Miryams Geheimnis. Ruth Gogoll

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Miryams Geheimnis - Ruth Gogoll

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persönlich angegriffen oder beleidigt. Sie war klein und schmächtig, eine Frau in mittleren Jahren mit einem grauen Schimmer in ihrem kurzen dunklen Haar, aber von ihrer Ausstrahlung her hätte sie genauso gut der Bulldozer sein können, von dem Ella das Gefühl hatte, dass er sie hätte überfahren haben können.

      »Dann diktieren Sie mir eben«, beschloss sie offensichtlich widerwillig und platzierte das Klemmbrett wieder vor ihrer eigenen, recht opulenten Brust. »Bei welcher Versicherung sind Sie?« Abschussbereit wie ein Dartpfeil lag der Kugelschreiber in ihrer Hand.

      Das habe ich kommen sehen. Ella seufzte innerlich. Aber was nützte es? Sie musste die Wahrheit sagen. »Ich bin bei keiner Versicherung«, erklärte sie korrekterweise. »Ich kann mir keine Krankenversicherung leisten.«

      Die bislang verkrampft zusammengezogenen Augenbrauen der Frau schossen in die Höhe. Sie waren ebenso dunkel wie ihr Bürokostüm, das sie fast wie eine Uniform als eine Verwaltungsangestellte des Krankenhauses auswies. Sonst hätte sie ja einen weißen Kittel getragen. »Und wer bezahlt dann Ihren Aufenthalt hier? Sie selbst?«

      Bedauernd schüttelte Ella den Kopf. »Das werde ich wohl nicht können. Jedenfalls nicht alles auf einmal. Aber ich verspreche Ihnen, dass ich das in Raten abzahlen werde, bis alles bezahlt ist.« Sie holte tief Luft. »Egal, wie lange es dauert.«

      »Dreißig Tage«, gab die Angestellte trocken Auskunft.

      Entsetzt riss Ella die Augen auf. »Dreißig . . . Tage?«

      »Nach Erhalt der Rechnung«, präzisierte die Hüterin der Verwaltungsunterlagen das. »Die Sie bekommen, nachdem Sie entlassen worden sind. Jetzt müssen Sie noch nichts bezahlen.«

      »Na, das tröstet mich jetzt aber sehr.« So schockiert, wie Ella war, konnte sie das nur ironisch kommentieren und atmete aus. »Aber auch nach dreißig Tagen werde ich nichts zahlen können. Eine kleine Summe vielleicht, aber auf keinen Fall die ganze Rechnung. Denn die wird ja nicht nur fünf Euro betragen.«

      Beinah bestürzt sah die Frau sie an. »Fünf Euro? Sie denken, die Behandlung hier kostet nur fünf Euro?«

      »Nein, natürlich denke ich das nicht.« Automatisch wollte Ella den rechten Arm heben, um abzuwinken, aber da spürte sie sofort einen stechenden Schmerz, der sie im selben Moment, als sie das versuchte, erstarren ließ.

      »Also, Sie können nicht bezahlen«, schloss die Verwaltungsangestellte aus dem, was sie nun an Informationen von Ella bekommen hatte, und wirkte so, als hätte Ella das Krankenhaus oder sogar sie ganz persönlich mit Absicht betrügen wollen.

      »Nein, kann ich nicht.« Ella seufzte. »Das sagte ich ja schon. Höchstens in ganz kleinen Portionen. Sobald ich wieder gesund bin und arbeiten kann. Aber etwas anderes kann ich Ihnen nicht versprechen. Dann würde ich lügen.«

      »Das hätten Sie gleich bei Ihrer Ankunft auf dem Formular angeben müssen.« Die Frau war offensichtlich erbost. Was bei ihrer Verständnislosigkeit für die Situation aber vielleicht auch kein Wunder war.

      In meinem Zustand? dachte Ella völlig verblüfft. Wie hätte ich das denn machen sollen?

      »Und was hätten Sie dann getan? Sie einfach im Straßengraben liegen lassen?«, fragte da eine Stimme von der Tür her.

      »Nein, natürlich nicht.« Jetzt war die Angestellte des Krankenhauses noch mehr verärgert. »Wir leisten auf jeden Fall Erste Hilfe. Dazu sind wir verpflichtet.«

      »Aha«, sagte Miryam. »Aber zu mehr nicht. Ist das richtig?«

      Der Feldwebel schien überfordert.

