Jakob der Letzte. Peter Rosegger

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Jakob der Letzte - Peter  Rosegger

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Teufel!“ brummte einer am Nebentische, „der Großbauer bettelt!“

      „Leihkauf?“ fragte der Kampelherr, „für wen denn? Der Guldeisner hat ja, so viel ich weiß, keine Frau.“

      „Das nicht, Frau nicht. Ist eh’ so“, stotterte der Bauer und trank.

      „Ich bitte Sie, Stepper!“ rief der Kampelherr dem vorübergehenden Wirt zu, „sagen Sie meinem Kutscher, daß er einspannen soll.“

      „Geschwind wie der Wind“, entgegnete der dienstfertige Mann und eilte davon.

      Der Guldeisner hatte sehr rote Wangen bekommen, seine Nasennüstern zuckten stark, seine Augen rollten lebhaft hin und her, und mit den Fingernägeln trommelte er auf dem Tische. Plötzlich riß er sein rotes Taschentuch aus dem Sack und rieb sich damit von der Stirne die Schweißtropfen. Hoch vom Bergesrücken herab winkten ihm die alten Tannen und Lärchen seines Waldes. Hinter jungem Anwuchs ragten die Kronen auf, von den Schirmbäumen seines Hauses. Einen Augenblick war ihm, als ob eine Stimme durch die Luft weine: Franz! Franz, bleib’ uns getreu! – Die Stimme der Vorfahren, die im Grabe schliefen. – Der Kampelherr zog die Geldtasche hervor, um dem Wirte die Zeche zu bezahlen, und als der Guldeisner die großen Banknoten sah, die ganz unordentlich in das Lederfach hineingepfercht waren, da verlor er die Besinnung. „Gottswill, Kampelherr, der Guldeisnerhof gehört dein!“ rief er und schlug in die Hand.

      Mehrere der Umsitzenden sprangen von ihren Bänken auf.

      „Schade um die braven Eltern, die du gehabt hast!“ sagte einer halblaut. Das hörte der Guldeisner; sonst hätte er derlei Anzüglichkeiten mit stiller Verachtung bestraft, jetzt fühlte er die Notwendigkeit, sich zu verteidigen.

      „Meine Eltern!“ schmetterte er scharf auffahrend, „was habt ihr mit ihnen?“ Dann sagte er gemütlicher: „Unsere Vorfahren – euere wie meine – sind selbst nicht in Altenmoos geblieben. Keiner! Kein einziger.“

      „Freilich sind sie nicht in Altenmoos geblieben“, lachte der jetzt herbeigekommene Dreisam, „weil man sie hat hinausgetragen auf den Sandebener Kirchhof.“

      „Schon gut. Ganz gut“, sagte der Guldeisner, aber jetzt war er heiser, „die mögen nicht einmal begraben liegen in Altenmoos. Und unsereiner sollt’ da lebendig versauern? Ein Narr müßt’ einer sein!“

      Der Kampelherr brach eine frische Flasche an. Der Guldeisner hieb mit der Faust auf den Tisch, daß die Bretter surrten. „Aus ist’s und gar ist’s!“ rief er. „Jetzt haben wir Feierabend. Jetzt ist’s lustig, jetzt hebt der Festtag an!“

      Der Kampelherr zählte ihm gleichgültig, als wären es Spielkartenblätter, die Banknoten vor. Dabei wollte sich der Wind einmischen, dieser war der Meinung, so viel Geld sollte nicht einem einzigen Menschen zufallen, und er suchte die Tausender ein wenig unter der Gesellschaft zu zerstreuen. Aber der Kampelherr beschwerte das gezählte Banknotenbüschel mit seinem Taschenmesser, daß er dem Bauern nun auch die Hunderter vorziffern konnte. Der Guldeisner nahm die Zigarre aus dem Mund, klemmte sie aber sofort wieder zwischen die Zähne; die Leute sollen sehen, daß ein Guldeisner wegen des Indensacksteckens von dreißigtausend Gulden das Tabaksfeuer nicht ausgehen läßt. Er bog den Papierbuschen mit scheinbarer Gleichgültigkeit zusammen und schob ihn in seine Brusttasche.

