Die Mineralwasser- & Getränke-Mafia. Marion Schimmelpfennig

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Die Mineralwasser- & Getränke-Mafia - Marion Schimmelpfennig

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aus dem Wasserhahn

      Im Jahr 2004 musste Coca-Cola mit einem höchst peinlichen Geständnis an die Öffentlichkeit gehen. Das Mineralwasser Dasani, das pro halbem Liter für 95 Pence (damals etwa 1,43 Euro) verkauft wurde, war einfaches Leitungswasser aus einem Londoner Vorort. Doch es kam noch besser: Der Konzern versuchte, den Flaschenpreis mit einer „Veredelung“ zu begründen – das Wasser habe nämlich einen „ausgeklügelten Reinigungsprozess“ durchlaufen. Die örtlichen Wasserwerke quittierten dies mit feinem englischen Humor: „Wir denken nicht, dass es irgendwelche Unreinheiten im Leitungswasser gibt. Dass unser Wasser sauber ist, ist auch die Meinung der amtlichen Prüfer, die etwa drei Millionen Stichproben pro Jahr machen.“

      Es ist nicht nur besonders dreist, sondern auch völlig unverantwortlich: Irreführung auf Kosten von Kindern. Sie sind eindeutig das schwächste Glied in der Kette. Vielen Herstellern ist das egal.

      Die Firma Zott bewarb ihren Monte Drink als „ausgewogene Zwischenmahlzeit“ und „idealen Pausensnack“, doch das Produkt ist alles andere als ausgewogen oder gesund. Sage und schreibe acht Stück Würfelzucker stecken in dem kleinen Fläschchen – mehr als in einem Cola-Getränk. Für diese Frechheit in Form einer Zuckerbombe erhielt Zott im Jahr 2010 die Auszeichnung „Goldener Windbeutel“, die jährlich von foodwatch vergeben wird.

      Auch die SiSi-Werke erhielten diese Auszeichnung: für ihr Traditionsgetränk Capri-Sonne, das als „sportliches Getränk“ und mit „gesunden Früchten“ beworben wurde und ein guter Durstlöscher für Kinder sei. Die Verbraucher urteilten zu Recht, dass lediglich 12 Prozent Saft, der mit Wasser, einer Ladung Zucker (die auf der Verpackung verschwiegen wurde) und künstlichen Aromen aufgepeppt wurde, nicht gesund, sondern ungesund sind.

      2014 wurde Nestlé von foodwatch abgewatscht, und zwar für ihre Alete Trinkmahlzeiten, die sehr kalorienreich sind, aber wie ein gesundheitsförderndes Produkt vermarktet wurden. Ärzte warnen seit langem davor, Babys hochkalorische Trinkmahlzeiten zu geben, weil sie Karies und Überfütterung fördern – Eltern können solche Produkte mit Getränken verwechseln. Auch die Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) bewertet solche Trinkmahlzeiten als unverantwortlich, weil sie die Kindergesundheit gefährden. Nestlé änderte den Namen in Alete Mahlzeit zum Trinken, machte den Hinweis auf Karies besser sichtbar und ergänzte die Verpackung um „ersetzt einen Milch-Getreidebrei zum Löffeln“. Damit wüssten die Eltern nun ganz genau, dass es sich nicht um ein Getränk, sondern um eine vollwertige Mahlzeit handle. Ja, man verweist einfach auf die Verpackungsaufschrift, statt das Lebensmittel gesünder zu machen.

      Zahlreiche Lebensmittelunternehmen hatten 2007 im Rahmen einer Initiative der Europäischen Union in einer Selbstverpflichtung zugesichert, bestimmte Regeln einzuhalten, wenn sie Produkte für Kinder bewerben. So sollten beispielsweise nur noch Lebensmittel, die besondere Anforderungen an die Nährwerte erfüllen, an Kinder unter zwölf Jahren beworben werden. Die Verbraucherorganisation foodwatch prüfte, ob diese Selbstverpflichtungserklärung tatsächlich bewirkt hatte, dass nur noch ausgewogene Lebensmittel an Kinder vermarktet werden. Dazu wurde das Marketing der Unterzeichnerfirmen untersucht, darunter Kellogg’s, Ferrero, Danone, Nestlé und Coca-Cola. Das Ergebnis: Von insgesamt 281 Produkten im Test erfüllten lediglich 29 die WHO-Kriterien. 90 Prozent (252) der Lebensmittel sollten nach Meinung von Gesundheitsexperten nicht an Kinder vermarktet werden.

