Nur kommt man an der Kirche in Holm eben nicht einfach so vorbei. Sie steht am Ende der Straße auf einem Hügel. Man muss schon gezielt zu ihr hinfahren wollen«, gab Bernt zu bedenken.
»Aber es gibt doch sicher ein Hinweisschild an der Straße? Dem können sie einfach nachgefahren sein, wie es die Touristen im Sommer doch auch machen!«, ließ Britta nicht locker.
»Ich finde das nicht abwegig«, schaltete sich Ole ein. »Sie haben sich getroffen und sind in Streit geraten. Vielleicht ging’s ja wirklich um eine schöne Frau«, sagte er und warf Britta, die pawlowartig die Augen verdrehte, einen stechenden Blick zu.
»Das ist doch nicht dein Ernst!«
»Hast du nicht gerade eben auch von Liebe als Motiv gesprochen?«, verteidigte sich Ole patzig. »War doch deine eigene Idee!«
»Aber das habe ich nur ins Spiel gebracht, weil es das Lieblingsmotiv der versammelten Männlichkeit an diesem Tisch ist. Dieses Team ist manchmal so unglaublich testosteronlastig! Aber wenn du nur einen Augenblick ernsthaft darüber nachdenkst, musst du doch merken, dass Liebe oder Eifersucht als Motiv nicht tragen! Mein Gott, ehrenwerte Männer streiten um Frauen, erstechen Nebenbuhler, anschließend setzen sie sie im Kirchenschiff bei und bedecken ihre erkaltenden Körper als letzte Ehre mit einem Glaskreuz! Jagen wir hier denn ein Phantom der Oper, oder was?«, schäumte Britta auf. »Und nachdem sie den letalen Akt pietätvoll zelebriert hatten, haben sie nächtens das Gotteshaus in aller profanen Schnödigkeit einfach verlassen. Nicht wahr? So war es doch! So muss es doch gewesen sein! Ja, in der Oper, lieber Ole, aber nicht in der schnöden Aufführung, die man Realität nennt. Woher sollten sie denn wissen, frage ich dich, dass in der Kirche ein großes schweres Kreuz stand, das sich zur Vertuschung eines Mordes eignete, wenn sie gar nicht aus dem Ort waren?«
»Ist doch gar nicht gesagt, dass sie von dem Kreuz wussten«, antwortete Ole schwach; offensichtlich befand er sich schon auf dem geordneten Rückzug. »Vielleicht haben sie ja auch nur gedacht, in einer Kirche würde sich schon was Geeignetes finden.«
»Klar, das ist das erste, woran ich bei einer Kirche denke: Die ist voll mit Requisiten, die mir bei der Vertuschung eines Mordes behilflich sind! Mann, da hätten sie ja auch eine Orgelpfeife rausreißen und neben ihm drapieren können, damit wir Vollidioten von der Polizei denken, er wäre davon erschlagen worden.«
»Wie haben die sich eigentlich abgesetzt, frage ich mich – ohne Auto.«
»Divergierendes