Miryams Geheimnis. Ruth Gogoll

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Miryams Geheimnis - Ruth Gogoll

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. . . nun ja . . . gut aussah. Elegant irgendwie, und doch schien es so, als könnte sie auch ganz anders sein. Ihre Durchsetzungsfähigkeit stand wohl außer Frage.

      Sie war wie eine dieser Frauen, die man immer in Werbespots sah. Die morgens supergestylt das Haus verließen und abends genauso zurückkehrten, ohne dass auch nur ein Härchen der perfekten Frisur verrutscht war. Die irgendwelche Vorträge hielten, charmant und kompetent, als ob das nichts wäre.

      Ella fühlte sich selten so kompetent, und charmant . . . also da spielte Miryam offenbar in einer ganz anderen Liga. Verglichen mit ihr hätte Ella sich selbst eher in die Kategorie Trampel eingeordnet, obwohl sie das durchaus nicht immer so sah. Sie konnte schon etwas aus sich machen, wenn sie wollte, nur hatte sie selten Lust dazu – und ehrlich gesagt noch viel weniger Anlass.

      Früher war sie auch einmal auf die eine oder andere Party gegangen, aber mittlerweile arbeitete sie so viel, dass sie sich in ihrer knappen Freizeit eher erholen wollte als sich noch mehr zu verausgaben. Zudem gaben ihr Partys nichts. Oberflächliche Musik, oberflächliche Leute, oberflächliche Gespräche – das war nichts als Zeitverschwendung. Da schlief sie lieber ein paar Stunden mehr in der Nacht.

      Sie schloss ihre Augen und stellte sich die von Miryam vor. Interessante Augen, hatte es kurz in ihrem Kopf aufgeblitzt, und wenn sie länger darüber nachdachte, wurde ihr jetzt auch klar, warum.

      Miryams Augen waren grau, aber sie strahlten, als wäre Grau eine faszinierende Farbe.

      4

      Warum habe ich das gesagt? dachte Miryam, während sie am Steuer ihres Wagens saß und durch die Stadt fuhr. Eigentlich hatte sie gar keine Zeit für zusätzliche Aufgaben oder Erledigungen. Ihr Tag war so schon mehr als ausgefüllt, und manchmal war es sogar schwer, ein paar Minuten für das zu finden, was unbedingt besprochen oder getan werden musste.

      Und hier fuhr sie nun durch die Stadt, für eine wildfremde Frau – ja, das war sie, sie kannten sich überhaupt nicht – und noch nicht einmal für sie, sondern für ihren Hund. Hilfsbereitschaft war ja eine gute Sache, aber sie musste auch Grenzen haben.

      Aber nun hatte sie es versprochen, und wenn sie etwas versprach, war das für sie wie eine Kette, an die sie gelegt worden war. Es gab keinen Weg, sich von einem Versprechen zu lösen, außer es zu erfüllen. Deshalb sollte sie vielleicht besser aufpassen, was sie versprach.

      Normalerweise tat sie das auch, aber diese junge Frau . . . Die löste etwas in ihr aus, das sie nicht genau benennen konnte. Sie kannte sie nicht, und doch schien es ihr manchmal so, als hätten sie sich irgendwo schon einmal getroffen. Als hätten sie sich miteinander unterhalten und festgestellt, dass sie sich verstanden, als könnten sie sich vertrauen.

      Vertrauen. Miryam stieß unzufrieden die Luft aus. Wem konnte man schon vertrauen? Ja, sie verließ sich auf ihre Mitarbeiter. Was die Arbeit betraf. Sie verließ sich auf Handwerker und Lieferanten. Und fiel oft genug damit herein. Aber auch das war Arbeit. Damit musste man rechnen.

      Aber privat? Konnte man privat irgendjemandem vertrauen, sich auf irgendjemanden verlassen? Die meisten versprachen viel und hielten wenig. Oder sie versprachen einem etwas, damit sie das bekamen, was sie selbst haben wollten. Eine Frau konnte Sex versprechen – und den bekam man dann auch. Aber wenn sie bekommen hatte, was sie wollte, zeigte sie ihr wahres Gesicht. Oder war gleich ganz verschwunden. Unter Umständen auch mit etwas in der Tasche, das nicht ihr gehörte.

      Geschäftspartner konnte Miryam ganz gut einschätzen. Auch bei Mitarbeitern hatte sie sich selten geirrt. Aber privat . . . privat hatte sie das Gefühl, dieses Talent schon lange verloren zu haben. Falls sie es je besessen hatte. Na ja, vielleicht ganz am Anfang . . .