      Bezeichnend ist auch diese völlig nichtssagende und meiner Ansicht nach unhaltbare Aussage: „Zucker […] regt besonders in Kombination mit Obst und Milchprodukten zum Verzehr von Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen an.“

      Kellogg’s rückt Zucker nicht ins rechte Licht, sondern führt die Verbraucher hinter selbiges!

      Im August 2009 war eines der bekanntesten Mineralwässer in Bayern – Adelholzener Alpenquell Classic – bei Ökotest mit „mangelhaft“ durchgefallen. Der Grund: Es wurden die als krebserregend eingestuften Schwermetalle Uran und Arsen nachgewiesen. Das Image des Unternehmens litt stark, viele verunsicherte Verbraucher stiegen auf andere Marken um – eine Katastrophe für den Betrieb, der zur Kongregation der Barmherzigen Schwestern gehört.

      Doch einige Zeit später begann das Unternehmen, dasselbe Mineralwasser mit der Auszeichnung „sehr gut“ zu bewerben, und das völlig legal. Was war passiert? Nun, die Schwestern sind offenbar nicht auf den Kopf gefallen, oder, wie man in Bayern sagen würde, nicht auf der Brennsuppe dahergeschwommen. Das Wasser war deshalb durchgefallen, weil es gleichzeitig mit der Werbeaussage „Geeignet für die Zubereitung von Babykost“ versehen war. Mineralwasser ist den gesetzlichen Vorschriften zufolge für Säuglinge nur dann geeignet, wenn bestimmte Grenzwerte eingehalten werden. Ökotest bewertet jedoch strenger und vergibt gute Noten nur dann, wenn solche Werte deutlich unterschritten werden. Diese Werte hatte das Wasser nicht erreicht und erhielt deshalb ein „mangelhaft“. Die Werte für Erwachsene wurden jedoch problemlos unterschritten, auch nach den strengen Kriterien von Ökotest, und nachdem das Unternehmen den Zusatz „säuglingstauglich“ entfernt hatte, durfte es das Wasser mit der Ökotest-Auszeichnung „sehr gut“ bewerben.

      Man muss es den Schwestern (beziehungsweise ihren Werbeagenturen) lassen: Sie sind kreativ, wenn’s um Werbung geht. So bewarb das Unternehmen sein Produkt Active O2 als „Powerstoff mit Sauerstoff“ und „mit der 15-fachen Menge an Sauerstoff“ und suggerierte eine positive Wirkung auf den Stoffwechsel sowie eine erhöhte sportliche Leistungsfähigkeit. Es gibt keine, ich wiederhole keine Beweise dafür, dass sich mit Sauerstoff angereicherte Getränke auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Auf Ihre Geldbörse wirken sich solche Mogelpackungen natürlich aus, und zwar spürbar. Auf der Internetseite hieß es damals: „Ohne Sauerstoff können wir nur wenige Minuten überleben.“ Eine derartige Glanzleistung wissenschaftlicher Erkenntnis und mentaler Leistungskraft müsste man eigentlich auszeichnen!

      Immer mehr Menschen ernähren sich vegetarisch oder vegan, und für all diese Menschen ist es besonders wichtig, dass Inhaltsstoffe so präzise wie möglich angegeben werden. Ich kam jedoch heftig ins Grübeln, als ich die Werbeaussage der Berliner Firma Spreequell auf deren Internetseite mit der Überschrift „Volle Pulle Leben“ las: „Unser Mineralwasser ist natürlich auch vegan.“ Haben wir all die Jahre etwas übersehen?

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