Briefe über den Yoga. Sri Aurobindo

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Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo

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‚Wesen, geeint mit dem Göttlichen, müssen für uns die entscheidenden Faktoren sein – okkulte Gesetze und Erscheinungen muss man kennen, doch nur als Mittel, nicht als leitendes Prinzip. Das Okkulte ist ein weites, verschlungenes Feld und nicht ohne Gefahren. Man braucht sich von ihm nicht abzuwenden, doch sollte ihm keine vorrangige Bedeutung beigemessen werden.

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      Eine Tätigkeit der astralen Ebene in Verbindung mit astralen Kräften, begleitet von einem Verlassen des Körpers, ist kein spirituelles Ziel, sondern gehört in den Bereich des Okkulten. Sie hat mit dem Yoga nichts zu tun. Auch Fasten ist im Ashram nicht erlaubt, da es dem spirituellen Bestreben häufig mehr schadet als nützt.

      Das Ziel, das dir vorgeschlagen wurde, scheint dem Suchen nach okkulten Kräften anzugehören; ein derartiges Suchen wird jedoch von den meisten spirituellen Lehrern Indiens mit Missfallen betrachtet, da es auf einer niedrigeren Ebene steht und den Suchenden meist auf einen Pfad drängt, der ihn sehr weit vom Göttlichen fortführen kann. Besonders ein Kontakt mit Kräften und Wesen der astralen (oder, wie wir sie nennen, der vitalen) Ebene ist mit großen Gefahren verbunden. Die Wesen dieser Ebene stehen häufig dem wahren Ziel des spirituellen Lebens feindlich gegenüber; sie nehmen Kontakt mit dem Suchenden auf, bieten ihm Mächte und okkulte Erfahrungen an, doch nur, um ihn weit vom spirituellen Pfad fortzuführen oder ihre eigene Herrschaft über ihn zu gewinnen oder für ihre eigenen Zwecke von ihm Besitz zu ergreifen. Häufig stellen sie sich als göttliche Mächte dar, führen ihn durch falsche Beeinflussungen und Anregungen in die Irre und entstellen das innere Leben. Es gibt viele, die, angezogen von diesen Mächten und Wesen der vitalen Ebene, in einem endgültigen spirituellen Zusammenbruch oder in mentaler und physischer Verirrung und Zerrüttung endeten. Man kommt unweigerlich mit der vitalen Ebene in Berührung, man betritt sie in dem geweiteten Bewusstsein, das aus dem inneren Sich-Öffnen herrührt, doch sollte man sich nie in die Hände dieser Wesen und Kräfte geben oder sich von ihren Vorschlägen und Impulsen leiten lassen. Dies ist eine der Hauptgefahren des spirituellen Lebens, und vor ihr auf der Hut zu sein, ist für den Suchenden, der sein Ziel erreichen will, unbedingt erforderlich. Es ist richtig, viele überstoffliche oder übernatürliche Fähigkeiten stellen sich mit der Bewusstseinsausweitung im Yoga ein; es ist für einen Yogi etwas durchaus Übliches, sich aus dem Körperbewusstsein zu erheben oder mit Hilfe feinstofflicher Mittel auf der überphysischen Ebene zu wirken usw. Diese Fähigkeiten werden jedoch nicht gesucht, sondern kommen ganz natürlich und haben keinen astralen Charakter. Sie dürfen auch nur im ausschließlich spirituellen Bereich gebraucht werden, d. h. durch den Göttlichen Willen und die Göttliche Kraft, als ein Instrument, doch niemals als Handhabung für die Kräfte und Wesen der vitalen Ebene. Diese um Hilfe für derartige Fähigkeiten anzugehen, ist ein großer Fehler.

      Anhaltendes Fasten kann zu einer Reizung des Nervensystems führen und wird oft von lebhaften Einbildungen und Halluzinationen begleitet, die man für wahre Erfahrungen hält. Ein solches Fasten wird häufig von vitalen Wesenheiten suggeriert, da es das Bewusstsein aus dem Gleichgewicht bringt, was ihren Plänen förderlich ist. Dies ist der Grund, weshalb wir es nicht gerne sehen. Die zu befolgende Regel ist in der Gita festgelegt und lautet: „Yoga taugt nicht für einen, der zu viel isst, oder für einen, der gar nicht isst“; das bedeutet also ein vernünftiges Maß an Essen, das ausreicht, um die Gesundheit und die Kraft des Körpers aufrechtzuerhalten.

