Miryams Geheimnis. Ruth Gogoll

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Miryams Geheimnis - Ruth Gogoll

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Sie die Fahrt!«

      Im nächsten Moment wünschte Ella sich, sie hätte wirklich Anschnallgurte gehabt. Selina machte eine Art Seifenkistenrennen aus der Fahrt, je schneller, desto besser.

      Mit ihrem gesunden Arm hielt Ella sich an der Armlehne des Rollstuhls fest, mit dem anderen musste sie einfach auf ihr Glück hoffen, dass sie nicht in irgendeiner Ecke landen würde, weil Selina den Rollstuhl nicht mehr halten konnte. Dann würde sie sich den Arm wahrscheinlich noch einmal brechen.

      Wie ein Pferd, das ein Hindernis verweigert, stemmte Selina plötzlich die Füße in den Boden und hielt an. Dass Ella nicht nach vorn aus dem Rollstuhl flog, war ein reines Wunder. Sie atmete etwas schwer von der Anstrengung, sich nicht nur die ganze Zeit, sondern jetzt zum Schluss sogar noch besonders krampfhaft festhalten zu müssen.

      Es schien, als hätte Selina davon überhaupt nichts bemerkt. »Das hier ist das Wohnzimmer, wie du dir vielleicht denken kannst«, erklärte sie, während sie an Ella vorbei auf einen großen Kamin an der Wand zutrat. »Der ist nicht echt, wird mit Gas betrieben.« Ihre Stimme klang gelangweilt bis abschätzig. »Angeblich gemütlich, sagt Miry.«

      »Bestimmt gemütlich«, bestätigte Ella. Ihre Stimme klang im Gegensatz zu der von Selina bewundernd.

      Nachdem sie sich von der rasenden Fahrt erholt hatte, konnte sie nun endlich ihren Blick durch diesen Raum schweifen lassen, der ihr fast so groß erschien wie die Eingangshalle. Doch im Gegensatz zu der Halle kam man sich hier nicht wie in einem Veranstaltungssaal oder in einer Galerie vor.

      Das mit der Galerie stimmte nicht so ganz, denn auch hier hingen Bilder an den Wänden, die wahrscheinlich nicht billig gewesen waren, vorsichtig ausgedrückt. Zwar war Ella keine Kunstkennerin, aber solche Bilder, davon ging sie aus, kaufte man nicht im Dutzend oder als Meterware.

      Vor dem Kamin standen mehrere Sessel im altenglischen Stil. Das ganze Zimmer war so eingerichtet, mit Antiquitäten, die vom Preis her auf jeden Fall zu den Bildern an den Wänden passten.

      Im Gegensatz zu der lichtdurchfluteten Halle mit der Glaswand war das hier jedoch ein eher schattiger Raum, hauptsächlich in Brauntönen und dunklen Rottönen gehalten, mit einigen helleren Details, damit es nicht eintönig oder bedrückend wirkte. Die Einrichtung war ausgesprochen stimmig, nichts schien zu fehlen und alles schien am richtigen Platz zu sein.

      »Hier kann man sich bestimmt wohlfühlen«, sagte Ella leise. »Abends am Kamin . . . mit einem Buch in der Hand . . .«

      »Mit einem Buch?« Selinas Kommentar zu Ellas Aussage klang ziemlich entgeistert. »Du liest Bücher?«

      Das riss Ella aus ihrer etwas verträumten Stimmung in die Wirklichkeit zurück. »Deine Schwester sagte, du studierst«, entgegnete sie und blickte zu Selina hoch. »Da musst du doch auch Bücher lesen.«

      »Aber doch nicht in Papierform.« Herablassend schüttelte Selina den Kopf. »Ich mache das alles auf dem Tablet.«

      In Gedanken musste Ella zugeben, dass die Vorstellung, mit einem Tablet vor dem Kamin zu sitzen, nicht ganz so romantisch war und nicht ganz so viel Gemütlichkeit ausstrahlte wie die, mit einem echten Buch vor dem flackernden Feuer zu sitzen und die wechselnden Schattenspiele auf den gedruckten Seiten zu verfolgen, aber zum Schluss war Lesen wohl Lesen.

