Die Mineralwasser- & Getränke-Mafia. Marion Schimmelpfennig

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Die Mineralwasser- & Getränke-Mafia - Marion Schimmelpfennig

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Auf der Website präsentieren sich zahlreiche Ernährungsexperten. Dort lesen Sie dann:

      „Es gibt keine ‚guten‘ oder ‚schlechten‘ Lebensmittel, nur gute oder schlechte Ernährungsweisen. Fühlen Sie sich nicht schuldig wegen der Nahrung, die Sie gerne essen. Essen Sie sie lieber in Maßen und wählen Sie andere Lebensmittel, um die Ausgewogenheit und die Vielfalt zu erreichen, die für eine gute Gesundheit von wesentlicher Bedeutung sind.“

      Das hört sich logisch an, nicht wahr? So, wie es hier dargestellt wird, kann man nicht viel dagegen sagen, und da dies offenbar von Ernährungsexperten geschrieben wurde … her mit der geliebten Limo! Ich muss mir offenbar keinerlei Sorgen um Übergewicht oder Diabetes machen, solange ich mich abwechslungsreich ernähre.

      Was sagt EUFIC aber in Wahrheit? Man beginnt mit einer völlig trivialen Aussage, nämlich, dass viele Menschen offenbar denken, es gäbe gute und schlechte Lebensmittel. Nun, es ist sicherlich möglich, sogar wahrscheinlich, dass viele Menschen diese Unterscheidung machen. Der erste Schritt ist geschafft – wir haben eine Aussage akzeptiert, da sie logisch erscheint und möglicherweise sogar korrekt ist. Gleichzeitig wird uns mit dieser Aussage vermittelt, dass es gute oder schlechte Lebensmittel gar nicht gibt, sondern nur gute oder schlechte Ernährungsweisen. Auch das ist eine völlig belanglose Aussage, die aber nachvollziehbar klingt und die wir deshalb auch akzeptieren können. Eigentlich sollte jetzt eine stichhaltige Begründung dafür folgen – doch die kommt nicht. Aber das Beste ist, dass dieser Satz auch unsere geheimsten Wünsche bedient: eine Welt, in der es keine schlechten, ungesunden Lebensmittel gibt – das Salz, der Zucker usw. in diesen Lebensmitteln ist nicht schlecht, sondern lediglich die Art und Weise, wie wir uns ernähren. Gott sei Dank, die Cola ist nicht schlecht! Ich muss mich nicht „schuldig fühlen“! Dieses Gefühl der Erleichterung führt dazu, dass Ihnen EUFIC nun fast alles erzählen kann. Nach Beweisen oder Belegen fragen wir schon nicht mehr. Wir haben diese „alternative Wahrheit“ nur zu gerne gekauft und fühlen uns wohl, bestätigt, verstanden! Wir vergessen auch, nach detaillierten Angaben zu den Mengen und Lebensmitteln zu suchen. Wir akzeptieren diese völlig nutz- und bedeutungslose Aussage. Solange das Ganze „ausgewogen“ ist, also irgendwie bunt gemischt, ist es in Ordnung. Wir denken auch nicht mehr darüber nach, dass es vielleicht noch andere Meinungen geben könnte, andere Experten, die zu einem anderen Schluss gekommen sind. Wir sind froh, dass es Experten gibt, die uns die Cola erlauben. Morgen trinken wir zum Ausgleich wieder eine Apfelschorle. Die Welt ist in Ordnung.

      So einfach ist das. Man nehme eine triviale Aussage, der jeder zustimmen kann, um Glaubwürdigkeit zu erzielen. Dann ergänze man diese mit völlig bedeutungslosen Ausführungen, die man nicht belegt, und schaffe eine Atmosphäre von Verständnis und Wohlgefühl.

      In dasselbe hirnlose Horn stoßen dann auch die Experten (beispielsweise Prof. James O. Hill, siehe Kapitel „Die Diktatur der Mächtigen“), die beim EUFIC zu diesem Thema zu Wort kommen. Eins zu null für EUFIC.

      Doch halt – so gut sind die Kommunikationsexperten von EUFIC auch wieder nicht, denn Sie gehören zu den Menschen, die sich noch ein paar Minuten Zeit nehmen, um nachzusehen, wer oder was EUFIC eigentlich ist. Sicher ist sicher!

