Die Mineralwasser- & Getränke-Mafia. Marion Schimmelpfennig

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target="_blank" rel="nofollow" href="#ulink_e22479e5-0ac9-5c49-b427-994e554f9938">4, einem Abbauprodukt von Pflanzenschutzmitteln, überschritten. Das Land musste zahlreiche Ausnahmegenehmigungen erteilen, damit das Wasser weiter aus dem Wasserhahn fließen konnte. Wenn Wasser, das DMSA enthält, bei der Trinkwasseraufbereitung mit Ozon behandelt wird, entsteht übrigens N-Nitrosodimethylamin (NDMA), ein Nitrosamin, das stark genotoxisch ist. Doch auch das ist kein größeres Problem, denn bis zur „Behebung“ kann für die Dauer von 10 (!) Jahren eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden. Auch in Rottenburg an der Laaber gab es größte Probleme: Seit 2010 wurde der Grenzwert für das Pestizid-Abbauprodukt Desethylatrazin regelmäßig überschritten. Der Wasserversorger erhielt deshalb eine Ausnahmegenehmigung bis zum 1. September 2015. Inzwischen ist eine teure Aufbereitungsanlage in Betrieb, mit der die Rückstände herausgefiltert werden können. Die Stadt Rottenburg empört sich auf ihrer Website zu Recht:

      „Dann könnte man sich ja eigentlich zurücklehnen und sagen, dass nun alles in Ordnung ist, lediglich mehr für das Wasser zu bezahlen ist, denn den erhöhten Aufwand tragen wir Wasserkunden. Das Dramatische ist aber eigentlich etwas ganz anderes. Über lange Zeit konnte das Wasser so wie es gefördert wurde, in die Leitung eingespeist werden. Ab sofort ist dies ohne Behandlung des Grundwassers nicht mehr möglich. Schon erschreckend, wenn wir von unserem ‚wichtigsten Lebensmittel‘ sprechen. Der Bau von neuen Brunnen und Aufbereitungsanlagen ist keinesfalls die Lösung für die zunehmende Belastung unseres Grundwassers, sondern die zwingende Reaktion des Wasserversorgers darauf. Die eigentliche Herausforderung bestünde jedoch in der Ursachenbekämpfung. Dem Wasserzweckverband fehlt dazu eine rechtliche Grundlage. Wenn die zuständigen Organe und auch die große Politik weiterhin die vorhandenen Missstände verharmlosen oder sogar ignorieren, wird sich an dieser negativen Entwicklung leider nichts ändern. Übrigens, die hohe Nitratbelastung im Grundwasser ändert sich mit der Aufbereitung nicht.“

      Auch Mineralwasserhersteller arbeiten häufig mit Ausnahmegenehmigungen. Zum Beispiel die westpfälzische Schlemmer Mineralbrunnen GmbH. Deren absatzstärkstes Produkt wies einen erhöhten Barium-Wert auf und hätte eigentlich nicht mehr verkauft werden dürfen. Abhilfe schuf eine Ausnahmegenehmigung, die sage und schreibe drei Mal verlängert wurde. Der Hersteller war jedoch auch nach Ablauf dieser Ausnahmegenehmigung Ende 2010 nicht in der Lage (oder willens), den Barium-Gehalt unter die gesetzliche Höchstmenge zu bringen, und musste deshalb Anfang 2011 den Betrieb schließen. Interessant ist in diesem Zusammenhang noch Folgendes: Aufgrund der Ausnahmegenehmigung durfte dieses Mineralwasser über Jahre hinweg verkauft werden. Doch nachdem das Unternehmen Insolvenz angemeldet hatte, wurde der Handel informiert, damit die Verkaufsstellen das betroffene Wasser umgehend aus dem Sortiment nehmen können. Weshalb eigentlich, wenn es doch jahrelang angeblich völlig ungefährlich war?

      Energy-Drinks sind längst in Verruf geraten – völlig zu Recht, wie ich meine (und wie Sie noch lesen werden) – doch eines wussten Sie vermutlich nicht: Dass es Energy-Drinks in dieser Form überhaupt zu kaufen gibt, war nur aufgrund von Allgemeinverfügungen und Ausnahmegenehmigungen möglich. Der Hintergrund: In koffeinhaltigen Getränken sind normalerweise Koffeingehalte zwischen 65 und 250 mg/L üblich. Energy-Drinks sollten jedoch deutlich mehr Koffein enthalten, damit sie ihre Arbeit als „Muntermacher“ auch ausführen können. Ausnahmegenehmigungen wurden für bis zu 320 mg/L Koffein erteilt, und nahezu alle Energy-Drinks weisen diesen Wert auch auf. Wie praktisch für die Hersteller! Allerdings: In „Red Bull Shots“ sind sage und schreibe 1300 mg/L Koffein enthalten. Der Trick: Es handelt sich bei dieser Flüssigkeit laut Zulassung nicht um ein Getränk, sondern um ein Nahrungsergänzungsmittel. Red Bull nutzt hier ein Schlupfloch, das es eigentlich gar nicht geben dürfte. Auf der einen Seite wird eine Höchstmenge festgelegt, auf der anderen Seite lässt man Getränke unter einer anderen Bezeichnung dann doch zu. Das kann nicht Sinn dieser Verordnung sein und ist nahezu grotesk. In der Schweiz geht man damit noch lockerer um: Seit Anfang 2014, so beschloss das Bundesamt für Gesundheit (BAG), dürfen auch Mischgetränke aus Alkohol und Energy-Drinks als normales Getränk verkauft werden. Wessen Gesundheit hatte das Schweizer Bundesgesundheitsamt da im Auge? Die der Verbraucher oder die der Wirtschaft?