      »Auf jeden Fall brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, wer dafür die Rechnung bezahlt«, fuhr Miryam ganz geschäftsmäßig fort. »Ich bürge dafür.« Sie zog eine Visitenkarte aus der Tasche und hielt sie der Verwaltungsangestellten hin. »Hier sind meine Daten. Die können Sie jetzt gleich in Ihre Unterlagen aufnehmen, damit sie . . . vollständig sind.«

      Schon vorher war die Schreibtischstute überfordert gewesen, jetzt sah man es ihr noch deutlicher an. »Sind Sie mit Frau Cziebinsky verwandt, Frau . . .«, sie blickte auf die Visitenkarte und las den Namen, »Marhold?«, fragte sie völlig verdattert.

      »Geht Sie das etwas an?«, fragte Miryam leicht süffisant zurück. »Ihnen geht es doch nur darum, dass Sie Ihr Geld bekommen. Und das werden Sie. Darauf können Sie sich verlassen.« Sie wies mit dem Kopf zur Tür. »Würden Sie jetzt bitte gehen? Ich glaube, hier ist für Sie alles erledigt.«

      Einen Augenblick zögerte die Angestellte noch, als ob Sie sich nicht entscheiden könnte, ob sie Miryam glauben sollte oder nicht, doch dann griff sie nach der Visitenkarte, klemmte sie auf ihr Brett, drehte sich um und verließ das Zimmer.

      »Das können Sie nicht tun«, protestierte Ella schon, als die Frau im dunklen Kostüm noch nicht einmal ganz aus ihrem Blickfeld verschwunden war. Zuvor war ihr das vor lauter Erstaunen über Miryams Verhalten gar nicht möglich gewesen. Es hatte sie völlig auf dem falschen Fuß erwischt, so sehr hatte es sie überrascht. So etwas hatte sie noch nie erlebt. »Ich kann die Rechnung nicht bezahlen, und das heißt, Sie müssten sie bezahlen. Das geht nicht.«

      »Warum sollte das nicht gehen?« Miryam legte ihre durchsetzungsfähige Oberfläche nicht ab, aber sie versüßte sie mit einem leichten Lächeln. »Es ist doch nur Geld. Geld ist nicht wichtig.«

      Etliche Sekunden lang starrte Ella sie entgeistert an. »Wenn man es hat«, brachte sie dann etwas überrumpelt hervor. »Sonst kann es auf einmal sehr wichtig werden. Wenn man zum Beispiel einen Unfall hat, mit dem man nicht gerechnet hatte.«

      »Übrigens: Inka geht es gut«, erklärte Miryam beiläufig, als ob sie gar nicht gehört hätte, was Ella gesagt hatte. Zumindest wollte sie offensichtlich nicht darauf eingehen. »Nur zu Ihrer Beruhigung. Ihre Nachbarin hatte sich tatsächlich schon um sie gekümmert, bevor ich kam. Sie hat für alles gesorgt, und sie ist jetzt auch bei ihr.«

      Sofort vergaß Ella alles, was sie zuvor vielleicht bedrückt haben mochte. Ein großer erleichterter Seufzer entrang sich ihrer Brust. »Das ist gut. Danke.«

      Abwehrend hob Miryam die Hände. »Ich habe nichts getan. Ihre Nachbarin verdient den Dank. Sie ist eine sehr nette Frau, wie mir scheint.«

      »Ja, das ist sie.« Ella lächelte. »Sie redet mir immer zu, dass ich mir endlich einen festen Job mit Versicherung und allem besorgen soll. Sie ist wie eine Mutter zu mir.« Mit gerunzelter Stirn hob Ella die Augenbrauen. »Vielleicht hätte ich mal auf sie hören sollen. Aber das ist gar nicht so leicht.«

      »Auf jemanden zu hören?«, fragte Miryam anscheinend verwundert.

      »Einen versicherungspflichtigen Job zu finden, wenn man keine richtige Ausbildung hat«, erklärte Ella.

      »Sie haben keine Ausbildung?« Das überraschte Miryam sichtlich.

      »Ein abgebrochenes Studium«, sagte Ella. »Das zählt glaube ich nicht.«

      »Dann nehmen Sie das Studium doch einfach wieder auf.« Für Miryam schien das die logische Folge zu sein.

      »Einfach«, wiederholte Ella seufzend. »Wenn das so einfach wäre. Auch für ein Studium muss man Geld haben. Meinen Lebensunterhalt muss ich weiterhin verdienen. Und dazu noch in die Uni gehen. Was die Möglichkeit, Jobs zu finden, noch weiter einschränkt. Das kann ich mir nicht leisten. Entweder ich arbeite und kann

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