      »Ein Tablet«, sie räusperte sich, »kann ich mir nicht leisten. Ich habe nur ein Handy.«

      Erstaunt blickte Selina sie an. Für einen Moment war sie von Ellas Aussage wie stummgeschaltet. »Du kannst dir kein Tablet leisten?«, fragte sie dann ungläubig. Das schien nicht in ihre Welt zu passen. Ein paar Sekunden lang sah sie so aus, als könnte sie sich überhaupt keinen Reim darauf machen. »Aber die sind doch gar nicht teuer.«

      Wieder versuchte Ella, die Schultern zu zucken, was aber darin endete, dass eine Schulter hochgezogen wurde, die andere jedoch steif blieb, was ihr für einen kurzen Augenblick eine Silhouette verlieh, als hätte sie einen Buckel. »Teuer ist relativ«, antwortete sie. »Für dich und deine Schwester ist ein Tablet wahrscheinlich tatsächlich nicht teuer. Für mich schon. Ich habe nicht sehr viel Geld.«

      Das überstieg offensichtlich Selinas Vorstellungskraft. Sie starrte Ella so an, als fragte sie sich, was für eine Art von Wesen sie war. Ob sie eventuell aus einem anderen Universum stammte. »Ich muss dir noch den Rest des Hauses zeigen«, sagte sie, trat wieder auf Ellas Rollstuhl zu und stellte sich dahinter. »Und den Garten«, fügte sie unzufrieden seufzend hinzu.

      Diesmal war die Fahrt nicht ganz so wild, vielleicht hatte Selina Ella beim ersten Mal nur erschrecken wollen. Oder sie hatte einfach nicht darüber nachgedacht, und nun hatte sie keine Lust mehr, die Rollstuhlrennfahrerin zu spielen. Sie schob Ella in den nächsten Raum, der so eine Art Tanzsaal war. Hier konnte man sicherlich gut Partys feiern.

      Der nächste Raum war dann Miryams Büro, wo sie auf Frau Molitor und eine junge Frau trafen, die eine Couch in ein Bett verwandelte. Verwundert stellte Ella fest, dass Frau Molitor wohl nicht die einzige Hausangestellte war, und sie fragte sich, wie viele es noch gab. Eine Köchin vielleicht oder sogar einen Butler? Der hätte auf jeden Fall zu diesem Haus gepasst.

      »Wir räumen hier noch ein bisschen um, damit Sie sich hier besser mit dem Rollstuhl bewegen können«, erklärte Frau Molitor freundlich lächelnd wie immer.

      Ella sah sich um. Auch dieser Raum war ziemlich groß, aber nicht so groß wie das Wohnzimmer oder gar der Tanzsaal, den sie eben schon besichtigt hatte. Es war ein eher funktionaler Raum, und doch hatte er eine persönliche Note. Miryams persönliche Note sicherlich. Die Ella ausgesprochen gut gefiel. Auch sie selbst hätte sich in so einem Büro durchaus wohlgefühlt.

      Doch so, wie Miryam immer herumzischte, war sie wahrscheinlich gar nicht so oft hier. Dafür war das Büro allerdings sehr nett eingerichtet.

      »Ich werde schon zurechtkommen«, erwiderte Ella mit einem Blick auf Frau Molitor dankbar. »Bitte machen Sie sich nicht zu viel Mühe. Ich bleibe nur so lange wie nötig. Ich hoffe, ich kann bald wieder nach Hause.«

      »Schon gut.« Frau Molitor lächelte sie begütigend an. »Das macht keine große Mühe. Wir wollen doch, dass Sie sich hier wohlfühlen.«

      Frau Molitor wollte das bestimmt, da war Ella sicher. Selina war es wahrscheinlich egal. Und Miryam? Das war die große Frage.

      »Wo seid ihr denn alle?«, erklang da plötzlich eine Stimme von der Halle her.

      Im nächsten Moment quietschte es, und ein Wirbelwind kam durch die Tür gefegt, der sich dann an Ellas Beinen fing und sich um sie herumwand. Unaufhörliche hohe Freudenlaute erfüllten das Zimmer.

      »Inka!« Ella traten die Tränen in die Augen, als sie sich zu ihrer Hündin hinunterbeugte. »Geht es dir gut, meine Süße?«

      Die kleine Hündin schien sich überhaupt nicht mehr beruhigen zu können.

      »Ich glaube, jetzt geht es ihr sehr gut«, beantwortete Miryam Ellas Frage von der Tür her. »Auf jeden Fall musste ich nicht nach euch suchen. Sie wusste genau, wo ihr wart.« Sie lächelte leicht.

      »Hunde wissen das immer«, ergänzte Frau Molitor das mit einem geradezu mütterlichen Lächeln. »Das ist Ihr Hund?« Trotz der Frageform war das mehr eine Feststellung, als sie Ella nun ansah.

      Ella nickte und versuchte, ihre Tränen zurückzuhalten. »Ja, das ist mein Hund«, bestätigte sie schluckend. »Ich habe dich so vermisst«, sagte sie leise zu Inka, die sich jetzt langsam

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