      Sie müssen leider eine ganze Weile suchen. Ganz, ganz unten auf der Website lesen Sie:

      Über EUFIC

      EUFIC, das Europäische Informationszentrum für Lebensmittel, ist eine gemeinnützige Organisation, die den Medien, Gesundheits- und Ernährungsfachleuten, Erziehern und meinungsbildenden Einrichtungen wissenschaftlich fundierte Informationen über Nahrungsmittelsicherheit und -qualität sowie Gesundheit und Ernährung auf eine für Konsumenten verständliche Weise liefert.

      So weit, so gut, denken Sie. Aber irgendwie nicht aussagekräftig, oder? Ah, da unten kann man noch auf „weiterlesen“ klicken. Sie gelangen auf eine lange Textseite. Der erste Absatz ist identisch mit dem, den Sie auf der Hauptseite gelesen haben. Die weiteren Absätze beginnen mit „In Beantwortung der steigenden Nachfrage in der Öffentlichkeit nach vertrauenswürdiger, wissenschaftlich fundierter Information …“, „Alle von EUFIC veröffentlichten Informationen wurden von den Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beratungsgremiums …“, „Von seinem Hauptsitz in Brüssel (Belgien) …“ – stopp! Brüssel? Sie scrollen nun ganz nach unten. Dort erfahren Sie endlich das, was Sie sonst nirgendwo auf dieser Seite lesen können:

      „Das EUFIC wird durch Unternehmen der europäischen Lebensmittel- und Getränkeindustrie unterstützt und erhält Projektfinanzierung durch die Europäische Kommission. Es wird von einem Vorstandsgremium geleitet, dessen Mitglieder von den Mitgliedsunternehmen ernannt werden. Derzeit gehören folgende Unternehmen dem EUFIC an: Abbott Nutrition, Bunge, Cargill, Cereal Partners, Coca-Cola, Dow Seeds, DSM Nutritional Products Europe Ltd., Ferrero, General Mills, Mondelēz Europe, Mars, McDonald’s, Nestlé, PepsiCo, Pinar Et, Tereos, Ülker, Unilever.“

      Verdammt nochmal, da wären wir Coca-Cola, PepsiCo und Nestlé doch fast auf den Leim gegangen!

      Grenzwerte – was nicht passt, wird passend gemacht

      Was macht man, wenn Grenzwerte nicht zur Realität „passen“, wenn beispielsweise im Trinkwasser erhöhte Uran- oder Nitrat-Werte gefunden werden? Wenn im Mineralwasser zu viel Barium enthalten ist? Oder wenn eine Umweltkatastrophe im Anmarsch ist? Kein Problem: Man erhöht einfach die Grenzwerte oder erteilt Ausnahmegenehmigungen, dann „passt“ es wieder.

      Nitrat ist eine Stickstoffverbindung. Sie kommt in der Natur zwar häufig vor und ist ein Energiespender für Pflanzen, doch unsere Böden sind durch nitrathaltige Dünger (z. B. Gülle) gnadenlos übersättigt. Nitrat an sich ist ungiftig, kann aber im Magensaft zu giftigem Nitrit umgewandelt werden. Das kann beispielsweise bei Säuglingen zu einer Unterversorgung von Sauerstoff im Blut und im schlimmsten Fall zu einer Blausucht (Zyanose) führen, die durchaus lebensbedrohlich sein kann. Auch für Menschen mit einer gestörten Darmflora ist Nitrat gefährlich, weil sie leichter Nitrit bilden können. Man nimmt inzwischen auch an, dass Nitrit Krebs verursachen kann.

      In den vergangenen Jahren wurde der Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser von 25 Milligramm auf 50 Milligramm pro Liter angehoben. In der Hauptsache aber dient der Grenzwert für Nitrat als Indikatorwert für die allgemeine Belastung des Trinkwassers mit stickstoffhaltigen organischen Verschmutzungen. Das bedeutet im Klartext: Man wird der Belastung nicht mehr Herr. Die Lösung: Grenzwert um 100 Prozent heraufsetzen – fertig.

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