      Aber nein, auch da nicht. Schon ihre Mutter hatte ihr Versprechen nicht gehalten, die Familie, die sie gegründet hatte, auch zu versorgen, sich um sie zu kümmern. Und ihr Vater hatte diese Absicht ohnehin nie gehabt. Er hatte eine Familie gehabt, weil sich das so gehörte. Nicht unbedingt, weil er eine wollte. Und das hatte er sie alle auch immer spüren lassen.

      Deshalb waren Geschäftsbeziehungen besser. Da gab es Verträge, und die mussten beide Seiten einhalten. Wenn sie nicht eingehalten wurden, gab es legale Mittel, dagegen vorzugehen. Das war nichts Persönliches. Und es war ganz klar, was welche Seite zu leisten hatte. Was nicht im Vertrag stand, wurde auch nicht erwartet.

      Im Privatleben war das anders. Da waren die Dinge, die man zu tun und zu lassen hatte, durch Vereinbarungen geregelt, die in keinem Vertrag standen. Deshalb konnte man sie auch nicht einklagen. Erwartungen an eine andere Person konnte man haben, aber man durfte nicht damit rechnen, dass sie auch erfüllt wurden. Deshalb war es am besten, man schraubte seine Erwartungen so weit herunter, dass man gar nicht erst enttäuscht werden konnte.

      Und doch machte sie sich immer wieder Hoffnungen. Manche Frauen hatten es sehr gut raus, diese Hoffnungen auszunutzen. Es schien, als hätten sie ein eigenes Organ dafür. Sie konnten sich so verstellen, dass nichts von ihrer wahren Persönlichkeit an die Oberfläche drang. Bis es zu spät war.

      Machte sie sich schon wieder Hoffnungen, obwohl sie sich eigentlich vorgenommen hatte, das nie mehr zu tun?

      Aber diese junge Frau . . . Nein. Das konnte nicht sein. Sie war viel zu jung. Sie hatte ganz andere Interessen, ein ganz anderes Leben. Nichts davon war wahrscheinlich mit Miryam vergleichbar.

      Aber sie lebte anscheinend allein und hatte einen Hund. Viele junge Leute lebten noch bei den Eltern. Ließen sich versorgen, statt sich selbst um ihr tägliches Leben zu kümmern. Blieben solange Kinder, wie ihre Eltern es erlaubten, und kümmerten sich um nichts als sich selbst, als vielleicht den nächsten Rave, auf dem sie ihre Zeit verschwendeten, eventuell sogar noch unter Drogeneinfluss, was die Verschwendung noch massiver machte.

      Diese junge Frau sah nicht so aus. Sie machte sich Sorgen um ihren Hund. Sie übernahm Verantwortung, statt sie auf ihre Eltern oder irgendjemand anderen abzuschieben. So jung sie auch war, aber sie war kein Kind mehr.

      Nein, ein Kind war sie wirklich nicht . . . Miryam schluckte. Unter dem dünnen Krankenhaushemdchen hatte sie ihre Brüste gesehen. Das waren keine Teenagerbrüste, das waren die Brüste einer Frau.

       An so etwas sollte ich jetzt nicht denken. Sie ist krank!

      Aber eines Tages wird sie ja wieder gesund sein . . .

      »Sie haben Ihr Ziel erreicht.« Die unerotische Frauenstimme aus dem Navi machte all ihre Phantasien schon im Anfangsstadium zunichte.

      Sie seufzte. »Na, dann kümmern wir uns erstmal um den Hund. Alles Weitere wird sich finden.«

      Alles Weitere? Was denn Weiteres?

      Aber diese Frage aus ihrem Inneren beantwortete Miryam nicht, sondern stieg mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck aus.

      5

      »Sind Sie Ella Cziebinsky?« Von einer ziemlich harten Stimme wurde Ella geweckt.

      Etwas verwirrt öffnete sie die Augen und sah eine Frau vor sich, die sie noch nie zuvor gesehen hatte. »Ja?«, murmelte sie schläfrig.

      »Sie haben die Versicherungsunterlagen nicht vollständig ausgefüllt.« Die Frau trat auf sie zu und hielt ihr mit einer Gehorsam einfordernden Geste ein Klemmbrett entgegen, auf dem sich offenbar ein paar Formulare befanden.

      Mit ihrer linken Hand zeigte Ella auf ihren verletzten rechten Arm. »Ich kann

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