      Bis 2007 galt für diesen gefährlichen Weichmacher ein Grenzwert von 10 Mikrogramm pro kg Körpergewicht als tolerierbare tägliche Aufnahme. Dann setzte die EU-Lebensmittelbehörde EFSA diesen Wert herauf. Nicht auf das Doppelte, nicht auf das Dreifache – sondern auf das Fünffache. Studien belegen seit langem, dass BPA im Tierversuch die Entwicklung von Embryonen und des Gehirns beeinträchtigt und zu Unfruchtbarkeit und Krebs führen kann. Kein Wunder – BPA hat eine ähnliche Wirkungsweise wie Hormone, und Eingriffe in den Hormonhaushalt sind immer gefährlich. Erst acht Jahre später, im Januar 2015, wurde dieser Grenzwert wieder gesenkt – und zwar auf nunmehr 4 Mikrogramm pro kg Körpergewicht. Die französische Lebensmittelbehörde kommt zu einer anderen Bewertung. Bei unseren Nachbarn in Frankreich ist seit Januar 2015 die Verwendung in Lebensmittelverpackungen komplett verboten. Eine Kennzeichnungspflicht für Bisphenol-A-haltige Lebensmittelverpackungen gibt es hierzulande immer noch nicht …

      Das Bundesamt für Verbraucherschutz muss sich die Frage gefallen lassen, ob es seinem Namen wirklich immer Rechnung trägt. Denn im Zeitraum 2004 bis 2006 nahm das Amt laut einer von Greenpeace in Auftrag gegebenen Studie Änderungen bei den Grenzwerten von Pestiziden vor: Von 404 Werten wurden 293 Erhöhungen vorgenommen. Im Durchschnitt lag die Anhebung beim 33-fachen des ursprünglichen Grenzwerts. Darunter befanden sich laut Greenpeace auch vier Substanzen, die auch schon zuvor erhöht worden waren. Bereits 2004 hatte Greenpeace die damalige Verbraucherschutzministerin Renate Künast abgewatscht. Die gesetzlich erlaubten Grenzwerte für Pestizide in Obst, Gemüse und Getreide, so der Chemieexperte Manfred Krautter, seien gerade unter Künast verwässert worden. Das Verbraucherministerium konterte mit einer eigenen Logik: Diese Zahlen beruhten auf einer neuen Art der Zulassung. Dabei komme es zwar zur Anhebung alter Grenzwerte, aber in der Summe würden die Grenzwerte deutlich mehr herunter- als heraufgesetzt. Doch laut Krautter werden selbst diese Grenzwerte bei fast neun Prozent aller Lebensmittel überschritten. Gegen kein Gesetz werde in Deutschland so häufig verstoßen wie gegen das Lebensmittelgesetz. Außerdem sei nach wie vor völlig ungeklärt, wie der „Giftcocktail“ in verschiedenen Obst- und Gemüsesorten auf den Menschen wirke.

      Glyphosat, bekannt unter dem Namen Roundup (Monsanto) ist das weltweit am meisten verkaufte Unkrautvernichtungsmittel. Über dessen Risiken wird schon lange gestritten. Vor nicht allzu langer Zeit hatte sogar die WHO vor einer möglichen Krebsgefahr gewarnt. Die Grünen veröffentlichten eine Studie, in der sie zeigen konnten, dass das Pestizid bereits in Muttermilch nachgewiesen werden konnte. In der Studie wurden Mengen zwischen 0,21 und 0,432 Mikrogramm pro Liter Milch gemessen – Werte, die deutlich über dem Grenzwert von Trinkwasser liegen, wo nur 0,1 Mikrogramm pro Liter zulässig sind.

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      Wie giftig Glyphosat beispielsweise für Wildtiere ist, ist weltweit bestens dokumentiert. Glyphosat tötet einfach alles – nur nicht die Ertragspflanze des Landwirts. Und weil damit auch die ganzen Ackerwildkräuter zerstört werden, haben die Wildtiere kaum noch Nahrung. Gifte gehören einfach nicht in den lebenden Organismus, weil sie dessen Biologie zerstören. Sie kontaminieren nicht nur den Boden, sondern auch unser Wasser. Natürlich auch dann, wenn sie „bestimmungsgemäß“ verwendet werden, was sowieso niemand kontrolliert.

      Vor diesem Hintergrund fragt man sich, weshalb Glyphosat nicht nur weiter zugelassen, sondern die akzeptable tägliche Aufnahmemenge von 0,3 auf 0,5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht heraufgesetzt wurde! Machen wir mal eine Beispielrechnung für Ihr Kind auf. Ihr Kind wiegt 20 Kilogramm, also wären 10 Milligramm pro Tag „akzeptabel“. Nehmen wir weiter an, Ihr Kind verzehrt an einem Tag Lebensmittel und Getränke von – wir sind großzügig, denn dann reduziert sich die Menge

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