      Eine Bruderschaft in der Art, wie du sie beschreibst, gibt es in Indien nicht. Es gibt Yogis, die okkulte Mächte zu erlangen und anzuwenden suchen, doch sind es einzelne, die von einem bestimmten Meister unterwiesen werden. Okkulte Gemeinschaften, Logen, Bruderschaften, wie sie von europäischen Okkultisten beschrieben werden, sind in Asien nicht bekannt.

      Was die Geheimhaltung anbelangt, so ist ein gewisses Maß an Diskretion oder ein gewisses Stillschweigen über die Anweisungen des Gurus und die eigenen Erfahrungen ratsam, doch ist keinesfalls eine absolute Geheimhaltung oder Geheimnistuerei geboten. Ist einmal ein Guru gewählt, darf nichts vor ihm verborgen werden. Die Suggerierung der völligen Geheimhaltung ist jedoch oft ein Trick astraler Mächte, die das Suchen nach Erleuchtung und Beistand verhindern wollen.

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      All diese deine „Experimente“ gründen in der vitalen Natur und dem Mental, das mit ihr in Verbindung steht; auf dieser Grundlage aber ist man vor Falschheit und elementarem Irrtum nicht sicher. Die sich entfaltenden Mächte – ob groß oder klein – sind keine Bürgschaft gegen eine Abkehr von der Wahrheit; und wenn du den Stolz, die Arroganz, das Zur-Schau-Stellen von Macht sich einschleichen und von dir Besitz ergreifen lässt, wirst du mit Sicherheit in die Irre gehen und der Macht der rajasischen Maya und Avidya zum Opfer fallen. Unser Ziel ist nicht, Mächte .zu erlangen, sondern zum göttlichen Wahrheits-Bewusstsein aufzusteigen und seine Wahrheit in die niederen Wesensteile herabzubringen. Mit der Wahrheit werden sich alle erforderlichen Mächte einstellen, nicht als eigene, sondern als die des Göttlichen. Der Kontakt mit der Wahrheit kann nicht durch rajasisch-mentale und vitale Selbstanmaßung wachsen, sondern allein durch seelische Reinheit und Hingabe.

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      Die astasiddhis, die okkulten Mächte, wie sie im gewöhnlichen Yoga erlangt werden, sind vitale Mächte oder, wie im Raja-Yoga, mentale siddhis. Ihre Anwendung ist gewöhnlich unsicher und gefährlich, da sie von der Aufrechterhaltung des Vorganges abhängig sind, durch den sie erlangt wurden.

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      Mit der „physischen Natur“ ist nicht allein der Körper gemeint; dieser Ausdruck umfasst vielmehr die Umwandlung des gesamten physischen Mentals, Vitals und der physischen Natur – nicht indem sie ihnen siddhis [außergewöhnliche oder okkulte Mächte] auferlegt, sondern indem sie eine neue physische Natur schafft, welche die Bleibe des supramentalen Wesens in einer neuen Evolution sein wird. Es ist mir nicht bekannt, dass dies durch einen Vorgang des Hatha-Yoga oder irgendeinen anderen Vorgang erreicht wurde. Mentale oder vitale okkulte Macht kann lediglich die siddhis der höheren Ebenen in das individuelle Leben herabbringen – so wie es das Beispiel des sannyasin zeigt, der Gift unbeschadet nehmen konnte, doch schließlich an einem Gift starb, als er vergaß, die Bedingungen der siddhis einzuhalten. Das Wirken der erwarteten supramentalen Macht besteht nicht in einem Einfluss auf den Körper, der ihm anomale Fähigkeiten verleiht, sondern darin, dass diese in ihn eindringt, ihn durchdringt, wodurch er ganz und gar in einen supramentalen Körper gewandelt wird. Ich entnahm diese Idee nicht dem Veda oder den Upanishaden und weiß auch nicht, ob es irgend etwas dieser Art dort gibt. Was ich über das Supramental empfing, war ein direktes, kein abgeleitetes Wissen; erst später fand ich gewisse bestätigende Enthüllungen in den Upanishaden und dem Veda.

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      Es gibt viele Yogis der vedantischen Schule, die sowohl die siddhis als auch die letzte Befreiung anstreben – ich vermute, sie würden sagen, sie nehmen die siddhis mit auf den Weg zum nirvana. Die Harmonisierung liegt im Supramental – in der Göttlichen Wahrheit, die statisch und zugleich dynamisch ist, in einem Zurückweichen und Verlöschen der Unwissenheit, in einer neuen Schöpfung im Göttlichen Wissen.

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      Ich habe das „Yoga Vasista“ nicht selbst gelesen, doch nach dem, was ich darüber hörte, muss es ein Buch sein, das jemand mit bemerkenswertem okkulten Wissen schrieb.

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