      Da hieb ihm auf einmal der Altknecht des Reuthofers, der Luschelpeterl, die Hand auf die Achsel: „Franzel, namla wohl wahr, heut’ zahlst eins!“

      „Seit wann?“ fragte der Guldeisner und wendete sich um, „seit wann sind denn wir zwei so gute Kameraden miteinand’?“

      „Gute Kameradschaft ist alleweil schön. Gewiß auch“, versetzte der Knecht, „wenn ich auch frei ein bissel älter bin als du, und ein Bauernknecht, desweg bin ich nicht hochmütig und verachte niemand. Bist auch einmal wer gewesen, Franzl. Wohl wahr ist’s!“

      Der Mann wußte nicht, wie ihm geschah. War er denn der Guldeisner nicht mehr, vor dem alle Altenmooser Leute Ehrerbietung oder Furcht hatten? – Er war es nicht mehr. Der Boden, auf dem er so fest und stolz gestanden, war plötzlich weggezogen unter seinen Füßen, er zappelte in der Luft. Aber er wollte zeigen, wo jetzt seine Stärke lag, nicht mehr auf dem Erdboden, sondern in der Tasche. Das Geld riß er heraus und schrie: „Steppenwirt! Das große Faß vom Besten zapf an! Die Altenmooser Leut’ sollen trinken! Trinken, so viel sie mögen! Ich zahl’ alles!“

      Beugte sich nun der Sepp in der Grub vor von seinem Sitz und sagte: „Wir Altenmooser Bauern können freilich trinken, so viel wir mögen, das wissen wir. Und daß wir unsere Sach’ auch selber zahlen können, das sollst du wissen.“ Er stand auf und ging in die Stube hinein. Mehrere machten es ihm nach, darunter der Dreisam und der Luschelpeterl.

      Der Dreisam sagte: „Wir brauchen den abgehausten Guldeisner nicht dazu. Das größte Faß vom Besten wird sowieso angezapft. Der Herr Waldmeister soll hereinkommen, wir wollen jetzt ein anderes Zauberstückel miteinander probieren.“

      Der Waldmeister ließ nicht auf sich warten, und jetzt ging in der Stube die Geschichte mit dem Bart an.

      „Wer hat den stärksten Bart?“ fragte der Wirt seine Gäste.

      „Der Dreisam!“ riefen sie.

      „Glaub’ nicht“, sagte der Wirt und zog einen Schlüssel aus dem Sack, „der da, denn er sperrt mit dem Bart das Kellerschloß auf.“

      „Ernsterweise!“ rief der Waldmeister schnarrend und zeigte auf den Dreisam. „Der Kerl sagt, sein Bart wäre länger gewachsen, als ich an einem Tag laufen könnte. Er soll den Ausspruch wiederholen!“

      „Mein Bart ist länger gewachsen, als der Herr an einem Tag laufen kann“, sagte der Dreisam und zog seinen Bart mit den Händen auseinander, daß man dessen ganze Länge und Üppigkeit sehen konnte. Hinter dem Ofen schlug eine Amsel.

      „Altes Lügenmaul!“ begehrte der Waldmeister auf. „Der Rauber in Grätz hat den längsten Bart gehabt, und hat ihm der nicht weiter, als bis an die Zehen gelangt! Der Friedrich Barbarossa, liest man, hat einen übernatürlichen Bart und ist doch nicht länger, als dreimal um den steinernen Tisch gewachsen. Und so ein lumpiger Bauernfant will sich prahlen mit seinem Fuchsschweif am Kinn.“

      „Schrei wie du willst“, sagte der Dreisam, „mein Bart ist halt doch länger gewachsen, als du laufen kannst in einem Tag. – Sagt einmal, Männer, wie lang trag’ ich schon den Bart?“

      „Dreißig Jahr und länger“, riefen sie.

      „Wie voll? Wenn man die Haar’ zählen will?“

      „Die Haar’? Gewiß über zweitausend.“

      „Wie lang?“

      „Eine halbe Elle im Durchschnitt das Haar“, stimmten sie.

      „Gut“, sagte der Dreisam und schmunzelte, „zweimal im Jahr abschneiden, macht zweitausend Ellen Haar, in dreißig Jahren sechzigtausend Ellen. Kann der Herr an einem Tage sechzigtausend Ellen weit laufen?“

      Hinter dem Ofen zwitscherte ein Gimpel.

      Jetzt brach das Gelächter los.

      „Ja“, rief der Waldmeister, „wenn Ihr die Haare hintereinanderlegt! Ah, da glaube ich’s!“ Er lachte auch, aber sein Lachen war säuerlich. Übertölpelt! Bauernwitz! Es ließe sich – dachte

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